„Von Anfragen überrollt“
Zu viele Anfragen und zu wenig Plätze: Mit diesem Problem haben nicht nur viele Familien, sondern auch Organisationen wie der Verein „Kinderwelt“ in den Sommermonaten und an Nachmittagen zu kämpfen.
von Kristin Bonazzo
Maria ist verärgert: Jetzt im Jänner sind die Anmeldungen für die Sommerbetreuung gestartet, aber bereits kurze Zeit später waren viele Projekte bzw. Wochen ausgebucht. Vielerorts ist sie jetzt auf der Warteliste.
Maria ist aber nicht die einzige Mutter in Südtirol, die sich bereits Anfang des Jahres intensiv mit dem Thema Sommerbetreuung auseinandergesetzt hat – immerhin gilt es bereits jetzt alles zu planen. Und das ist jedes Jahr aufs Neue eine Herausforderung.
Dass der Bedarf groß ist, bestätigt auch Martina Ladurner, Präsidentin des Vereins „Kinderwelt“. Sie spricht heuer sogar von einer „extrem hohen Nachfrage“. Nach dem Anmeldungsstart letztes Wochenende sind die meisten Plätze für eine von der Kinderwelt organisierte Sommerbetreuung schon voll und auch die Wartelisten sind in vielen Gemeinden laut Ladurner erschreckend lang. „Wir sind von Anmeldungen überrollt worden“, so die Präsidentin. Die Nachfrage sei in den letzten Jahren vor allem im Grundschulalter erheblich angestiegen, es mangelt jedoch an Personal, um die Angebote entsprechend aufzustocken.
Der Verein Kinderwelt organisiert in vielen Südtiroler Ortschaften Sommerprogramme, in einigen Gemeinden stellt er die einzigen Angebote für die Familien zur Verfügung. Die Organisation arbeitet im Auftrag der Gemeinden und eng mit ihnen zusammen, deswegen suchen sie auch gemeinsam Lösungen für den starken Andrang. „In Absprache mit den einzelnen Gemeinden versuchen wir, mehr Gruppen anzubieten, doch das ist aufgrund des Personalmangels und des Betreuungsschlüssels schwierig“, erklärt Martina Ladurner. Dieser beträgt in der Grundschule eins zu acht, also acht Kinder auf eine Betreuerin. Bei Kindergartenkindern liegt der Schlüssel bei eins zu sechs. „Das entspricht einer Doppelung des Personaleinsatzes im Vergleich zum Normbetrieb im Kindergarten – und wir alleine als Organisation können diesen Bedarf nicht stemmen“, meint Ladurner, „sogar für unsere schon fixen Projekte fehlt uns noch Personal, geschweige denn für zusätzliche Angebote“.
Der Verein Kinderwelt organisiert aber nicht nur Sommerprogramme sondern auch Angebote für die Nachmittagsbetreuung. Dort ist es aber noch schwieriger, für wenige Stunden Personal zu finden. „Es müssen hier wirklich institutionelle Lösungen her“, betont Ladurner.
Die Vereinspräsidentin erklärt, dass die Lösung des Problems aber nicht eine Vergrößerung der Gruppen sein dürfe. „Um die Qualität der Betreuung beibehalten zu können, soll die Gruppengröße bei maximal 24 Kindern in der Grundschule und 18 Kindergartenkindern bleiben“, so Ladurner. Dies seinen angenehme Gruppengrößen für die Betreuung in den verschiedenen Programmen. „Falls ein Aufstocken der Gruppenanzahl aufgrund fehlender Personalressourcen nicht möglich ist, muss man bei den Anmeldungen genauer hinschauen, wo wirklich Bedarf herrscht und wer nur eine Abwechslung in den Sommerferien sucht“, erklärt Martina Ladurner.
Die gestiegene Nachfrage erklärt sich die Präsidentin durch veränderte Bedürfnisse, veränderte Berufstätigkeit und eine dementsprechend andere Vereinbarkeit mit der Familie: „Es ist unser Anliegen, den vorhandenen Bedarf zu stillen und Familien zu entlasten, aber auch wir haben derzeit keine Antwort auf den extremen Anstieg der Nachfragen“.
Die Vorschläge der Landespolitik drücken laut Ladurner den Bedarf nur künstlich nach unten. Um sich einen Platz zu sichern, müssen beide Elternteile zum Zeitpunkt der Anmeldung im Januar Vollzeit berufstätig sein. „Hier muss man sich die Frage stellen, ob die Politik den Familien effektiv etwas anbieten will, oder ob die Lösungen rein theoretisch bleiben, weil die wenigsten in diese Kriterien fallen“. Denn andere Arbeitsmodelle, wie beispielsweise die horizontale Arbeit oder die Teilzeitarbeit, bei welcher man drei Tage pro Woche vollzeitbeschäftigt ist, werden hier gar nicht berücksichtigt. „Punktuell ist auch hier eindeutig Bedarf da, aber diese Familien fallen einfach aus den Prioritätskriterien raus“, kritisiert Ladurner.
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Kommentare (1)
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brutus
…wenig Kaufkraft heißt mehr und länger arbeiten um den Lebensstandart halten zu können!
…oder die Löhne anzupassen!
Ersteres hat Grenzen, zweiteres lässt zu lange auf sich warten!
Die Politik arbeitet im Schneckentempomodus, und da wir im Wahlkampf sind wird sich bis nächstes Jahr in dieser Frage nichts bewegen!