Kampf um den Kaffee
Die Wirtschaftsverbände kommen sich gegenseitig ins Gehege: Der hds wirbt um Bars und Restaurants. Und verärgert damit den HGV.
von Silke Hinterwaldner
Sobald es um die Macht der Verbände geht, reagiert Südtirol empfindlich: Es gibt jene, die sich auf die Notwendigkeit einer Interessensvertretung berufen. Und es gibt jene, die beklagen, dass sich Bauernbund, Handwerkerverband, Kaufleute oder Hoteliers zu sehr in die politischen Entscheidungen einmischen.
Es gibt aber auch noch jene, die nicht recht zu wissen scheinen, wo sie hingehören: Die Barbetreiber und Restaurantbesitzerinnen fühlen sich im Hoteliers- und Gastwirteverband (HGV) oft nicht ernst genommen. Dort kümmere man sich zu sehr um die großen Hotels und zu wenig um die kleinen Bars, so der Vorwurf. Diese Nische scheint der Verband der Handels- und Dienstleister (hds) nun besetzen zu wollen: Präsident Philipp Moser spricht bei jeder Gelegenheit über die Schaffung von Gastronomie-Gruppen innerhalb seines Verbandes, auf Landes-, Bezirks- und Ortsebene.
Aber wie geht das? Per definitionem, möchte man meinen, gehören die Gastwirte zum praktisch gleichnamigen Verband. Aber so einfach ist es nicht.
In Südtirol herrscht eine Sondersituation. Während sich in anderen Regionen alle Wirtschaftstreibenden über den Handelsverband Confcommercio organisieren, entstand in Südtirol der rein deutschsprachige HGV. Das heißt: In diesem Verband sind die Beherbergungsbetriebe, Bars und Restaurants organisiert, aber ohne Angebot für die italienischen Betriebe. Vor vielen Jahren haben sich HGV und hds deshalb auf ein Gentlemen‘s Agreement verständigt: Die Italiener zum hds und die Deutschen zum HGV.
Dieses Gentlemen‘s Agreement aber gerät ins Wanken. Manfred Pinzger, HGV-Präsident macht seinem Ärger über den Vorstoß der Kollegen im Kaufleute-Verband Luft. „Ich bin schon sehr verwundert und frage mich, ob es tatsächlich notwendig ist, sich gegenseitig in die Quere zu kommen“, sagt er rundheraus, „bisher haben sich die Präsidenten stets an diese Vereinbarung gehalten.“ Er sagt auch: Es gehe um Effizienz. Sobald sich ein italienischer Barbetreiber beim HGV meldet, werde er an den hds verwiesen, weil man dort seine Sprache spreche. Umgekehrt hat – zumindest früher – der hds deutschsprachige Unternehmer an den HGV weiterverwiesen. Das sei vernünftiger, als auch im Hoteliersverband sämtliche Dienste in beiden Sprachen anzubieten.
Manfred Pinzger geht davon aus, dass der Vorstoß von Philipp Moser in Richtung Gastronomiebetriebe kaum siegreich enden werde. Ein Großteil jener Betriebe, gibt er sich kämpferisch, werde beim HGV bleiben, schließlich sei man auch auf nationaler Ebene gut organisiert. So ist Pinzger persönlich Vizepräsident bei den nationalen Organisationen Federalberghi und Confcommercio. Und: Er sei selbst nur ein kleinerer Hotelier.
Hat sich der HGV trotzdem zu wenig um die Kleinen gekümmert? Pinzger kennt die Diskussionen. Er weiß auch, dass in der Pandemie und in der Bettenstopp-Diskussion zahlreiche kleine Betriebe sich durch den HGV nicht ausreichend betreut und vertreten fühlten (von rund 5.000 Mitgliedern sind derzeit ein Fünftel kleine Betriebe ohne Betten). Das schwingt natürlich mit, wenn der hds jetzt Gastronomie-Gruppen gründen will.
