Leckere Würmer
Ernähren wir uns künftig nur mehr von Insekten? Fragen an die Ernährungsexpertin Silke Raffeiner.
von Stefanie Putzer
In vielen Ländern der Welt sind Käfer, Raupen, Heuschrecken und Co. schon seit Jahrtausenden ein fester Bestandteil des Speiseplans. Aktuell verspeisen rund zwei Milliarden Menschen, hauptsächlich in Asien, Afrika, Lateinamerika und Australien, Insekten, was ungefähr einem Viertel der aktuellen Weltbevölkerung entspricht. Ganz im Gegensatz zur Europäischen Union, wo sie als neuartige Lebensmittel (Novel Food) verzeichnet sind.
Laut Silke Raffeiner, der Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Südtirol, lässt sich dies auf Folgendes zurückführen: „Im Unterschied zu anderen Weltregionen sind Insekten hierzulande nie ein Bestandteil der Kost gewesen, da man schon seit langer Zeit andere Nutztiere, wie beispielsweise Rinder, Schweine und Hühner, hielt, weswegen kein Bedarf an weiteren Proteinquellen vorhanden war. Aus diesem Grund ist der Verzehr von Insekten in Europa nicht traditionell verwurzelt.“ Infolgedessen müssen Insekten ein Zulassungsverfahren mitsamt Risikobewertung durchlaufen, um als Lebensmittel oder Lebensmittelzutat gelten zu können.
Im Juni 2021 verkündete die EU-Kommission, dass die Larve des Gelben Mehlwurms im Ganzen, gefroren oder getrocknet, oder gemahlen in Lebensmitteln verwendet werden darf, somit wurde sie zum ersten Insekt, das als Lebensmittel in der EU zugelassen wurde. In den folgenden Jahren folgten die Hausgrille, die Wanderheuschrecke, Grillenmehl und die Larve des Buffalowurms die Zulassung.
Zurzeit werden acht weitere Anträge auf Marktzulassung geprüft, dennoch können die jeweiligen Insekten und Produkte dank Übergangsbestimmungen schon in Umlauf gebracht werden. Ein klarer Trend also.
Eine Voraussetzung für Produkte, die Insekten oder Insektenmehl enthalten, ist, dass dieser Umstand für den Verbraucher durch entsprechende Angaben im Zutatenverzeichnis gekennzeichnet werden muss. Des Weiteren wurde für alle zugelassenen Insekten eine verpflichtende Allergenkennzeichnung vorgesehen, da Insekten aufgrund ihres hohen Eiweißgehalts Allergien auslösen können.
„Die FAO (Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen) sieht großes Potenzial in der Insektenzucht für die zukünftige Ernährung, da sie im Verhältnis weniger Wasser, Futter und Land als Schweine oder Rinder benötigen. Hinzukommt, dass sie weniger Treibhausgasemissionen verursachen“, berichtet Raffeiner.
In Bezug auf Hühnerfleisch ist der Unterschied nicht klar. Laut aktuellem Stand sind die von Hühnern und Insekten verursachten Umweltauswirkungen vergleichbar. „Aus ernährungspsychologischer Sicht ist der Verzehr von Insekten sinnvoll, da Insekten reich an hochwertigen Proteinen, Vitaminen, Mineralstoffen und Ballaststoffen sind. Dennoch ist es schwierig Lebensmittel neu einzuführen, wenn sie noch nicht kulturell verankert sind.“
Dies unterstreicht eine aktuelle Umfrage von Coldiretti/Ixe’, laut der rund 54 Prozent der Italiener Insekten auf dem Teller ablehnen. Lediglich 16 Prozent befürworten dies.
Trotz fehlender kultureller Verbindung gibt es auch in Europa Menschen, die sich für solche Produkte begeistern, wie man an der Schweiz und Deutschland erkennen kann. Die Zielgruppe besteht aus jungen Menschen, die offen gegenüber neuartigen Lebensmitteln sind, wie auch Vegetariern und Veganer. Ob es nun auch die große Masse erreichen wird, sei laut Raffeiner dahingestellt. Auch in naher Zukunft werde der Großteil der Bevölkerung skeptisch bleiben. „Vermutlich wird man letztendlich auf verarbeitete Lebensmittel zurückgreifen, die beispielsweise Insektenmehl beinhalten, als in eine ganze Grille reinzubeißen“, meint die Ernährungsexpertin.
