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Stadtmuseum wird ECK Museum of art

 

Lisa Leoni und Lorenz Ganthaler: Es ist uns wichtig, am Puls der Zeit zu sein, eine zeitgemäße Identität anzunehmen, um auch für die jüngere Generation ansprechend zu sein.

Aus dem Brunecker Stadtmuseum wird das ECK Museum of art und mit der Raika Galerie kommt ein weiterer Ausstellungsraum dazu. Lisa Leoni und Lorenz Ganthaler haben in Zusammenarbeit mit dem Museumsverein das Konzept und Tätigkeitsprogramm entworfen. Was ist in der KunstGarage geplant?

Tageszeitung: Frau Leoni, Herr Ganthaler, mit der KunstGarage hat das Brunecker Stadtmuseum endlich die lang erwartete und schwer erkämpfte Erweiterung erreicht. Ein Neustart in zwei Häusern. Wie hängen das bestehende Stadtmuseum und die KunstGarage räumlich und organisatorisch zusammen?

Lisa Leoni & Lorenz Ganthaler: Das Museum und die KunstGarage stehen in direkter räumlicher Verbindung zueinander – sie sind durch eine Tür jeweils im Erdgeschoss und im ersten Stock des Museums miteinander verbunden und somit direkt zugänglich. Die Räumlichkeiten können jedoch separat voneinander in Anspruch genommen werden.

Obliegt die Führung weiterhin dem Museumsverein Bruneck?

Ja, die Führung obliegt weiterhin dem Museumsverein Bruneck: Verwaltung der Räumlichkeiten, Organisation und Koordination von Ausstellungen, Projekten und Veranstaltungen als auch Vermittlungsarbeit. Der Museumsverein ist jedoch nicht Hauptakteur in der KunstGarage, der Schwerpunkt liegt in der Nutzung der neuen Räume durch Dritte: Künstler und Vereine, Kulturinstitutionen sowie Bildungsinstitutionen u.v.m.  Die KunstGarage soll einen Mehrwert in vielerlei Hinsicht schaffen, das Bespielen dieses Open Space mit unterschiedlichen Themen und Protagonisten formt eine Plattform für die Gesellschaft. Im ECK soll ein „relationaler Raum“ entstehen und eine intensive Vernetzung mit Kulturschaffenden und Interessierten stattfinden.

ECK Museum of art heißt das neue Haus. Woher kommt dieser Name und was passiert mit dem eingeführten Namen Stadtmuseum?

Eck ist in reger interner Diskussion entstanden, ein Vorschlag von Eeva Aichner, Vorstandsmitglied und Co-Präsidentin. Der neue Name ECK Museum of art zeichnet sich durch Mehrdeutigkeit aus, er ist angelehnt an alte Flurnamen und an die Position des Museums im Eck des Innenhofes. Im neuen Namen steckt auch BrunECK. Das spielt auf Kunst an, die anecken kann und soll. Der alte Name „Stadtmuseum“ fällt somit. Wir haben zwar eine bedeutende Sammlung im Haus und in der Dauerausstellung einige ebenfalls bedeutende Objekte, dennoch konnten wir die Erwartungshaltung eines „Stadtmuseums“ nicht erfüllen, da wir von der Stadtgeschichte nichts zeigen und auch nichts besitzen. Es ist uns wichtig, am Puls der Zeit zu sein, eine zeitgemäße Identität anzunehmen: um auch für die jüngere Generation ansprechend zu sein, die ins Museum kommen soll, haben sich Name sowie das gesamte Corporate Design geändert. Der Zubau mit den neuen Räumlichkeiten wie auch die Neukonzeption haben dafür den Weg geebnet und am Ende ist ein in sich stimmiges neues Ganzes entstanden.

Geleitet wird das Haus vom Kollektiv ECK. Können Sie uns das Kollektiv vorstellen und warum hat man sich für kollektive Führungsstruktur entschieden?

Die beiden Häuser, Museum und KunstGarage, bilden das Kollektiv ECK und das Büro für künstlerische Angelegenheiten kümmert sich um alle Anfragen und Belange in Sachen Kunst und Kultur, wir sehen uns in der Vermittlerrolle. Hier diskutiert und entscheidet man in enger Zusammenarbeit mit dem Vorstand Projekte, Ausstellungsthemen, Kooperationen – wir sind der Meinung, dass eine „Ideenwerkstatt“ ein sehr viel größeres Output-Potenzial hat.

Mit der Raika Galerie kommt ein weiterer Ausstellungsraum dazu. Was ist dort geplant?

Die Raiffeisen Galerie hat sich für uns als neuer Satellit ergeben und wir sind nunmehr um eine Facette unseres neuen Konzeptes reicher – wir werden das bereits initiierte Projekt „Wertpapier“, ein Förderprojekt der Raiffeisenkasse Bruneck weiterführen, sowie den Raum als Außenposition für Ausstellungen sowie Performances, Workshops und Installationen nutzen.

