Das große Los
Um ein Zeichen gegen die Politikverdrossenheit zu setzen, will die Opposition einen BürgerInnen-Rat einrichten, der aus gelosten Mitgliedern besteht.
von Matthias Kofler
Die Opposition will ein Zeichen gegen die große Politikverdrossenheit setzen. Ein von der 5-Sterne-Bewegung vorgelegter Gesetzentwurf sieht die Einrichtung eines neuen Beratungsorgans auf Gemeindeebene vor, das dem Gemeinderat zur Seite gestellt wird. Dieser BürgerInnen-Rat besteht aus Mitgliedern, die alle zehn Jahre nach dem Zufallsprinzip ausgelost werden. Neben der Erarbeitung von Vorlagen für eine Satzungsänderung kann er der Gemeinde Gutachten und Vorschläge auf dem Sachgebiet der öffentlichen Arbeiten und der Wirtschaftsprogrammierung unterbreiten. „Angesichts der Demokratie-Krise ist es grundlegend, neue Formen zu schaffen, bei denen die Entscheidungen nicht nur von Politikern getroffen werden“, sagt Erstunterzeichner Alex Marini.
Das Grundproblem bei diesem Thema sei, dass viele eine Mitsprache der Bürger nicht wollten, meint Alex Ploner (Team K). Wer an den Schalthebeln sei, rede mit Slogans wie „Zu viele Köche verderben den Brei”. Auf Gemeindeebene habe politische Ideologie keine Bedeutung, da könnten Bürger abseits von der Parteizugehörigkeit miteinander reden. Die Bürgerräte wären eine gute Gelegenheit, auch jene einzubinden, die sich von der Politik nicht vertreten fühlten, so Ploner.
„Die Demokratie ist weltweit in Krise, die Tendenz geht Richtung Autokratie“, warnt der Grüne Hanspeter Staffler. Auf kommunaler Ebene gehe es um ganz konkrete Themen vor Ort, Bürgerräte wären eine willkommene Form der Demokratisierung. Um das Vertrauen der Bürger wieder zu gewinnen, müsse man sie mitentscheiden lassen.
Myriam Atz-Tammerle (STF) berichtet von ihren Erfahrungen als Mitglied des ersten Bürgerrats in Südtirol, der seit 2021 in Schenna tagt. „Da sitzt plötzlich ein Bauer einem Gastwirt gegenüber und jeder berichtet von seinen Schwierigkeiten – so merkt man, dass man nicht alleine dasteht“, lobt die Abgeordnete.
Die Mehrheit im Regionalrat und der Gemeindenverband sind gegen den Grillini-Antrag. Wie SVP-Fraktionschefin Magdalena Amhof erklärt, funktioniert ein solcher Rat dann gut, wenn die BürgerInnen voll dahinterstehen und die Projekte nicht in der Schublade verschwinden. Im Gesetz zur Direkten Demokratie seien BürgerInnen-Räte bereits vorgesehen. „Zuerst ist es aber wichtig, mit den Gemeinden in Diskussion zu treten, als ihnen jetzt ein Gesetz aufzuoktroyieren“, so Amhof.
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Kommentare (14)
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criticus
Ich würde eher sagen, zu viele Politiker bekommen für jahrelanges Streiten und Nichtstun zu viel Geld. Da hilft überhaupt kein Rat mehr, die tun ja was sie wollen. Die einzige Gemeinsamkeit ist wohl, dass sie sich immer wieder mehr Geld genehmigen. Zum Kotzen!!!
leser
Criticus
Du hast schon verstanden dass sich die Politik in eine Autokratie zubewegt
Ob das dann eine rechte Diktatur wird oder extreme grüne sind kommt doch aufs gleiche hinaus
Man hat den Bürger erfolgreich entmündigt
Was tammerle begrüßt
Wenn sich ein Bauer und ein Gastwirt bzw. Hotelier treffen ist doch nur eine Bestätigung dafür, dass genau diese Kästen den kleinen nann jahrzehntelang entmündigt haben
Gikt wohl eher , dass man den Einfluss dieser Kaste zurückstutzt
Und deren unterwanderungen einzudämmen
brutus
Es finden sich in vielen Gemeinden ja nicht einmal genug interessierte Kandidaten für den Gemeinderat. Es ist jedesmal ein Gebettele genug Kandidaten aufzutreiben, geschweige denn zusätzlich einen Bürgerrat!
asterix
@brutus und warum ist das so? Wenn man nicht auf der „richtigen“ Liste kandidiert wird man medual einfach totgeschwiegen (Medienmonopol Weihnbergweg) und wenn man mit der richtigen Liste den Sprung in den Gemeinderat schafft, ist man zum reinen Handaufheben verurteilt (Fraktionszwang). Also ist vielen einfach die Zeit zu schade, man bewegt ja eh nix.
pingoballino1955
Stimmt,solange die Svp regiert.Höchste Zeit sie abzuwählen.
placeboeffekt
Ein Gremium wird die Ursachen nur aufzeigen können , ob unsere politischen Entscheidungsträger das ,was sie eh schon wissen,umsetzen wollen bezweifle ich.
