Versenkte Etikettierung
Laut dem Europarechtler Walter Obwexer ist die von SVP und Grünen vorgeschlagene Herkunftskennzeichnung von Fleisch, Milch und Eiern nicht mit europäischem Recht vereinbar.
von Matthias Kofler
Die Bemühungen von SVP und Grüne, eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung von Fleisch, Milch und Eiern einzuführen, haben einen herben Dämpfer erfahren. Laut dem EU-Rechtsexperten Walter Obwexer kann der Landtag den Gesetzentwurf in seiner derzeit vorliegenden Form nicht verabschieden, weil er gegen EU-Recht verstoßen und in den staatlichen Kompetenzbereich eingreifen würde.
Obwexer, der an der der Universität Innsbruck lehrt, nennt drei Punkte, die aus seiner Sicht bedenklich sind: Erstens sehe die EU-Lebensmittelinformationsverordnung vor, dass ein entsprechender Gesetzentwurf zunächst der EU-Kommission zur Begutachtung vorgelegt werden müsste. Brüssel habe daraufhin drei Monate Zeit, um eine Stellungnahme abzugeben. Das heißt: Schon allein aus diesen formellen Gründen dürfte sich eine Verabschiedung des Gesetzes noch vor Ablauf dieser Legislaturperiode nicht mehr ausgehen.
Zweitens seien, so Obwexer weiter, für Milch sowie Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch die strengen Kriterien der EU-Lebensmittelinformationsverordnung (Nachweis einer Verbindung zwischen Herkunft und Qualität) einzuhalten, was die Einführung einer verpflichtenden Herkunftskennzeichnung deutlich erschwere. Für die Herkunftsangabe bei Rindfleisch und Eiern gebe es hingegen Sonderregelungen, die eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung zulassen würden.
Für alle verarbeiteten Lebensmittel sei im Falle einer verpflichtenden oder freiwilligen Herkunftsangabe die Primärzutatenverordnung anzuwenden, erklärt der EU-Rechtsexperte weiter. Primärzutaten sind jene Zutaten mit einem Anteil von mindestens 50 Prozent am Lebensmittel oder solchen, die der Konsument üblicherweise mit der Bezeichnung des Lebensmittels assoziiert. Der Unternehmer könne die Herkunft der Primärzutaten angeben, wobei es nicht unbedingt erforderlich sei, den Mitgliedsstaat oder die Region anzugeben; die Etikettierung „EU“ bzw. „Nicht-EU“ reiche in diesem Fall aus. Es sei hingegen nicht zulässig, einen „Südtiroler Joghurt“ zu vermarkten, wenn die Milch aus einem anderen Land stamme, außer ein Kennzeichnungshinweis stelle klar, dass die Milch aus Nicht-EU/EU oder einem anderen Mitgliedsstaat ist. Da der Landesgesetzentwurf all diese Kriterien nicht erfülle, gebe es einen inhaltlichen Anpassungsbedarf, so Obwexer.
Der Rechtsexperte verweist bei der Umsetzung einer verpflichtenden Lebensmittelkennzeichnung zudem auf die autonomierechtlichen Schwierigkeiten. So berühre der Gesetzentwurf gleich drei staatliche Kompetenzbereiche, nämlich den Verbraucher-, den Gesundheitsschutz und den Wettbewerb. Es sei deshalb denkbar, dass Rom ein entsprechendes Gesetz vor dem Verfassungsgerichtshof anfechte, so Obwexer. Die EU-Kommission könne ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien einleiten, sollte der Südtiroler Landtag ein nicht mit dem EU-Recht kompatibles Gesetz verabschieden. Die Unternehmer hätten wiederum die Möglichkeit, bei einem nationalen Gericht und anschließend beim Europäischen Gerichtshof in Luxemburg gegen die Norm zu klagen.
Obwexer empfiehlt dem Landtag eindringlich, den Entwurf zu überarbeiten. Es sei zwar verständlich, dass ein Initiativantrag der Abgeordneten, mit dem man auf politischem Wege einer sich europaweit abzeichnenden Entwicklung vorgreifen wolle, nicht vollumfänglich und fachgerecht geprüft werden könne wie ein Gesetzentwurf der Landesregierung. „Ein EU-rechtswidriges Gesetz wäre aber der Würde des Hohen Hauses abträglich“, so der EU-Rechtsexperte abschließend.
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Kommentare (12)
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criticus
Sicherlich keine schlechte Idee, aber momentan haben Frau und Herr Südtiroler wohl eher andere Probleme. Die anzugehen sind unsere Streithähne und Streithennen im Landtag wohl nicht in der Lage. Oder?
morgenstern
Was erwartest du von den Streithähnen/innen? Sie dir mal an was manch einer, eine nennenswertes vorher auf die Reihe gekriegt hat, in seinem ihren Leben, da fällst du vom Glauben ab.
devils_son
meine Fresse! diese Schaumschläger, Hauptsache mal Radau machn, „Nachhaltig und Resilient“ sein 🙂 🙂
Pfosten, nit mal imstande vorher zu checken was überhaupt machbar wär
george
Und du ‚devils_son‘ „checkst“ noch weit weniger. Du bist mit deiner groben Ausdrucksweise und deinem beleidigenden Ton völlig daneben eine ordentliche und Gesellschafts adaptierte Kommunikation zu führen.
romy1988
Unser Südtiroler Landtag scheint nicht zu wissen, was er darf und was nicht. Viel Staub um nichts.
george
Dürfen sollte man, was auf ein gutes menschliches und Umwelt angepasstes Leben adaptiert ist und nicht nur das, was die obersten Bürokraten aus Rom und Brüssel in ihren Diktaten eigenwillig vorgeben.
andreas
In einem Rechtsstaat kann man halt nur das umsetzen, was rechtlich auf stabilen Beinen steht und nicht das, was sich ein Blumenkind in seinen Träumen zusammenbastelt.
guyfawkes
Wollen Sie etwa unterstellen dass hier nicht „Vollprofis“ am Werk waren?
Dieser TZ-Artikel vom 01-02-2023 beweist das Gegenteil:
https://www.tageszeitung.it/2023/02/01/ich-lasse-mit-mir-reden/
Er „lässt ja mit sich reden“ – was wollen Sie denn noch? 😉
franz19
Fur solche sinnlose Gesetze zahlen wif Politiker 10.000 wie der Herr Valazza die nicht viel Ahnung haben wS Sie können oder nicht…Ab nach Hause mit diese Politiker die nichts leisten ausser abkassieren
tirolersepp
Gott sei Dank es gibt weiter Chinesischen Schnitzel !!!
sougeatsnet
Übrigens, wer sagt, dass südtiroler Produkte überhaupt besser sind?