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„Meloni ist besser als erwartet“


SVP-Senatorin Julia Unterberger hat ihre Befürchtungen über Ministerpräsidentin Giorgia Meloni abgelegt und ist beeindruckt, „wie eine aus deren Sicht 1,50 Meter hohe Frau Leithammel wie Berlusconi oder Salvini herumkommandiert“.

Tageszeitung: Frau Senatorin, das Mitte-Rechts-Bündnis hat die Regionalwahlen in der Lombardei und im Latium klar gewonnen. Ein Zeichen dafür, dass die Bürger alles in allem mit der Arbeit der Regierung Meloni zufrieden sind?

Julia Unterberger: Giorgia Meloni macht es nicht schlecht. Sie hat außenpolitisch eine Riesen-Kehrtwende gemacht und ist plötzlich eine überzeugte Europäerin. Nur ab und zu, wenn sie zum Beispiel ihre Neidattacken auf Deutschland und Frankreich bekommt, kommt die frühere Meloni zum Vorschein. Auch innenpolitisch gibt sie sich verantwortungsbewusst und gibt zu, dass ihre früheren Wahlversprechen, zum Beispiel die vollständige Eliminierung der Akzisen auf Benzin, nicht umsetzbar sind. Probleme bereitet ihr mehr ihr Personal, die Koalitionspartner Silvio Berlusconi und Matteo Salvini, aber auch ihre Brüder Italiens. Trotzdem halten die Flitterwochen mit der Wählerschaft offenkundig an, auch weil die Linke nicht in der Lage, ist eine Alternative anzubieten. Aber in Italien kann sich das alles sehr schnell ändern.

Fratelli d‘Italia hat am Sonntag mehr Stimmen erhalten als die beiden Koalitionspartner Lega und Forza Italia zusammen. Wie wirkt sich das auf das Kräfteverhältnis in Rom aus?

Ja, das macht den beiden Leithammeln ganz schön zu schaffen, dass sie von einer aus ihrer Sicht 1,50 Meter hohen Frau kommandiert werden. Gleichzeitig wissen sie aber, dass Meloni der Schlüssel zum Erfolg der Rechten ist. Deswegen fügen Sie sich ihrem Schicksal und hoffen auf bessere Zeiten.

Die stimmenstärkste Fraktion ist jene der Nichtwähler. Was sagt das über die Politikverdrossenheit der Italiener aus?

Ja, leider ist das so. Die Meinungsforscher gehen davon aus, dass sehr viele linke WählerInnen nicht zur Wahl gegangen sind, aus Frust, dass die zersplitterte Linke sowieso keine Chancen zu gewinnen hatte.

Die PD-Granden Enrico Letta und Stefano Bonaccini bezeichnen Meloni als „fähig“ und „besser als erwartet“. Teilen Sie diese Wortwahl?

Sie haben dafür viel Kritik eingefahren, aber es ist einfach eine realistische Einschätzung. Ich sehe das auch so. Von der Meloni, wie ich sie aus ihren Oppositionszeiten kannte, hätte ich mir auch Schlimmeres erwartet: gegenüber Europa, Südtirol, den Frauen usw. Bis jetzt hält sich der Schaden in Grenzen. Und dass sie eine sehr fähige Frau ist, kann niemand bestreiten. Anerkennung für eine politische Gegnerin darf nicht mit einer Lobeshymne verwechselt werden.

Für die Opposition endeten die Regionalwahlen in einem Desaster. Was haben Giuseppe Conte, Carlo Calenda und Co. falsch gemacht?

Ganz einfach: Sie müssen sich zusammenraufen und zusammenhalten, so wie das die Rechtsparteien erfolgreich machen. Auch die haben teilweise sehr unterschiedliche Ansätze, aber sie bauen auf einen Grundkonsens zu bestimmten Fragen. Solange sich die Linken gegenseitig befetzen statt gemeinsam Opposition zu machen, wird das leider nichts. Aber dies Erkenntnis wird schon noch reifen.

In einem halben Jahr finden in Südtirol Landtagswahlen statt, im nächsten Jahr stehen die EU-Wahlen an. Ein Erfolg der italienischen Rechten scheint unter den derzeitigen Umständen unausweichlich?

Mal sehen wie die Situation in einem halben Jahr aussieht, ob es die Rechtsparteien schaffen, ihrer Wählerschaft das zu liefern, was sie sich erwartet. Ansonsten kann die Stimmung ganz schnell kippen.

Die SVP hat sich bei der Vertrauensabstimmung zur Regierung Meloni enthalten. Was ist in den ersten 100 Tagen danach konkret für Südtirol herausgesprungen?

Bis jetzt sind es hauptsächlich Versprechungen, aber das ist angesichts der früheren Töne auch schon etwas. Außerdem nehmen sie uns immer wieder Abänderungsanträge an. Wir machen keine Fundamentalopposition und enthalten uns häufig, daher werden wir auch besser behandelt als die restliche Opposition.

Im Gegensatz zu Ihrem Kollegen Meinhard Durnwalder haben Sie so gut wie keine Berührungspunkte zur Politik von Mitte-Rechts. Wie fällt Ihre tägliche Arbeit im Parlament aus?

Die tägliche Arbeit im Parlament hat auch sehr viel mit zwischenmenschlichen Beziehungen zu tun. Ich kann zwar mit einer rechten Ideologie nichts anfangen, aber ich habe durchaus gute Kontakte auch zu rechten PolitikerInnen. Sehr oft geht es um praktische Probleme, da kann man mit guten Argumenten punkten. Dasselbe gilt im umgekehrten Sinne für den Kollegen Durnwalder. Er ist in dieser Woche mit den Stimmen der Opposition zum Präsidialsekretär gewählt worden.

Interview: Matthias Kofler

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