Du befindest dich hier: Home » Politik » Digitaler Friedhof

Digitaler Friedhof

Es war ein Herzensprojekt von Ex-Bürgermeister Paul Rösch und als Input wider das Vergessen am städtischen Friedhof gedacht: der digitale Grabstein. Doch das fertige und bereits bezahlte Konzept droht in der Schublade zu verstauben.

von Karin Gamper

Seit Ex-Bürgermeister Paul Rösch aus der aktiven Meraner Gemeindepolitik ausgeschieden ist, hält er sich mit Zurufen von außen an die Nachfolgeregierung zurück. Es ist eine Frage des guten Stils, den bereits die früheren Alt-Bürgermeister pflegten.

Nun macht Rösch eine Ausnahme. Und er spricht auch weniger als früherer Bürgermeister der Stadt Meran denn als Volkskundler, der er auch im Ruhestand noch immer ist. „Es würde mir wirklich sehr leidtun, wenn dieses Projekt in der Schublade verschwindet“, betont Rösch.

Worum geht es?

In der Amtszeit der grünen Regierung wurde die Idee geboren, am städtischen Friedhof ein Zeichen wider das Vergessen zu setzen. „Der Grundgedanke war, dass die Verstorbenen und ihr Wirken in unserer schnelllebigen Zeit auch den künftigen Generationen in Erinnerung bleiben“, erklärt Paul Rösch. Konkret war angedacht, dass die Angehörigen auf Wunsch den Lebenslauf, Fotos oder auch Bonmots der Verstorbenen in digitaler Form deponieren können und Friedhofsbesucher diese Informationen per QR-Code von den Grabsteinen ablesen können. „Wenn ich also durch den Friedhof gehe und wissen möchte, wer diese oder jene Person war, dann kann ich per Smartphone Wissenswertes abrufen“, erklärt Rösch. Das gelte nicht nur für bekannte Persönlichkeiten, sondern vor allem für die Durchschnittsbürger. Dadurch werde der Friedhof weniger traurig, weniger stumm und zu einem Ort der Kultur.

Es gibt allerdings zwei Wermutstropfen.

Zum einen wurde die Grundidee in abgeänderter Form umgesetzt. Es wurde eine Internetseite ohne QR-Code in Auftrag gegeben und programmiert. Das entstandene Portal heißt „EmemoriesMeran/O“ und ist noch nicht frei geschaltet. Es sieht vor, dass die Angehörigen auf Wunsch und nach vorheriger Anmeldung bei der Friedhofsverwaltung mit Musik hinterlegte Texte, Zitate und auch Videos über den Verstorbenen eingeben. Diese Informationen können anschließend am PC oder am Smartphone abgerufen werden, indem der Name des Verstorbenen eingetippt wird. Am Grabstein selbst ist jedoch entgegen der ursprünglichen Idee kein QR-Code vorgesehen, der direkt zur Biographie des Verstorbenen führt. „Das ist sehr schade“, sagt Paul Rösch enttäuscht, „gerade das würde den Friedhof bereichern und ich hoffe, dass auch dieser Schritt noch umgesetzt wird“.

Der zweite Haken ist, dass das Ganze in der Schublade verstaubt. „Die Internetseite ist fertiggestellt, bereits bezahlt und bräuchte nur noch online gehen“, weiß der Ex-Bürgermeister, der fürchtet, dass sein Herzensprojekt im Rathaus komplett versenkt wird.

Paul Rösch ist sich sicher, dass der digitale Grabstein von vielen Angehörigen und Friedhofsbesuchern geschätzt würde. Er selbst wäre einer der ersten Nutzer des Angebots. „Ich habe bereits beschlossen, die Grabrede für meine verstorbenen Eltern online zu stellen“, verkündet er.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (4)

Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen

  • gulli

    Lasst unsere Verstorbenen in Frieden ruhen und setzt öffentliche Gelder sinnvoll ein.

    • george

      @gulli
      Mit einem digitalen Memorandum könnten unsere Verstorbenen immer noch in Frieden ruhen. Sie werden dami ja nicht mit Steinen oder mit „Dreck“ beworfen. ‚gulli‘, du verstehst das „in Frieden ruhen“ lassen anscheinend völlig falsch, nämlich sie völlig ins Vergessen zu geben. Und wo würden hierin etwa „öffentliche Gelder“ unsinnig verwendet?

  • gulli

    @george an Verstorbene erinnert man sich nicht auf Grund einer Software oder sonstigen digitalen Memoranden, man behält sie im Herzen und gibt diese Erinnerungen an seine Mitmenschen weiter.
    Eine Software kostet zum einem im Ankauf und kostet jährliche Nutzung und Update- bzw. Wartungsgebühren .

Kommentar abgeben

Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.

2024 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen