Schwierige Suche
Gerade einmal 80 Plätze für Obdachlose hat das Land gefunden. Insbesondere die Gemeinden finden kaum Strukturen. Oder mangelt es einfach an der Bereitschaft?
von Markus Rufin
Für vier Tage musste die Turnhalle der Wirtschaftsfachoberschule „Heinrich Kunter“ in Bozen als Obdachlosenlager herhalten. Weil die Nachfrage nach Schlafplätzen so groß war und das Land nach dem Erfrierungstod des jungen Ägypters im Dezember in Bozen beschlossen hatte, dass auch Turnhallen im Notfall als Schlafplatz herhalten müssen, übernachteten vergangene Woche 25 Wohnungslose darin.
Die Schule, die anderen Vereine, die die Turnhalle nutzen, sowie die Gemeinde wurde davon überrascht. Letztendlich blieb ihnen allen aber keine andere Wahl.
Mittlerweile steht die Turnhalle aber wieder zur Verfügung. Die 25 Obdachlosen, die in der Turnhalle übernachteten, wurden in das Ex-Alimarket nach Bozen Süd übersiedelt. Dort wurde wieder Freiraum geschaffen, weil das Land 80 Plätze in CAS-Strukturen zur Verfügung gestellt hat.
„Im Rahmen der periodischen Überprüfung, die das Regierungskommissariat regelmäßig durchführt, hat es uns mitgeteilt, dass 80 weitere Personen in CAS-Strukturen untergebracht werden können“, erklärt der Ressortdirektor für Soziales, Luca Critelli. Es handle sich um fast ausschließlich alleinlebende Männer, die nun in bereits bestehende Strukturen aufgenommen werden.
Zumindest vorübergehend ist die Notwendigkeit der Verwendung der Turnhalle damit gelöst. Doch wie die Erfahrungen der letzten Tage gezeigt haben, könne sich das auch schnell wieder ändern. Wie die TAGESZEITUNG bereits letzte Woche berichtet, ist es schwer einzuschätzen, wie viele Obdachlose es in Südtirol gibt, da diese sich ständig bewegen. Die Streetworkingdienste haben aber 2021 über 1.000 Obdachlose wiedererkannt.
Critelli betont daher, dass es notwendig ist, weiterhin Ausschau nach neuen Strukturen zu halten. Das Land benötige sowohl weitere CAS-Strukturen als auch Immobilien für Obdachlose. Besonders sucht das Land derzeit nach Strukturen außerhalb von Bozen und Meran, da diese aktuell die Hauptlast tragen und das Sozialressort eine ausgewogene Verteilung zu gewährleisten.
Bereits im November hat das Land daher die Gemeinden dazu aufgerufen, nach weiteren Strukturen zu suchen, im Dezember wurde dieser Aufruf mit Nachdruck des Landeshauptmannes erneuert.
„Vor rund einer Woche hat die Vermögensabteilung des Landes eine Marktrecherche auf seiner Webseite veröffentlicht, über die Immobilien gemeldet werden können“, berichtet Critelli. Auch Privatpersonen könnten so Immobilien melden. Allerdings hat bisher weder die Markrecherche noch der Aufruf an die Gemeinden viel Erfolg gezeigt. „Es stimmt, die Sucher verläuft sehr schleppend“, bestätigt der Ressortdirektor.
Bisher haben die Gemeinden nämlich keine Struktur gefunden, die für Obdachlose oder Flüchtlinge zur Verfügung gestellt werden konnte. Auch das ehemalige Schülerinnenheim Maria Ward, das in Kürze bis Ende April Platz für 25 Obdachlose bieten wird, ist im Landesbesitz.
In erster Linie habe das damit zu tun, dass es schwierig sei, geeignete Strukturen zu finden, sagt Critelli: „Ein leerstehendes Gebäude, das in einem schlechten Zustand ist und umfassend saniert werden müsste, ist für uns uninteressant.“ Doch selbst wenn eine Struktur geeignet sei, mangle es am Interesse der Eigentümer, da diese andere Pläne, beispielsweise einen Umbau, verfolgen.
Die fehlende Bereitschaft, Immobilien bereitzustellen, sei prinzipiell ein großes Problem: „Diese werden nicht immer und überall gerne gesehen. Die Bereitschaft der Gemeinden, Immobilien aktiv zu melden, ist nicht überall gleich groß.“
Die Bürgermeister wüssten zwar meist genau darüber Bescheid, welche Immobilien geeignet wären, treten mit den Eigentümern dann aber häufig nicht in Kontakt, weil sie keine Obdachlosen oder Flüchtlinge in ihren Gemeinden wollen.
Laut Critelli ist es dennoch wahrscheinlich, dass in den kommenden Monaten weitere CAS-Strukturen neu aktiviert oder reaktiviert werden. Schließlich gebe es noch einige Gebäude, die bereits als Flüchtlingsunterkunft gedient haben, in der Zwischenzeit aber wieder aufgelassen wurden.
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Kommentare (1)
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pingoballino1955
Wo bleiben die Verantwortlichen für diese Misere im reichen Südtirol? Man sollte sie wegen unterlassener Hilfeleistung ANZEIGEN!