„Warum ich nicht mehr kandidiere“
Paula Bacher Marcenich wird bei den Landtagswahlen im Herbst nicht mehr kandidieren. Was die SVP-Abgeordnete zum Rückzug bewogen hat.
von Erna Egger
Seit Monaten wird über die Wiederkandidatur von Paula Bacher spekuliert. Ihrem Umfeld hatte sie ihre Entscheidung schon vor geraumer Zeit mitgeteilt, mit der offiziellen Mitteilung wartete die Brixnerin jedoch noch zu – um Vorhaltungen vorzubeugen. Mittlerweile hat es sich aber herumgesprochen: Die SVP-Abgeordnete Paula Bacher wird bei den Landtagswahlen im Oktober nicht mehr antreten. Sie hat nur eine sehr kurze Zeit im Palais Widmann verbracht, ist sie ja erst im Jänner 2022 in den Landtag nachgerückt. Die 69-Jährige über die Gründe ihres Rückzuges.
Tageszeitung: Frau Bacher, die allermeisten Ihrer Kollegen reißen sich um eine Wiederkandidatur. Sie hingegen treten nach nicht einmal zwei Jahren im Landtag nicht mehr an?
Paula Bacher: Ja, das stimmt. Ich habe entschlossen, bei den Landtagswahlen im Herbst nicht mehr anzutreten.
Warum?
Man muss vorausschauen: Wenn man jetzt kandidiert, muss man für die nächsten fünf Jahre auch die Kraft für die Arbeit haben. Ich bin jetzt 69 Jahre alt. Ich bin der Meinung, dass sich nun ein junger Mensch mit vollem Elan in diese Arbeit knien und einsetzen sollte.
Wahlkämpfe sind anstrengend und teuer, sie werden mit harten Bandagen geführt. Waren auch dies Gründe, um von einer Wiederkandidatur abzulassen?
Ja, ein Wahlkampf ist kein Honigschlecken. Und wenn man verspricht, sich für die Menschen einzusetzen, muss man wirklich mit voller Kraft arbeiten. Aus diesen Gründen habe ich beschlossen, dass ich mir einen weiteren Wahlkampf und Amtszeit nicht mehr antue.
Haben Sie befürchtet, nicht mehr gewählt zu werden?
Nein, das war nicht ausschlaggebend. Jeder, der antritt, muss damit rechnen, auch nicht gewählt zu werden.
Was hat Sie in Ihrer kurzen Karriere als Landtagsabgeordnete besonders enttäuscht?
Besondere Enttäuschungen gab es keine. Es ist aber sehr wohl feststellbar, dass fast alle Menschen sehr egoistisch sind und dass jeder sein persönliches Befinden in den Vordergrund stellt. Ein Gemeinschaftsdenken gibt es fast nicht mehr – das ist aber eine allgemeine gesellschaftspolitische Entwicklung.
Nur kurz nach Ihrem Nachrücken in den Landtag war die SVP mit einer Zerreißprobe nach der anderen konfrontiert …
Ich bin in diese ungute Situation hineingerutscht: Aber man ist zu einer bestimmten Zeit an einem gewissen Ort – und das wird auch seinen Sinn haben. Und ich denke, dass ich das Meinige zur Befriedung der Situation beigetragen habe. Ich muss auch hinzufügen: Ich bin nicht zwischen die Fronten geraten, weil alle wissen, dass ich mir kein Blatt vor den Mund nehme. Ich arbeite nicht hinter dem Rücken von irgendjemanden, sondern sage meine Meinung gradlinig heraus.
Der Grabenkampf zwischen dem Landeshauptmann und dem Parteiobmann: Sie wurden immer dem Lager von Philipp Achammer zugeordnet…
Ja, ich weiß. Das hat es am Anfang immer geheißen. Aber ich habe dezidiert klargestellt: Ich bin seit 50 Jahren bei der Volkspartei und werde dies auch weiterhin sein. Ich fälle die Entscheidungen nach meinem besten Wissen und Gewissen und werde die Mehrheitsentscheidungen auch immer mittragen. Deswegen lasse ich mich nicht der einen oder anderenGruppierung zuschreiben.
Mit welchen Mehrheitsentscheidungen waren Sie nicht glücklich?