Die Dauerausstellung umfasst wertvolle sakrale Kunst, Tiroler Kunst und Grafik sowie eine umfassende Exlibris-Sammlung. Bleibt dieses Sammlungskonzept und wie sollen Neues und Altes zusammenkommen?

Ja, im Umgang mit dem Historischen wird besonderes Augenmerk auf die Aufarbeitung der Sammlung und der Exponate unter dem Aspekt aktueller Fragestellungen gelegt. Positionen zeitgenössischer Kunst am Puls der Zeit schaffen ja Gegensatz und Berührungspunkt zugleich. In unserer zweiten Ausstellung in diesem Jahr widmet sich der Künstler Aurelio Fort genau diesem Aspekt – er setzt sich mit der Sammlung auseinander, der Dialog zwischen Sammlung und Zeitgenössischer ist Teil des Ausstellungskonzepts. Ganz im Sinne des überarbeiteten Museumsbegriffs (ICOM) ist es uns ein Hauptanliegen, die Sammlung dem Publikum „zu öffnen“ und „erreichbar“ zu machen. In wechselnden Ausstellungsprojekten sollen immer wieder Teile der Sammlung gezeigt und rezipiert werden und das Sammlungskonzept so neu gedacht werden.

Die KunstGarage soll jungen Künstlern*innen, non-profit Organisationen und Vereinen zur Verfügung gestellt werden. Soll das nach dem Modell der Kleinen Galerie in Bozen funktionieren, wo man sich um eine Ausstellung bewerben kann und dann wartet, bis man an die Reihe kommt? 

Die Idee der KunstGarage ist es, einen Mehrwert in vielerlei Hinsicht zu schaffen, durch das Bespielen dieses Open Space mit unterschiedlichen Themen und Protagonisten eine Plattform für die Gesellschaft zu schaffen. Diese Serien werden kommuniziert bzw. ausgeschrieben, das Büro für künstlerische Angelegenheiten wird alle Anfragen bearbeiten und dann koordinieren. Uns sind Kooperationen mit anderen Kultur- und Kunstinstitutionen- und -partnern sehr wichtig – auch gemeinsame Projekte sollen in der KunstGarage Platz finden. Durch das Ausstellungsprogramm mit drei Werkschauen über mehrere Monate bietet unser Konzept Spielraum für ein reges Rahmenprogramm sowie diverse Projekte: Veranstaltungen, Diskussionsrunden u.v.m. – auch unabhängig vom Ausstellungsthema.

Großen Wert legen Sie auf die Honorierung der Künstlern*innen. Heißt das, sie bekommen das vielfach eingeforderte aber bislang nie gewährte Ausstellungshonorar?

Das aktuelle Ausstellungsprogramm zeigt lokale Künstler und hat den kostspieligen Kunsttransport und die Anleihen von Werken in den Hintergrund gestellt und sich darauf konzentriert, die Künstler*innen für ihren Beitrag zu honorieren, auch wenn es im Grunde vielmehr eine Wertschätzung ist als ein „Honorar“.

Die Eröffnungsausstellung trägt den Titel „speculare“ und dreht sich um den Begriff der Spekulation. Da denkt man sofort an die Finanzwelt. Geht es darum?

Als Finanzoperation zielt die Spekulation darauf ab, Zukünftiges kontrollierbar zu gestalten. Entgegen der Auffassung von der algorithmischen Berechenbarkeit des Möglichen, wie es der Begriff im Finanzwesen impliziert, verschreibt sich die theoretisch-ästhetische Spekulation dem fundamental Ungewissen und setzt dort an, wo fundiertes Wissen aufhört, wirksam zu sein. Im Wechselverhältnis von Setzen und Gesetztem, loten die einzelnen Positionen die Reichweite der Spekulation aus und verweisen zugleich auf die ihr innewohnenden Grenzen. Dekliniert werden spekulative Ansätze im Rahmen der Wissensproduktion, im Grenzbereich von Fakt und Fiktion, sowie in Grenzerfahrungen des Sublimen, Mystischen und Esoterischen.

Gezeigt werden Arbeiten von Karin Ferrari, KMworks (Karin Fischnaller & Mirona Dunu) , Judith Neunhäuserer, Jiwon Lee, Cornelia Lochmann & J.R Blank, MAEID (Daniela Mitterberger und Tiziano Derme), Leander Schwazer, Paula Regina Prugger, Gerd Sulzenbacher, Alex Thake, Clemens Tschurtschenthaler und Claus Vittur.

Termin: Die KunstGarage wird am 17. März um 18.00 Uhr mit der Ausstellung „speculare“ eröffnet.

Interview: Heinrich Schwazer

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