„Bin relativ gelassen“
Die Freiheitliche Landtagsabgeordnete Ulli Mair übt scharfe Kritik an der Aktion der Aktivisten von Extinction Rebellion im Naturmuseum und fordert Konsequenzen. Wie Direktor David Gruber darauf reagiert.
Tageszeitung: Herr Gruber, die Extinction-Rebellion-Aktion im Naturmuseum Südtirol hat für viel Aufsehen gesorgt. Haben Sie die Hoffnung, dass diese Aktion letztendlich einige Menschen wachrütteln konnte?
David Gruber: Ich hoffe, dass diese Aktion ein paar der Museumsbesucher zum Grübeln gebracht hat. Der Anblick eines schwarzen Aquariums, welches normalerweise farbenfroh erleuchtet ist, hat meiner Meinung nach, einen sehr emotionalen Impact. Ob es nun langfristig zu einer Veränderung führt, sei dahingestellt, aber ich könnte mir vorstellen, dass es ein Moment des Erwachens für so manchen Besucher war.
Laut ICOM (dem internationalen Museumsrat) sollen die Museen in Zukunft Verbündete der Klimaaktivisten im Kampf gegen die vielfältigen Krisen der Gegenwart sein…
Das sehe ich genauso. Die Museen sollten als Verbündete der Klimaaktivisten gesehen werden und nicht als Ziel von Angriffen. Dies war der Ausgangspunkt der gemeinsamen Aktion im Naturmuseum. Hierbei handelt es sich um eine zentrale Aufgabe. Ich bin der Überzeugung, dass die Museen hierbei eine Transformation erleichtern könnten, da die Museen einerseits für alle Teile der Bevölkerung zugänglich sind und auf der anderen Seite über enorme Erfahrungen im Bereich der Vermittlung, Partizipation und Inklusion verfügen. Für die ganze Gesellschaft können sie diese zentrale Rolle einnehmen, sofern sie es wollen. Dennoch meine ich, dass gerade ein Naturmuseum für die Klimakrise und das Artensterben als zentraler Ort des Wandelns dienen kann.
Erwarten Sie sich, dass die Politik nach dieser Aktion nun etwas unternimmt?
Meines Wissens ist die Politik schon zu großen Teilen aktiv, wie beispielsweise der Klimaplan beweist. Dennoch ist es viel wichtiger die Verantwortung nicht nur der Politik zuzuschieben, sondern auch sich selbst ins Gewissen zu reden, da die Politik ihrerseits auf einen breiten Konsens der Gesellschaft angewiesen ist. Was mir hierbei aufgefallen ist, dass es immer noch breite Wissenslücken bezüglich der Klimakrise und des Artensterbens in der Gesellschaft gibt. Vielen ist die Schwere dieser Krise noch nicht bewusst.
Die Freiheitliche Landtagsabgeordnete Ulli Mair wirft ihnen vor, ihre Pflicht, das Museum zu schützen, vernachlässigt zu haben, als sie die XR-Aktion erlaubt haben. Wie stehen sie dazu?
Es tut mir leid, dass Landtagsabgeordnete Mair dieser Meinung ist, in Wirklichkeit glaube ich, dass eben durch diese Zusammenarbeit ein Schaden abgewandt wurde. Wäre diese Aktion spontan abgelaufen und somit niemand davon in Kenntnis gesetzt worden, hätte ein Risiko bestanden, dass tatsächlich etwas Schaden nimmt. Durch diese gemeinsame Absprache konnte man sich beispielsweise auf eine für die Lebewesen ungefährliche Farbe einigen, die auch leicht beseitigt werden kann. Demnach bin ich der Meinung, in gewisser Weise sogar meiner Verpflichtung nachgekommen zu sein, dennoch bin ich mir bewusst, dass jeder einen Standpunkt hat, den ich auch niemanden absprechen möchte.
Mair fordert auch Konsequenzen für diese Aktion, wobei die Aktivisten selbst um Ihre Erlaubnis gefragt haben und auch keinen bleibenden Schaden verursacht haben. Was halten Sie also von Ulli Mairs Forderung nach Konsequenzen?
Schaden ist, wie gesagt, zu keinen Zeitpunkt einer entstanden. Ganz im Gegenteil, da die Aktivisten mir zugesichert haben, am Montag helfen werden, die Farbe wieder abzuwaschen. Wenn es Konsequenzen geben soll, soll dies auch geschehen. Dennoch bin ich relativ gelassen, da ich nicht wüsste, wo ich falsch gehandelt habe, dies kann ich jedoch nur meine Sicht der Dinge.
Haben Sie mit einer solchen Reaktion gerechnet?
Natürlich rechnet man in solchen Situationen auch immer mit kritischen Stimmen. Bis jetzt überwiegen jedoch die positiven Stimmen. Trotzdem habe ich mir gewünscht, dass die Anliegen von XR durchdringen. Meiner Meinung nach benötigen wir das Wachrütteln viel mehr, da unser Alltag in Wirklichkeit nur ein riesiges Hamsterrad ist, in dem wir uns alle gerade drehen, wodurch wir diese fast in Zeitlupe ablaufende Katastrophe leicht aus den Augen verlieren. So destruktiv, wie mancher sie auch bezeichnen möchte, diese Aktionen auch scheinen, lenken sie unseren Blick auf unser eigentliches Ziel: den Kampf gegen die Klimakrise, auf das wir alle hinarbeiten müssten.