„Wenn man von seriöser Partnerschaft spricht, ist es nicht sinnvoll, in kleinstrukturierten Organisationen die Dinge weiter aufzusplitten“, sagt Manfred Pinzger. Das hat er dem hds-Präsidenten auch schon auf den Kopf zugesagt. An der Neuausrichtung des hds (der auch rund 5.500 Mitgliedsbetriebe zählt) hat dies nicht viel verändert.
In Südtirol gibt es viele Betriebe, die sich gar nicht über einen Verband organisieren, es gibt aber auch jene, die sowohl beim HGV als aus beim hds Mitglied sind. „Wir verfolgen alle dasselbe Ziel“, sagt Philipp Moser, „aber mit unterschiedlichen Herangehensweisen.“ Eine Konkurrenz erwachse in seinen Augen daraus aber nicht. Das sehen aber nicht alle so. Beim HGV fühlt man sich auf die Füße getreten.
Philipp Moser ist ein Mensch, der eigentlich nicht gern auf Angriff geht. Er sagt aber schon: „Wir kümmern uns um Stadt- und Ortszentren, sie sollen weiter belebt werden. Dazu gehören Nahversorgung und Gastronomie. Das sind Grundvoraussetzungen. Handel ohne Gastronomie funktioniert nicht.“ In seinen Augen ist es daher sinnvoll, gemeinsam Lobbyarbeit zu leisten.
„Wir wollen zusammenarbeiten und nicht gegeneinander arbeiten“, betont er. Die Aufteilung der Bars und Restaurants nach Sprachgruppen ist mit dem Vorstoß des hds aber in Frage gestellt. Die Stoßrichtung ist klar: bettenführende Betriebe zum HGV und alle anderen zum hds.
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Kommentare (7)
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andreas
Der HGV schert sich doch kaum um Restaurants und Bars und auch nicht wirklich um kleinere Betriebe und Pinzger hat in Österreich ein 5 Sterne Haus, wo er über 1,5 Millionen Coronahilfen vom Staat erhalten hat.
Das kann man nachlesen, in Österreich wurden alle Hilfen publiziert.
netzexperte
dasselbe könnte man auch vom hds sagen. Was Pinzger hat oder bekommen hat, geht niemanden was an und hat auch in der Sache nichts zu tun. Es sollte lieber die Frage gestellt werden, welche Funktion diese Verbände heutzutage wirklich noch haben, denn die Interessen der kleinen und mittleren Unternehmen vertreten die schon lange nicht mehr. Es ist mehr ein Interessensverband der (für Südtiroler Verhältnissse) großen Player, sonst nichts.
andreas
Würde es niemanden etwas angehen, hätte Österreich die Hilfen nicht publiziert.
Ist dir das verständlich?
Und deshalb stimmt Aussage von Pinzger, dass er kleiner Hotelier ist, eher nicht.
Es gibt nebenbei kein Recht auf Lobbyarbeit, deshalb liegt es an den Mitgliedern, wie sich diese organisieren.
pingoballino1955
Andreas,diese Tatsache verschweigt der HGV Präsident in Südtirol ganz bewusst.Ich frage mich schon lange,wie man in SüdtirolHGV Präsident sein kann und in Tirol ÖSTERREICH investieren.Ok ist sein Sohn,hahaha! Gute Ausrede!
kongo
Andreas,du kannst hier sicher auch einen Beweiss liefern, dass das 5 Sterne Haus auch dem Pinzger gehöhrt,auch kannst du sicher bestätigen dass der Pinzger die 1,5 Millionen Coronahilfe erhalten hat,wenn nicht war dein Kommentar nur ein Fake.
gulli
Das ist Südtirol.
Macht, Nimmersatt und Neid ist vorherrschend, je mehr einer besitzt, desto mehr will er und umso neidischer wird er auf andere! Und dementsprechend wird agiert!
nobodyistperfect
Wenn’s der HDS besser macht und sich die Betriebe beim Nachbarn besser aufgehoben fühlen – warum nicht. NEiD … ist ein schlechter Ratgeber. 😉