„Eine große Herausforderung“
Das Aus für Verbrenner-Motoren ab 2035 wird von vielen kritisch beäugt. Klaus Mutschlechner kennt als CEO von Intercable den Markt gut. Wie er den Stopp bewertet.
Die EU hat das Verbrenner-Aus für 2035 bestätigt. Ihr Unternehmen Intercable hat sich bereits vor Jahren auf den E-Automobilmarkt konzentriert. Damit haben Sie einen guten Einblick. Wie bewerten Sie diese Maßnahme?
Diese Entscheidung kam nicht unerwartet und zeigt lediglich das politische Engagement für einen Weg der Transformation der Automobilindustrie, der schon vor mehr als zehn Jahren begonnen hat. Viele Hersteller, darunter auch Mercedes, haben bereits Strategien geplant und öffentlich verkündet, wie zum Beispiel „bis 2030 nur noch elektrisch“, sofern der Markt dies zulässt. Um also auf Ihre Frage zurückzukommen: Die Politik definiert mit dieser Maßnahme ein Ziel und einen Zeitrahmen, nach welchen sich die Strategien der Automobilindustrie ausrichten werden (müssen). Es ist eine große Herausforderung voller Chancen, aber mir ist bewusst, dass in den nächsten zwölf Jahren noch viel geschehen kann und muss, damit dieser Wandel ohne Unterbrechungen oder Beeinträchtigungen der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie auf den globalen Märkten umgesetzt werden kann.
Sie haben die vielen Hersteller, die bereits angekündigt haben vor 2035 die Herstellung von Verbrenner- Motoren einzustellen, erwähnt. Hätte es überhaupt ein Gesetz gebraucht, damit keine Verbrenner mehr gekauft werden?
Das ist richtig, viele Hersteller planen innerhalb der nächsten zehn Jahre ausschließlich auf Elektrofahrzeuge oder Fahrzeuge mit alternativen Energien umzusteigen. Die EU- Vereinbarung übt nun mit diesem Gesetz weiteren Druck auf den Sektor der Pkw aus (für Lkw wird über einen längeren Fahrplan diskutiert) und wird alle Unternehmen der Automobilindustrie dazu zwingen, ihre Umstellungsstrategien auf neue Energien zu beschleunigen.
Es gibt nun zwei große Sorgen: Die erste betrifft das Ladenetz. Ist es Ihrer Ansicht nach realistisch, dass innerhalb von zwölf Jahren dieses in Europa derart ausgebaut wird, dass man ohne Verbrenner-Autos auskommt?
Nichts ist unmöglich! Meine Erfahrung als Unternehmer hat mich gelehrt, dass mit dem richtigen Zusammenspiel von politischem Engagement, unternehmerischem Einsatz, mit der entsprechenden Aufmerksamkeit und zielgerichteten Investitionen im Grunde alles möglich ist. Die Schaffung der infrastrukturellen Voraussetzungen für diesen Übergang ist und bleibt entscheidend für ein nachhaltiges Wachstum des Marktes und der Nachfrage nach Elektrofahrzeugen. Auch hier gilt: Nur mit großen öffentlichen und privaten Investitionsprogrammen, gezielten Anreizen und einem adäquaten Technologieangebot können wir dieses Ziel erreichen. Dies wiederum bedeutet weitere großartige Möglichkeiten zur Schaffung von Arbeitsplätzen, Werten und Attraktivität für unsere Region.
Die zweite Sorge betrifft den gelieferten Strom. Wenn es künftig deutlich mehr E-Autos gibt, muss auch deutlich mehr Strom produziert werden. Glauben Sie, dass dies in Europa gelingen kann?
Die Frage ist nicht, ob, sondern wann wir das schaffen werden. Wir sprechen hier von epochalen/generationellen Entwicklungsprogrammen, die eine große europäische Einigkeit und Planung erfordern werden. Jedes Gebiet hat seinen eigenen Mix an Energiequellen. Das ideale Modell der Erzeugung und des Verbrauchs vor Ort ist natürlich nicht überall anwendbar. Auch hier wird es auf lange Sicht eine echte Revolution sein, wenn die EU den Übergang des Verbrenners hin zu erneuerbaren Energien und generell zu Europas eigener Energieautonomie begleitet.
Auch für die Herstellung von Batterien sind Rohstoffe von Nöten. Kann es auch hier zu einem Mangel im Zuge des Verbrenner-Aus kommen?
Die Verfügbarkeit und vor allem die Kontrolle der Rohstoffe, insbesondere von seltenen Erden, die für die Batterieproduktion benötigt werden, bergen geopolitisches Konfliktpotential. Nicht nur die Automobilindustrie, sondern die Entwicklung der Digitalisierung im Allgemeinen hat die Versorgung mit Rohstoffen wie Lithium, Kupfer, Nickel und Schlüsselkomponenten wie Halbleitern bereits an die Grenzen gebracht. In den vergangenen zwei Jahren haben diese Versorgungsschwierigkeiten immer wieder die Nachfrage nach neuen Fahrzeugen gedrosselt, wobei die Hersteller immer noch damit beschäftigt sind, den Rückgang während der Pandemiezeit aufzuholen. Jeder weiß, wie lange beispielsweise die Lieferzeiten für Neufahrzeuge sind. In diesem Zusammenhang ist die Anpassung der strategischen globalen und europäischen Liefer- und Produktionskapazitäten für Rohstoffe und Halbfabrikate von größter Bedeutung. Viele Herausforderungen auf höchstem Niveau also. Als Automobilunternehmer befinden wir uns inmitten von drei herausfordernden, miteinander verbundenen Veränderungen: die technologische im Zusammenhang mit der Veränderung der Mobilität, der digitale Wandel und die Transformation hin zur Nachhaltigkeit. Neue Risiken, aber auch große Chancen.
Interview: Markus Rufin
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Kommentare (4)
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robby
Dieser Umstieg ist zeitlich nicht zu schaffen. Das wissen auch die Dummköpfe der EU.
Aber was solls – dann wird der Termin halt per Beschluss um 10 oder 15 Jahre nach hinten verschoben.
leser
Und was ist dann das Problem ?
placeboeffekt
Dazu passend heute die Meldung im Spiegel:
„China genehmigt Dutzende neue Kohlekraftwerke
In der Volksrepublik bahnt sich ein neuer Kohleboom an: Offenbar will der weltgrößte CO₂-Emittent mit weiteren Meilern seine eigene Energiekrise bekämpfen – ein herber Rückschlag für den Kampf gegen die Klimakatastrophe.“
I
erich
Super, können wir die Asphaltkleber und Kunstbeschmierer nach China schicken.