„An den Haaren herbeigezogen“
Harter Tobak für Paula Bacher: Ist die Brixner SVP-Abgeordnete eine Putin-Freundin? Dies wird ihr zumindest in der Kolumne „In Putins Arsch“ von Wolfgang Mayr auf dem Nachrichtenportal „Salto.bz“ unterstellt. Was Bacher dazu sagt.
non Erna Egger
Ein Jahr nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine: Anlässlich des Jahrestages wirft der ehemalige Chefredakteur Wolfgang Mayr einen Blick auf Putins „Freunde“ in Südtirol – und holt zu einem Rundumschlag aus.
„Überraschend ist, wie viele die Nähe des russischen Kriegspräsidenten Putin oder zumindest seines Umfeldes suchten“, schreibt er imBeitrag mit dem diskutierbaren Titel „In Putins Arsch“ auf dem Nachrichtenportal „Salto.bz“.
Der ehemalige Chefredakteur Wolfgang Mayr scheut sich auch vor Verunglimpfungen nicht, was ihm von vielen Kommentatoren vorgeworfen wird.
Aber von Anfang an: Mayr führt in seiner Kolumne diverse hochrangige Westeuropäer an, die sich dem russischen Präsidenten „anbiederten“: der sozialdemokratische Bundeskanzler Schröder, seine christdemokratische Nachfolgerin Merkel, die ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten Berlusconi und Giuseppe Conte genauso wie die vielen westeuropäischen Rechtsradikalen, Le Pen, Salvini und Linksradikalen wie Wagenknecht.
Dann schwenkt er nach Südtirol über: Putins Netz habe in Südtirol mehrfach gewirkt, nicht nur über die Stiftung „Borodina“, das „Zentrum zur Förderung der Beziehungen zwischen der Autonomen Provinz Bozen und Russland Nadezhda Ivanovna Borodina“, das 2009 in Meran gegründet wurde – eine Initiative des damaligen Landeshauptmannes Luis Durnwalder und seines russischen Freundes Wladimir Jakunin, damals schon Chef der staatlichen Eisenbahngesellschaft, wie der Autor anführt.
„Jakunin wurde Präsident des neuen Borodina-Vereins. Diesem Jakunin rollte Landeshauptmann Luis Durnwalder immer wieder den roten Empfangsteppich aus“, schreibt Mayr – und führt einige Beispiele an.
Besondere Aufmerksamkeit widmet der Kolumnist der SVP-Abgeordneten Paula Bacher, die ebenfalls ihr Fett abbekommt. Der Grund: Sie reiste 2014 mit der Latscher Vize-Bürgermeisterin Sonja Platzer und Gudrun Warger, Kabinettsleiterin aus Schlanders, zum „Familienkongress“ nach Moskau, ein Kongress – wie Mayr anführt – der für die Aberkennung der Menschenrechte für Schwule und Lesben warb, eine Veranstaltung gegen die gleichgeschlechtliche Ehe und gegen die Abtreibung. Landesrätin Waltraud Deeg stellte „Südtirols Teilnahme am internationalen Familienkongress“ in Moskau vor.
Bacher war als SVP-Stadträtin in Brixen auf dem „Forum Mehrkindfamilien und die Zukunft der Menschheit“, an dem 1.000 Teilnehmer aus insgesamt 45 Staaten teilnehmen: aus den USA, Kanada, Österreich, Italien, Großbritannien, Polen, Mexiko, Venezuela, Australien, der Ukraine, Georgien, Kasachstan, Serbien, Lettland oder den Philippinen.
In der Kolumne wird Bacher auch unterstellt, dass sie sich nach ihrem Nachrücken in den Landtag zu den Freunden im Edelweiß gesellte, jene Kräfte in der SVP, die nach den Landtagswahlen 2018 Landeshauptmann Kompatscher in eine Koalition mit der Lega drängten. Die Lega, ihr Frontmann Salvini, zählen zu den begeisterten Fans des russischen Kriegspräsidenten Putin.
Jene, die Paula Bacher kennen, sprechen von einer Verunglimpfung ihrer Person durch die Kolumne. Was sagt Sie selbst zu den Vorwürfen?
Tageszeitung: Frau Bacher, sind sie eine Putin-Freundin?
Paula Bacher: Dass ich Putins Freundin bin, ist an den Haaren herbeigezogen. Spielen Sie auf den „Familienkongress“ in Moskau an, an dem ich 2014 teilgenommen habe?
Genau.
Dass man daraus eine Sympathie für Putin ableiten will, ist absolut absurd. Dieser Besuch wurde nicht nur jüngst, sondern bereits vor Monaten einmal thematisiert. Damals hat mich sogar der Historiker Hartmuth Staffler verteidigt, der meinte, dass ich wohl etwas blauäugig zu diesem Kongress mit politischen Hintergründen gereist sei. Und aus heutiger Sicht war dem wohl so.
Was hatte es mit diesem Kongress auf sich?
Ich stamme aus einer Großfamilie und habe neun Geschwister. Mich hat das Thema Mehrkindfamilien immer sehr interessiert. Die Einladung zum Kongress kam von der Stiftung „Borodina“ aus Meran und wurde an alle Gemeinden geschickt. Alle interessierten Referenten konnten sich melden, was ich und einige andere getan haben, ohne jeglichen politischen Hintergedanken. Ich weiß nicht, warum mir nun derartiges vorgeworfen wird.
Wie lief der Kongress ab?
Wir haben weder Putin zu Gesicht bekommen, noch wurde für die Aberkennung der Menschenrechte für Schwule und Lesben geworben. Kein einziges Wort fiel gegen Lesben und Schwule. Wenn dieses Thema Inhalt des Kongresses gewesen wäre, wäre ich auch nicht hingereist. Es ging rein um kinderreiche Familien.
Fühlen Sie sich verunglimpft?
Ja, natürlich. Meine Fahrt nach Moskau hatte mit Putin gar nichts am Hut. Mich hat allein das Thema interessiert. Dass ich mich Putin angebiedert hätte, ist lächerlich.
Ihnen wird auch unterstellt, dass Sie sich nach ihrem Nachrücken in den Landtag zu den Freunden im Edelweiß gesellten, jene Kräfte, die nach den Landtagswahlen 2018 Landeshauptmann Kompatscher in eine Koalition mit der Lega drängten.
Ich habe schon oft betont: Ich lasse mich nicht dem einen oder anderen Lager zuschreiben. Ich handle nach meinem besten Wissen und Gewissen für die Bevölkerung.
Kommentare (15)
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