Schneller Prozess
Mit Ende Februar tritt die Cartabia-Reform im Bezug auf das Familienprozessrecht in Kraft. SVP-Senatorin Julia Unterberger erklärt, was sich im Bezug auf Trennung, Scheidung und Vormundschaft verändert.
von Lisi Lang
Vereinfachungen und Vereinheitlichungen im Ablauf und strenge Fristen: Ende Februar tritt die Cartabia-Reform im Bezug auf das Familienprozessrecht in Kraft und bringt so einige Neuerungen für Trennungen, Scheidungen und Vormundschaft mit sich. „Diese Reform betrifft das gesamte Straf- und Zivilprozessrecht und war als Auflage an den Recovery Fonds geknüpft, weil Italien eine viel zu langsame Justiz hat“, erklärt SVP-Senatorin Julia Unterberger, die Berichterstatterin für die Reform war.
Auch im Familienprozessrecht wurden deswegen eine Reihe von Vereinfachungen eingeführt, die in wenigen Wochen in Kraft treten. „Bislang gab es unterschiedliche Prozeduren für verheiratete und unverheiratete Paare; das wurde jetzt vereinheitlicht und vereinfacht“, erläutert die SVP-Senatorin.
Mit der neuen Reform kommen unter anderem auf die Anwälte neue Anstrengungen zu, da der Gesetzgeber diese Beschleunigung der Verfahren auch dadurch erreichen will, indem er strenge Fristen setzt. Heißt im Umkehrschluss: Wer diese Fristen künftig nicht einhalten kann oder versäumt, schaut durch die Finger. „Ich habe diesen Punkt immer kritisiert, weil er wieder in jene Richtung geht, dass die formalen Aspekte wichtiger sind als die substanziellen“, erklärt Unterberger.
Aber was bedeutet diese Änderung konkret? „Um eine Trennung oder Scheidung einzuleiten, muss man bereits im ersten Schriftsatz alles darlegen und im nächsten Schriftsatz die Beweisanträge stellen. Dann kann die Gegenpartei antworten, ihrerseits alle Dokumente vorlegen und ihre Beweisanträge stellen. Sollte dann noch einmal die Notwendigkeit bestehen, auf diese Einlassung zu antworten, ist das auch noch möglich“, erklärt Julia Unterberger. Diesen letzten Schritt musste die SVP-Senatorin aber hart erkämpfen; ursprünglich war eine Reaktion auf die Antwort der Gegenpartei, nämlich außer im Falle einer Widerklage, nicht vorgesehen. „Es passiert oft, dass eine KlientIn einem nicht alles erzählt und erst wenn man den Schriftsatz der Gegenseite sieht, merkt man, dass etwas fehlt – in diesem Moment könnte man noch einmal nachbessern“, erläutert Julia Unterberger. Ohne diesen Zusatz wäre eine effiziente Verteidigungstätigkeit fast unmöglich, so die Senatorin, wobei sie trotzdem befürchtet, dass diese Reform Schwierigkeiten bereithält, da die Einhaltung der Fristen das oberste Gebot ist. „Und wenn eine AnwaltIn diese versäumt, hat die KlientIn möglicherweise den Prozess verloren“, so Julia Unterberger.
Zentrale Bedeutung im neuen Prozess erhält die erste Verhandlung. Die Parteien sind verpflichtet vorher alle Argumente zu verschriftlichen und alle Dokumente vorzulegen, so dass es dem/der RichterIn ermöglicht wird, bereits in der ersten Verhandlung eine Entscheidung zu treffen. Bei Gefahr im Verzug kann man bereits vor der ersten Verhandlung eine provisorische Maßnahme beantragen, die sofern die Voraussetzungen bestehen, noch vor der Anhörung der Gegenpartei erlassen wird. „Dies ist vor allem in Gewaltsituationen wichtig“, erklärt Unterberger.
Dem Thema Gewalt an Frauen wurde in der Reform überhaupt ein großer Stellenwert eingeräumt, da die damalige Präsidentin der „commissione femminicidio“, sen. Valeria Valente, tatkräftig mitgewirkt hat. „Ihr Gegenspieler war Senator Simone Pillon, der Kämpfer für die getrennten Väter. Da hat es oft ganz schön gekracht und ich musste zwischen den beiden vermitteln“, lacht Julia Unterberger.
Herausgekommen sei ein Kompromiss, der sicher als positiv zu bewerten ist. „Vor allem wenn das neue Familiengericht, mit auf Familienrecht spezialisierten Richtern, eingerichtet wird, wird es viel einfacher werden“, erklärt die SVP-Senatorin. Zur Zeit gäbe es nämlich eine Verstrickung von Kompetenzen zwischen Jugend- und Landesgericht, die in der Reform in einer Übergangsbestimmung nur teilweise gelöst wurde, so Julia Unterberger.
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