„Der Wind hat sich gedreht“
Der Verbraucherschützer Walther Andreaus findet den Jubel der Südtiroler Banken über ihre Rekordgewinne nicht angebracht. Sie hätten das gute Geld nur auf Kosten der Kunden verdient.
von Artur Oberhofer
Zuerst vermeldete die Südtiroler Sparkasse einen Rekord-Gewinn von 74,7 Millionen Euro, „das höchste Ergebnis in der Geschichte“ der Bank.
Zwei Tage späte zog die Südtiroler Volksbank nach.
Sie bilanziert für 2022 ebenfalls ein Rekordgewinn von über 75 Millionen Euro. Von einer „hervorragenden Entwicklung“ und von einer „ausgezeichneten Ertragskraft“ war in den Aussendungen der beiden Bankinstitute die Rede.
Nun ist es wieder einmal der Verbraucherschützer Walther Andreaus, der den Spielverderber macht. Der Präsident des Verbraucherschutzvereins Robin sagt lapidar: „Der Jubel ist nicht angebracht.“
Das vergangene Jahr sei für die Familien und Unternehmen von großen Herausforderungen gekennzeichnet gewesen: Rasant gestiegene Energie- und Lebensmittelpreise, unbezahlbare Strom-, Gas- und Kondominiumsabrechnungen, eine galoppierende Inflation, das Herumschlagen mit Förderpaketen, steigende Armut, Unsicherheit und Sorgen massenhaft. „Bedingt durch die hohen Preissteigerungen können Haushalte von ihrem Einkommen immer weniger kaufen und weniger Geld fürs Sparen aufwenden“, weiß Walther Andreaus. Viele Menschen müssten sogar das Ersparte und Reserven abbauen, daher gebe es auch keinen Grund, in Partylaune zu verfallen. „Ganz nebenbei“, so sagt Andreaus, „hatten zigtausende Sparkasse- und Volksbank-Aktionäre auch noch mit dem um über 50 Prozent gesunkenen Aktienkurs und mit der Unverkäuflichkeit der Aktien zu kämpfen“.
Stellt sich die Frage: Wie ist es in Zeiten wie diesen möglich, dass die Banken so gutes und so viel Geld verdienen?
Walther Andreaus glaubt die Antwort zu kennen: Die Banken würden das gute Geld auf Kosten der Kunden verdienen.
Der Robin-Präsident erklärt: „Ohne den Managern etwas wegnehmen zu wollen, aber das Erzielen von Rekordgewinnen für die Banken war nun wirklich kein besonders kompliziertes Unterfangen.“ Walther Andreaus nennt in diesem Kontext die Zinseinnahmen aus Hypothekendarlehen und Krediten, die im Steigen begriffen seien, während die an die Einleger gezahlten Zinsen gleich blieben (Andreaus: „ … das heißt, es gibt sie nicht“).
Außerdem laufe es im Provisionsgeschäft und im Wertpapierportfolio „anscheinend auch sehr gut“, folgert Andreaus.
In den vergangenen zehn Jahren, in denen die Zinssätze besonders niedrig waren, seien es vor allem die Provisionen gewesen, die die Konten der Banken über Wasser gehalten hätten. Doch nun habe sich der Wind gedreht: „Seit Juli letzten Jahres hat die Europäische Zentralbank begonnen, an der Zinsspirale nach oben zu drehen. Die von VerbraucherInnen und Betrieben zu zahlenden Zinsen für Wohnbaudarlehen und Kredite wurden sofort angepasst“, erklärt Walther Andreaus.
Bei einem durchschnittlichen variablen Wohnbaudarlehen sei die monatliche Rate um fast 200 Euro gestiegen, in Südtirol bei den hohen Wohnungspreisen wohl um das Doppelte, rechnet der Robin-Präsident vor.
Die Banca d’Italia habe festgestellt, dass die Zinssätze für Wohnbaudarlehen einschließlich Nebenkosten (effektiver Jahreszins) im November (d. h. vor den jüngsten Erhöhungen der EZB) auf 3,55 % gestiegen sind. Im Oktober lagen sie bei 3,23%. Die Quote für neue Verbraucherkredite habe bei 9,25% gegenüber 8,93% im Vormonat gelegen.
Auch die Zinsen für Kredite an Unternehmen seien gestiegen.
Dazu Walther Andreaus:
„Die Einleger haben von den Steigerungen wenig gemerkt. Darüber hinaus sind die Einlagen mit kleinen und großen Provisionen gespickt, die mehr oder weniger bekannt gemacht werden, was ihre Rendite noch weiter unter Null drückt. In Italien sind die Kosten für ein Bankkonto im Jahr 2022 um durchschnittlich acht Prozent gestiegen, was für jeden Kontoinhaber zusätzliche Kosten von 132 Euro bedeutet.“
Die SüdtirolerInnen haben auf den Bankkonten über 10 Milliarden Euro liegen, zusammen mit Anlagekonten mehr als 15 Milliarden (Stand 2021). „Tatsächlich wurde das Geld auf den Bankkonten nicht verzinst, im Allgemeinen können nicht mal die Kosten für die Kontoführung gutgemacht werden“, kritisiert Walther Andreaus.
