Landesräte im Zeugenstand
Im Strafprozess gegen Günther Burger und Markus Silbernagl zur annullierten Busausschreibung sind die Mitglieder der damaligen Landesregierung als Zeugen aufgerufen. Doch einstweilen müssen Telefonabhörungen transkribiert werden.
Von Thomas Vikoler
Ein Strafprozess, der nicht richtig in Fahrt kommen will.
Am 2. Mai vergangenen Jahres fand die erste Verhandlung des Hauptverfahrens zur im Juli 2018 von der Landesregierung annullierten Ausschreibung für die außerstädtischen Buslinien statt. Erst gestern wurde die Beweisaufnahme gestartet, nachdem einer der beiden Angeklagten, LiBus-Chef Markus Silbernagl, im Gerichtssaal persönlich die Wahl seiner Verfahrenssprache mitteilte.
Silbernagl, Busunternehmer aus Kastelruth, wählte Italienisch, was eine prozessökonomische Erleichterung darstellt. Der mitangeklagte Günther Burger, damals Ressortchef der Landesabteilung für Mobilität, hatte zuvor ebenfalls diese Sprache gewählt. Damit steht fest, dass der Prozess einsprachig auf Italienisch geführt wird.
Was freilich nicht bedeutet, dass Beweismaterial nicht übersetzt werden muss. Gestern hat der Strafsenat unter Vorsitz von Stefan Tappeiner einen Gutachter beauftragt, auf 13 DVDs versammeltes Abhörmaterial der Polizei zu transkribieren und gegebenenfalls zu übersetzen. Es handelt sich um Auszüge des großen Lauschangriffs infolge dreier Strafanzeigen aus dem Umfeld von SAD-Boss Ingemar Gatterer, der damit auf eine Wettbewerbsverzerrung bzw. einen Amtsmissbrauch aufmerksam machen wollte.
Gatterer selbst tritt in der Hauptverhandlung gegen Burger und Silbernagl als Nebenkläger auf und ist auch als Zeuge der Staatsanwaltschaft aufgerufen.
Apropos Zeugen: Die entsprechende Liste umfasst gut zwei Dutzend Namen, darunter – auf Antrag von Burger-Verteidiger Francesco Coran – sämtliche Mitglieder der damaligen Landesregierung.
Also Landeshauptmann Arno Kompatscher (gegen den in dieser Causa ebenfalls ermittelt, seine Position aber archiviert wurde), der damalige Mobilitätslandesrat Florian Mussner, SVP-Parteiobmann Philipp Achammer oder der inzwischen aus der Politik ausgeschiedene italienische Landeshauptmannstellvertreter Christian Tommassini.
Sie sollen dazu befragt werden, wie der Beschluss, mit dem der Wettbewerb wenige Stunden vor der Abgabefrist abgebrochen wurde, zustande kam.
Laut Anklage ist die Annullierung in erster Linie ein Werk von Ressortdirektor Burger, der damit auf eine Intervention Silbernagls reagiert haben soll: Die Mitbewerber LiBus und KSM verfügten bekanntlich nicht über die (voraussichtlich) notwendige REN-Eintragung.
Die Transkription der Telefonabhörungen nimmt 90 Tage in Anspruch, die nächste Verhandlung wurde auf den 12. Juni angesetzt. Dort werden mehrere mit der Ermittlung befasste Polizisten als Zeugen angehört.
Auf der Zeugenliste der Staatsanwaltschaft stehen die Namen zahlreiche Personen, die direkt oder indirekt mit der Geschichte befasst waren: Neben Gatterer auch SAD-Direktor Mariano Vettori, aber auch Carmen Larcher vom Motorisierungsamt des Landes oder Thomas Mathà, damals Direktor der Ausschreibungsagentur des Landes und heute Staatsratsrichter. Dazu mehrere leitende Landesbeamte u.a. die aktuelle Rechtsamtsleiterin Alexandra Roilo.
Im Laufe des (langen) Prozesses könnte sich freilich ergeben, dass die Prozessparteien darauf einigen, auf gewisse Namen aus den Zeugenlisten zu verzichten. Denn wie es aussieht, wollen die Verteidiger von Burger und Silbernagl nicht die Karte der Verjährung spielen, sondern auf einen vollen Freispruch setzen.
Den Annullierungsbeschluss hatte schließlich die Landesregierung gefasst und dies geschah – jedenfalls der richterlichen Archivierungsverfügung zur Position des Landeshauptmannes nach – im Interesse der Allgemeinheit bzw. der kleinen Busunternehmen.
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Kommentare (2)
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hallihallo
unglaublich: solange das busgeschäft in italienischer hand war, gab es kaum prozesse. seit die südtiroler im linienbusgeschäft das sagen haben, hört man andauernd nur von prozessen und tricksereien.