„Wir verstecken uns nicht mehr“
Mit einem Schnitt von mehr als 4.100 Zuschauern hat der FC Südtirol eine beeindruckende Stadionauslastung von 80 Prozent. Und im Verein beginnt man darüber nachzudenken, was wäre, wenn der FCS in die Serie A aufsteigt.
von Artur Oberhofer
Dass Sportreporter in der Regel verhinderte Cheftrainer und/oder Meister im Himmeljochjauchzen sind, ist bekannt. Doch beim FCS gehen sogar erfahrenen Fußballexperten die Adjektive aus.
Der FC Südtirol ist das absolute Überraschungsteam der Serie B. Von einem Fußball-Märchen ist in den Fachgazzetten die Rede. Von einer „favola“ spricht einer der Architekten des Erfolges, FCS-Cheftrainer Pierpaolo Bisoli.
Niemand wagt es laut zu sagen, aber so schön langsam klopfen Fabian Tait an der Tür zum italienischen Fußball-Himmel.
Doch zur Serie A später.
Die sensationelle Serie des FC Südtirol, der jetzt mit nur drei Punkten Rückstand auf einen direkten Aufstiegsplatz auf Rang 4 der Tabelle liegt, hat für den Verein den angenehmen Nebeneffekt, dass auch die Zuschauereinnahmen höher ausfallen als ursprünglich gerechnet.
Zwar kann der FCS mit den großen Traditionsclubs wie Genua (mit einem Zuschauerschnitt von 24.431), Bari (24.380) und Palermo (19.401) nicht mithalten.
Aber mit einem Schnitt von 4.180 Zuschauern pro Heimspiel hat der Schatzmeister des FCS bestimmt seine Freude. Auch Dietmar Pfeifer, der Geschäftsführer und einer der Väter des Fußballwunders, reibt sich die Hände. „Wir haben eine Stadionauslastung bei Heimspielen von 80 Prozent, das kann sich sehen lassen“, so Pfeifer. Er selbst hatte vor der Saison mit einem Schnitt von 3.500 bis 3.800 Zuschauern pro Heimspiel gerechnet.
Derzeit fasst das Drusus-Stadion 5.152 Fans.
Der für Südtiroler Fußball-Verhältnisse magische Schnitt von fast 4.200 Zuschauern schlägt sich auch in der Bilanz von Südtirols einzigem Proficlub nieder. Hatten die Zuschauereinnahmen in der Serie C nur 5 Prozent des Gesamtbudgets ausgemacht, sind es jetzt in der Serie B um die 10 Prozent.
Der FCS hat – der Chronik halber – heuer ein Gesamtbudget von 12 Millionen Euro. 6 bis 7 Millionen Euro dürfte der FCS über die TV-Rechte kassieren. Den Rest bringen die Sponsoren auf.
Der Zuschauerschnitt des FCS könnte noch höher sein, denn bei den drei bislang ausverkauften Heimspielen – gegen Cagliari, Palermo und Parma – hätte der Verein gut und gerne 8.000 Tickets verkaufen können, sagt FCS-Geschäftsführer Dietmar Pfeifer.
Der FCS-„General“ ist auch davon überzeugt, dass von den vier noch ausstehenden Heimspielen mindestens deren zwei ausverkauft sein werden. Am übernächsten Samstag empfängt der FCS die Mannschaft von Spal. „Es ist eine große Genugtuung, so viel Enthusiasmus rund um den FC Südtirol zu erleben“, sagt Dietmar Pfeifer, der – das muss man ihm zugutehalten – auch in den weniger erfolgreichen Jahren, als der FCS vor einem Freiluftstammtisch Fußball gespielt hat, nicht Trübsal geblasen hat.
Freilich, die Übermütigen unter den Fans des FCS, sehen ihren Verein bereits mit neun Zehen in der Serie A.
Wie steht man im Verein zu diesem heiklen Thema? Heikel deshalb, weil man (als schreibender Fan) nicht weiß, ob man dem FCS den Aufstieg wünschen oder besser fest beten sollte, dass das Wunder nicht geschieht.
Dietmar Pfeifer geht das Thema mit dem ihm eigenen Pragmatismus an. Er sagt: „Natürlich macht man sich Gedanken darüber, es wäre nicht seriös zu sagen, dass wir uns nicht mit dem Thema Serie A beschäftigen, denn schließlich muss man als Verein auf jegliche Eventualität vorbereitet sein.“
Über die Serie laut und intensiv nachzudenken bedeute, für den Fall des Falles eine Lösung parat zu haben.
Sollte der FCS tatsächlich den Sprung die höchste italienische Spielklasse schaffen, müsste die Stadionkapazität auf 12.000 Plätze ausgebaut werden. Mit der Errichtung der Tribünen in den Kurven müsste dies machbar sein, glaubt Dietmar Pfeifer.
Gleichwohl wehrt sich der FCS-Geschäftsführer strikt dagegen, jetzt den Aufstieg in die Serie A als Ziel zu proklamieren. „Wir dürfen jetzt nicht überheblich werden, das ist auch nicht unser Stil, sondern wir müssen als Verein auf jede Eventualität vorbereitet sein.“
Derweil stellt der FC Südtirol nach dem erreichten Klassenerhalt die Weichen für die nächste B-Saison. Mit Raphael Odogwu und Andrea Masiello sind zwei der wichtigsten Spieler dieser Traumsaison mit neuen Verträgen ausgestattet worden. Der Vertrag von Trainer Pierpaolo Bisoli verlängert sich mit dem Klassenerhalt automatisch. „Niemand hat sich erwartet, dass wir zehn Spieltage vor Schluss gerettet sind“, sagt Dietmar Pfeifer, man sei darauf eingestellt gewesen, bis zum letzten Spieltag um den Klassenerhalt zu kämpfen.
Ein Playoff-Platz – so räumt Dietmar Pfeifer ein – sei jetzt das „nächstnähere Ziel“.
Wenn man, so Pfeifer weiter, „zehn Spiele vor Schluss auf Rang 4 liegt, kann man sich nicht verstecken“.
Die Zuschauer-Zahlen
Mannschaft Zuschauerschnitt
Genoa 24.431
Bari 24.380
Palermo 19.401
Cagliari 13.005
Reggina 11.472
Parma 10.126
Frosinone 10.087
Modena 9.628
Spal 8.467
Benevento 8.281
Pisa 7.760
Ascoli 7.301
Ternana 5.993
Perugia 5.975
Cosenza 4.803
Brescia 4.669
Como 4.362
FC Südtirol 4.180
Venedig 3.677
Cittadella 3.104
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