Bandenkrieg am Obstmarkt
Die Massenschlägerei am Wochenende am Bozner Obstmarkt wurde laut Zeugen von zwei verfeindeten (ethnischen) Gruppen geführt. Am Mittwoch berät das Sicherheitskomitee über Gegenmaßnahmen.
Von Thomas Vikoler
Der Gewalteinbruch am Bozner Obstmarkt war aus der Sicht der Behörden nicht vorhersehbar. Auch wegen der erheblichen Kälte in der Nacht. Eine Patroullie der Stadtpolizei war zehn Minuten vor Beginn der Massenschlägerei in der Nacht vom vergangenen Samstag auf Sonntag vor Ort, wurde aber zu einem Unfall gerufen.
„Die Staatspolizei kam erst 35 Minuten später, als die Schlägerei bereits vorbei war“, berichtet der Inhaber einer Bar im oberen Teil des Bozner Obstmarktes.
Dort spielten sich ab 1.30 Uhr wilde Szenen ab: Ein im Gesicht blutender Mann läuft zunächst in Richtung Kapuzinergasse, dann fliegen Müllkübel, Tische und Gläser durch die Luft.
Ein gutes Dutzend Männer liefern sich mitten in Bozen eine Massenschlägerei, die auch auf Unbeteiligte übergreift: Ein Kellner eines Lokals wird von einer Flasche am Kopf getroffen und muss sich später im Spital verarzten lassen. Zwei weitere Mitarbeiter eines Lokals werden von Fausthieben getroffen, ebenso wie ein Gast.
Dann löst sich das Ganze von allein auf, die Teilnehmer der Schlägerei verlassen den Obstmarkt. Dann kommt die Polizei.
„Es handelt sich um die Mitglieder von zwei Gruppen oder Banden, einer albanischen und einer marokkanischen“, weiß der Inhaber einer Obstmarkt-Bar, „die waren bereits öfter hier und sind unangenehm aufgefallen“.
Die Polizei identifiziert am Sonntag aufgrund mehrerer Videos von Überwachungskameras insgesamt acht Personen. Es handelt sich größtenteils um polizeibekannte Personen, von denen einige mit einem Platzverbot (Daspo) belegt worden waren. Sie dürften wegen Teilnahme an einer Schlägerei („rissa“) angezeigt werden, darauf steht eine Geldstrafe von höchsten 2.000 Euro.
„Die Teilnehmer der Schlägerei sind leicht erkennbar“, sagte Bozens Bürgermeister Renzo Caramaschi nach Sichtung eines der Überwachungsvideos, „sie wirken ziemlich betrunken“
Die Bozner Stadtverwaltung sieht sich wieder einmal der Kritik mehrerer Oppositionsparteien – Lega, Fratelli d`Italia und auch der nicht im Gemeinderat vertretenen Südtiroler Freiheit – ausgesetzt, nicht genügend gegen die Gewalt am Obstmarkt zu unternehmen.
„Das Problem liegt in erster Linie auf gesetzlicher Ebene, das darin besteht, dass organisierte Gruppen den Platz für sich einnehmen und kaum eine Handhabe gegen sie besteht. Da kann der Bürgermeister noch so viele Daspos gegen sie aussprechen“, sagt Jugendstadtrat Angelo Gennaccaro.
Gennaccaro war am Samstagabend eine gute Stunde vor der Schlägerei am Obstmarkt und hatte dort Jugendliche aufgefordert, ihre mitgebrachten Lautsprecher leiser zu schalten. „Ich wurde sofort von einer Gruppe umringt und gefragt, was ich wolle“, berichtet der Stadtrat.
Seit vergangenem Herbst gilt am Obstmarkt eine neue Verordnung gegen die Auswüchse des Nachtlebens, die nun verschärft werden könnte. „Bisher hat sie gut funktioniert, wir denken darüber nach, was wir ändern könnten“, so Caramaschi.
Am Mittwoch tritt im Regierungskommissariat das Landeskomitee für die öffentliche Sicherheit zusammen, um vornehmlich über die Massenschlägerei vom vergangenen Sonntag in Bozen zu beraten. Angekündigt sind mehr Kontrollen am Obstmarkt, auch wenn Bürgermeister Caramaschi auf den allgemeinen Personalmangel bei Polizei und Carabinieri hinweist.
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