Demokratie sollte auf ein Verfahren beruhen welches in entscheidenden Fragen den Willen der Mehrheit umsetzt
Die Wirklichkeit bei uns sieht aber völlig anders aus: kleine mächtige Lobbys bestimmen wer bauen oder nicht bauen darf ,wer am meisten Förderungsmittel zugesprochen bekommt und was uns wichtig und schützenswert sein soll
Andererseits wird das dumme Volk belehrt bevormundet und erzogen bzw. mehr oder weniger sanft in die „richtige „ Richtung gedrängt
hoi_du
… weniger Prepotenz, Arroganz kombiniert mit einem Grundverständnis für Recht und Ordnung, und ein Besinnen dass Sie im Interesse das Volkes handeln sollen und die Aufgabe haben die Bürger zu schützen … wäre eine Möglichkeit für die Politiker aktiv gegen die Politikverdrossenheit vor zu gehen …
foerschtna
Dann glaub mal brav weiterhin an den Osterhasen. Je weniger sich die Politik in das Leben der Menschen einmischen würden, desto besser würde es laufen. Aber das ist weder von der Politik, noch vom Großteil der Menschen gewünscht. Denn es ist ja so bequem, die Verantwortung für das eigene Leben an den Staat abzugeben.
artimar
Das hat, wie es bereits Kant erkannt hat, mit selbst verschuldeter Unmündigkeit zu tun — mit Anspruchs- und Versorgungsmentalität. Demokratie heißt hingegen Selbstermächtigung, dass sich mündige Bürger-innen um die Belange der res publica selbst kümmern. Daher kann man Bürgerräte demokratiepolitisch nur begrüßen, wie es uns auch die zahlreichen positiven Beispiele zeigen. Das Wahl- und Losverfahren ist urdemokratisch und bereits seit dem antiken Athen erprobt.
Wir haben in Südtirol in zahlreichen Gemeinden die Situation, dass in Gemeinden überhaupt nur eine politische Liste kandidiert. Geht in einer Demokratie, die ja Wettbewerb, Wahl zum Wohl des Gemeinwesen beinhaltet, so eigentlich gar nicht. Ebenso, wenn Teile des Gemeinwesen an der Teilhabe ausgeschlossen sind. Oder auch wie uns auch das Beispiel Meran bei der letzten BM-Wahl gezeigt hat, dass mehr als 50% entweder erst gar nicht wählen oder weiß/ungültig stimmen.
Das alles zeigt, wie sehr man sich (strukturell) bereits selbst entmächtigt hat. Dabei gehörte das Tirol im Mittelalter, ebenso wie England und die Schweiz zu den Demokratien Europas.
andreas1234567
Hallo zum Mittag,
unglaublich mit welcher Hartnäckigkeit diese obskure Idee von den „Bürgerräten“ immer wieder auf den Teller kommt.
Das ist ein Instrument von Gruppen und Grüppchen um doch deutlich mehr politische Macht ausüben zu können als ihnen nach Zustimmung bei Wahlen zusteht.
Das mit dem „Auslosen“ ist natürlich Augenauswischerei,die meisten Bürger werden sich recht herzlich bedanken und das zugeloste Amt aus Zeitmangel ablehnen, übrig im Lostopf bleiben Tagediebe, Faulenzer, Dauerstudenten und Querköpfe mit zu viel Tagesfreizeit.
Und ganz lustig gefragt, wenn sagen wir mal 10 Bürger ausgelost werden für ein Dorf und die Losfee zieht dann einen Säufer, eine dementen Rentner, zwei Drogensüchtige, einem Gewohnheitskriminellen, zwei Faulenzer, einen Links und einen Rechtsextremen und einen Schwachsinnigen, was dann? Also muss vorher eine „Vorauswahl“ getroffen werden
und da werden diverse Interessenverbände schon die Lostrommel zu füllen wissen.
Diese Idee von „Bürgerräten“ oder „Sowjets“ wie die weiter östlich hiessen sind Spinnereien aus der linksextremen und ökodiktatorischen Ecke und da sollten sie auch bleiben.
Es gibt in Südtirols Dörfern ausreichend Bürgerlisten die zum Verdruss der etablierten Parteien gut und erfolgreich bei Wahlen in die Gemeinderäte drängen und genau das passt den Oppositionsparteien erkennbar nicht weil da von ihrem Kuchen geknabbert wird.
Auf Wiedersehen in Südtirol
andreas
Wenn vorher 20 Gemeinderäte 99% sinnlos rumgequatscht haben, sind es dann halt noch ein paar Bürger zisätzlich welche meinen, sie könnten etwas ändern.
leser
Anderle
Ich suche verzweifelt wo ich dich wählen kann
pingoballino1955
Hoffentlich suchst du umsonst!