Es war nicht einfach, jene Gesetze auf den Weg zu bringen, wo sich die einzelnen Lobbys mit harten Kämpfen versucht haben, durchzusetzen. Aber ich bin der Meinung: Wenn man nach langen Diskussionen einen mehrheitlichen Kompromiss erzielt hat, dann muss man auch dazu stehen.
Der Lobbyismus in der SVP ist stark in die Kritik geraten, auch bei der Führungsriege der Partei…
Es ist einerseits verständlich, wenn sich die Interessensvertreter für ihre Belange einsetzen. Ein Hotelier wird sich immer für die Hotellerie und ein Bauer für die Landwirte starkmachen. Man muss aber einen Mittelweg finden, weil die einen ohne die anderen nicht überleben können. Und dieses Ziel sollte die Volkspartei auch primär im Auge behalten.
Der Unterschied zwischen Gemeinde- und Landespolitik?
In der Gemeinde kann man etwas bewegen, man setzt sich Ziele, die man umsetzt. Und man sieht das Licht am Ende des Tunnels, trotz des Dschungels der Bürokratie. Im Land ist das oft schwierig. Man setzt sich zwar immer ein, aber man sieht nie ein Ende.
Wann haben Sie Ihre Entscheidung, nicht mehr zu kandidieren, gefällt?
Bereits im Oktober habe ich entschieden, dass ich diese Legislatur zu Ende mache und dann nicht mehr antrete, was ich natürlich nicht sofort hinausposaunt habe. Nach meiner Tätigkeit in der Gemeindepolitik war diese Zeit im Landtag ein schöner Abschluss meiner politischen Tätigkeit.
Warum haben Sie Ihre Entscheidung nicht früher bekannt gegeben?
Ich wollte mit meiner Entscheidung nicht vorschnell an die Öffentlichkeit gehen, weil ich gewisse Vorhaltungen vermeiden wollte. Immer, wenn ein Abgeordneter nicht mehr kandidiert, wird ihm folglich Untätigkeit vorgeworfen. Ich werde aber bis zum Wahltag für die Bevölkerung arbeiten – wie ich es gewohnt bin, aus Verantwortung den Menschen gegenüber, auch wenn ich nicht mehr kandidiere.
Der SVP-Bezirk Brixen nominiert drei Bezirkskandidaten. Magdalena Amhof und Helmut Tauber gelten als Fixstarter. Mit ihrem Rückzug wird ein Platz frei. Hat das Gerangel um diese Nominierung bereits begonnen?
(lacht) Ja, somit ist eine Erneuerung fix. Aber konkrete Namen sind mir nicht bekannt.
Werden Sie der Politik den Rücken kehren?
Nein. Ich werde immer dort mitarbeiten, wo es mich braucht. Nach wie vor bin ich in Brixen präsent und werde schauen, ob es dort noch Aufgaben für mich gibt – primär für die Senioren.
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Kommentare (9)
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gulli
„Es ist aber sehr wohl feststellbar, dass fast alle Menschen sehr egoistisch sind und dass jeder sein persönliches Befinden in den Vordergrund stellt. Ein Gemeinschaftsdenken gibt es fast nicht mehr“
Ein Großteil der Menschheit lebt wie es ihnen vorgezeigt wird, daher stellt sich die Frage, wer sind die vermeintlichen Vorbilder dieser, von Ihnen Frau Bacher kritisierten, Art und Weise?
tirolersepp
Danke Paula, eine Frau des Volkes !!!
treter
In Brixen hat ein Vogel von einem Baum gekakt…..
pingoballino1955
Frau Paula hat sich da sehr clever aus der Svp Affäre geredet mit ihrer so geliebten “ Sammelpartei“ ,die schon lange nur mehr eine “ Lobbypartei“ ist.Das hat sie indirekt mit dem Gespräch vermittelt,zwecks Egoismen und Co.
criticus
Es gibt eben PolitikerInnen die von selbst verstehen, dass sie für eine Wiederwahl keine Chance haben!
paul1
@ Es gibt eben PolitikerInnen die von selbst verstehen, dass ein Zusammenhalt und ein Miteinander immer schwieriger wird!!