Also, was tun und nicht stehlen?
Der Geschäftsführer des Verbraucherschutzvereins Robin, Walther Andreaus meint:
„Es ist Zeit, dass sich die BankkundInnen wehren. Wir sollten das Märchen nicht mehr glauben, dass das Bankkonto eine Dienstleistung der Bank ist, die uns einen Gefallen tut, unser Geld zu verwahren. Und uns auch noch einen großen Gefallen tut, wenn sie uns Geld leiht. Es gilt die Kosten für Bankdienstleistungen durch Verhandeln zu minimieren“.
Die Finanzbildung erkläre zwar, dass Erspartes investiert werden sollte, wobei man das Risiko, das man zu tragen bereit ist, und die Zeit, für die man bereit ist, darauf zu verzichten, abwägen müsse. „Aber in diesen Zeiten großer Unsicherheit – 2022 haben sowohl Aktien als auch Anleihen an Wert verloren – sei das Risiko von Investitionen ein Wagnis für Mutige. „Und in der Zwischenzeit frisst die Inflation den realen Wert des eingezahlten Geldes auf“, so Andreaus.
Laut den Erfahrungen des Verbraucherschützers hätten nur wenige Kleinbanken in Südtirol zum Beispiel inflationsgeschützte Anleihen als Geldanlage empfohlen.
+++ Die Tipps für Bankkunden +++
Wer aus der Zwickmühle beim Sparen und bei der Geldanlage entkommen möchte, hat laut dem Verbraucherschutzverein Robin folgende Möglichkeiten:
- Bei den Bankkonten zahlt sich der Vergleich aus, denn es gibt noch Banken, die Kontokorrente kostenlos anbieten. Schauen Sie die Aufstellung der Jahreskosten an, und Sie können eventuelle Sparpotenziale feststellen. Wer online fit ist, kann sparen.
- Die Surrogation, also die Übertragung des Darlehens zu einer anderen Bank, die bessere Bedingungen bietet, ist jederzeit (kostenlos) möglich. Wer ein variabel verzinstes Darlehen laufen hat, kann überlegen zu einem fixen zu wechseln.
- Das Wichtigste bei der Geldanlage: Klären Sie Ihren Bedarf: wie lange wollen Sie welchen Betrag anlegen? Können Sie teure Schulden tilgen? Wie viel Risiko darf es sein für die Chance auf höhere Renditen? Wenn Sie sich Rat von Verkäufern von Finanzprodukten erhoffen: Seien Sie skeptisch! Holen Sie eine Zweitmeinung ein. Die zwei wichtigsten Erfolgskriterien einer jeden Geldanlage sind eine breite Risikostreuung und niedrige Kosten. Wer die Abhängigkeit von Beratern der Bank vermindern will, sollte sich konkret mit den eigenen Finanzen befassen und sich eine Geldstrategie aneignen.
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Kommentare (7)
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steve
Während italienische Banken Kredite mit niedrigen Fixzinsen angeboten haben, hat wiedermal der Südtiroler, der sich auf das heimische Angebot verlassen hat, draufgezahlt.
Wie so oft: heimisch ist zwar nicht schlecht, aber meist zu teuer!
murega
@silberfuxx
Ganz deiner Meinung.
Ich verstehe die ganze Aufregung sowieso nicht. Die Verträge waren bei Unterzeichnung ja klar Euribor + Spread = Zinssatz. Und nun sind die Banken die schwarzen Schafe? Weil sie sich an die Verträge halten?
steve
Der fixe(!) Zinssatz lag bei Intesa vor kurzem bei 0.9%!
Wir Südtiroler lassen uns allzu gern von heimischen Banken über den Tisch ziehn
murega
@steve
Das ist wahr Jedoch ist zu sagen, dass diese Banken bei der Vergabe sehr kompliziert sind. Bei Intesa z.B. müssen alle Veräge in italienischer Sprache abgefasst sein. Vorkaufvorbertrag bis zum endgüligen Kaufvertrag.
steve
Nein stimmt nicht! Durfte sogar das Gehaltskonto bei einer südtiroler Bank belassen!
olle3xgscheid
Ja dann füttern wir halt die Manager und Direktoren durch mit Boni usw
Die 2.000-3.000€ pro Familie fehln dann halt in der Wirtschaft.
Alles geht nicht, aber nicht jammern der Konsum geht zurück…