Laut Wirtschaftslandesrat Philipp Achammer dürfen Grillenmehl und ähnliche Insektenpulver nicht in Lebensmittel enthalten sein, die das Südtiroler Qualitätszeichen tragen. „Es ist die richtige Strategie, da Produkte mit dem Südtiroler Qualitätszeichen, mehrheitlich aus Rohstoffen aus Südtirol bestehen sollten. Grillenmehl und auch ähnliche Insektenpulver, die aktuell nur im Ausland hergestellt werden, fallen somit durch das Raster. Zugleich spielt auch die traditionelle der Verarbeitung eine Rolle. Insofern kann ich die Entscheidung Philipp Achammers nachvollziehen “, erklärt Raffeiner.
Letztendlich müssen noch essenzielle Aspekte zur Beschaffung von Insekten als Lebensmittel geklärt werden: „Noch ungeklärt sind aus Sicht der Verbraucherschutzorganisationen Fragen zum Tierwohl, zur Fütterung, zum Einsatz von Antibiotika, zur Tötung der Insekten und zur hygienischen Sicherheit“, betont Raffeiner.
Beispielsweise muss bei der Fütterung festgestellt werden, ob Tiermehl verwendet wird, da dies weniger umweltfreundlich als rein pflanzliches Futtermittel wäre. Ein weiteres Risiko besteht möglicherweise in der mikrobiologischen Sicherheit, da es noch keine klaren Vorgaben betreffend die hygienische Sicherheit der Insekten gibt, nachdem die Tiere getötet wurden. „Im Übrigen sind wir Europäer und Europäerinnen keineswegs auf Insekten angewiesen, um uns gesund und klimafreundlich zu ernähren. Ich persönlich bin der Meinung, dass Hülsenfrüchte, wie Erbsen, Bohnen und Linsen, eine umweltfreundlichere Alternative zu Insekten sind. Da Insekten immer noch Lebewesen sind, wodurch sie von vornherein mehr Treibhausgasemissionen erzeugen als rein pflanzliche Produkte.“
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Kommentare (7)
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florianegger
Lustiger Faschingsscherz
andreas
Wer beim Chinesen schon mal Gamberetti oder Pangasius gegessen hat, ist sowieso gegen alles immun, da machen es ein paar Insekten nicht aus.
Und was in manchen Würsten drin ist, ist unappetitlicher als Insekten.
pingoballino1955
Wenn man mal gesehen hat in welchen Drecksgewässern und unter welchen Umständen Pangasius in China gezüchtet wird,den,dan ess ich lieber ein Würstchen vom Südtiroler Gourmetmetzger.Zudem,oft ist auch in guten Restaurants“Pangasius,nicht Pangasius“ Die billigere Variante heisst anders.
pingoballino1955
…….dann ist mir lieber…
andreas
Billiger als Pangasius?
Der kostet doch für den Endverbraucher im Supermarkt nur 4-5 €/kg.
In den Südtiroler Fleischboutiquen kaufen aber keine 10% ein, da zwar bei Umfragen 95% angeben, beim Metzger ihres Vertrauens zu kaufen, diese aber anscheind den hinter der Fleischtheke beim Interspar und den Magazineur bei Lidl meinen. 😉
gulli
Insekten sind ja auch Lebewesen, d.h. als Vegetarier darf man die nicht essen?
andreas1234567
Hallo zum Wochenanfang,
da werde ich aber demnächst neidisch sein wenn jemand neben mir sein Picknickkörchen öffnet und herzhaft in ein Brot beisst was er aus einem Grossmarktcontainer gerettet hat, belegt mit einem gepressten und verdickten Erbsen-und Sojabrei welches dank Färb-und Geschmacksstoffen mit viel Fett und Zucker und dem Hauptbestandteil Wasser Wurst und Fleisch imitiert.
Wenn dann noch die Hafermilch herausgeholt und mit Heuschreckenpulver zum Megaproteinbooster aufgemotzt wird steh ich natürlich komplett blamiert als Ewiggestriger und Nichtprogressiver da.
Auf Wiedersehen in der Selbsthilfegruppe der Blamierten und Ernährungsrückständigen auf Berggasthof, Alm und Hütte