Hat ein Museumsdirektor das Recht, solche Aktionen zu unterstützen? Sollte er sich nicht auf die Führung des Museums konzentrieren?
Ich glaube ein Museum hat hierbei sogar die Pflicht, sich einzubringen. Man kann sich hierbei nicht der Verantwortung entziehen, gerade wenn es sich hierbei um eine Einrichtung handelt, die Wissen vermittelt. Als Naturmuseum, sind wir uns vermutlich, der Tragweite der Krise, um einiges bewusster als manch Anderer. Wodurch es nahezu verantwortungslos wäre, nicht aktiv zu werden.
Würden Sie, trotz der Kritik, die Ulli Mair ausgeübt hat, auch in Zukunft „Extinction Rebellion“ und auch anderen Aktivisten eine Bühne bieten?
Es geht hier nicht darum, jemanden eine Bühne zu bieten, sondern mehr, um die Möglichkeit gemeinsame Projekte in Gang zu setzen. Das Projekt selbst muss nicht immer aktivistischer Natur sein, es kann in diesem Sinne auch nachhaltiger sein, als nur eine Bühne zu bieten. Diesbezüglich sind wir sehr offen mit der Zivilgesellschaft zusammen zu arbeiten. Es ist die Aufgabe des Museums, ein Ort des Austausches, des Dialogs, der Partizipation und der Diskussion zu sein. Ich bin überzeugt, dass die Museen sich in dieser Hinsicht öffnen müssen, um möglichst viele daran teilhaben zu lassen.
Interview: Stefanie Putzer
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Kommentare (21)
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steve
Unser Pensionssystem beruht auf einem Generationenvertrag. Ulli Mair hat sich dabei umrechtmäßig bedient, indem sie eine Pensionsvorauszahlung akzeptiert hat!
Jetzt will sie Leuten dieser Generation, zu der sie nichts beigetragen hat, noch eine kleine Protestaktion anrechnen.
Mair du bist echt das Letzte!
placeboeffekt
„Letzte“ und „Generation“ erleben derzeit inflationär erhöhten Gebrauch, nur geschlagen von der realen Inflation welche man tagtäglich bei Preisen und Rechnungen beobachtet.
Ich finde die Rebellen haben da eine erstklassige Aktion abgezogen. Endlich mal gezeigt dass sie mehr können als nur Suppe auf Kunstwerke zu schütten-was wahrlich idiotisch und absolut nicht zielführend ist.
wichtigmacher
Jo und wenn de nou braune Forb gwählt hätten, donn warn de Blauen a zufrieden….
kirchhoff
@ Steve, erkannter vom Neid zerfressener Dummschwätzer?
steve
Neid auf was? Auf Ulli Mair? 🙂
andreas
Eigentlich lustig, wenn sich konservative Zeitgenossen von einer bemalten Scheibe bedroht fühlen.
Und dass der Direktor die Mair Mair sein lässt und nur nebenbei auf ihren Unsinn eingeht, ist schon mal gut.
Wenn Mair vom Rechnungshof wissen will, wer die Reinigung löslicher Farben von einer Aquarimuscheibe bezahlt, finde ich die monatlichen in die Mair investierten über 10.000 Euro vielleicht etwas viel.
artimar
Gruber kann man nur beipflichten. Danke auch an Mair, was immer sie auch genommen hat. Ohne ihr Statement hätte es selbst bei der Südtiroler Tageszeitung nicht mal für eine Randnotiz gereicht, geschweige denn für einen solchen Aufmacher auf einer ganze Seite.
andreas1234567
Hallo zum Wochenende,
disee „Extintion-Rebellen“ sind eine straff geführte Organisation mit Geldgebern gerade aus dem US-Ausland, diese ach so spontanen Proteste werden einstudiert bei Lehrgängen welche diese Organisation veranstaltet.
Wundert sich niemand über die fast schon uniformierte Kleidung dieser spontanen Umweltbesorgten?
Es wäre nicht verwunderlich wenn es bei diesen „Aktivisten“ um herangekarrte Getreue handelt die nach dem angekündigtem Aktionswochenende in den nächsten Landstrich gekarrt werden um dort weiter auszutesten wie weit man die Grenzen vom ach so friedlichen Protest verschieben kann.
Bei den Planetenrettern handelt es sich um bezahlte Statisten, die würden in aller Regel für doppelt Geld auch auf dem Waltherplatz Loblieder auf den gesunden Südtiroler Speck singen oder Zeitschriften wie den „Geschützturm“ und „Brennet!“ verkaufen um Reklame für den Teufel zu machen.
Natürlich steht es jedem frei das toll zu finden und ihnen Tür und Tor zu öffnen soll sich dann aber keiner wundern wenn
es sich bei den anderen Weltuntergangskaspern herumspricht Südtirol ist eine bequeme Kasperlbühne mit viel Publikum und hohem Aufmerksamkeitswert..
Auf Wiedersehen in Südtirol
waldemar
Gruber wirkt sehr seriös, Mair genau das Gegenteil!