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Zu gut für die Tonne

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Im Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung wird auch immer wieder über das Mindesthaltbarkeitsdatum diskutiert. Braucht es eine Reform? 

von Lisi Lang

Südtirolweit entsorgt jeder Bürger jährlich 27,5 Kilogramm Lebensmittel ungenutzt. Das ist zwar deutlich weniger als beispielsweise in Deutschland, wo jeder Bürger durchschnittlich 78 Kilo Lebensmittel pro Jahr wegwirft, aber immer noch zu viel für die Tonne – vor allem, weil einiges davon noch genießbar wäre.

Weitaus am meisten Lebensmittel werden in privaten Haushalten weggeworfen, deswegen wird im Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung auch immer wieder über verschiedene Möglichkeiten und Maßnahmen diskutiert, um diese Zahl zu reduzieren und noch genießbare Produkte vor der Mülltonne zu retten.

In Deutschland wird derzeit über eine Reform bzw. eine Abschaffung des Mindesthaltbarkeitsdatums auf der Verpackung diskutiert. Warum? Weil Lebensmittel oft ungeöffnet im Müll landen, nur weil das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten wurde. „Es trifft leider nach wie vor zu, dass noch genießbare Lebensmittel entsorgt werden, nur weil das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten wurde“, weiß Silke Raffeiner, Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Südtirol.

Die Ernährungsexpertin erwartet sich deswegen auch, dass in absehbarer Zeit auf europäischer Ebene ein neuer Vorschlag kommt, damit Verbraucher das Mindesthaltbarkeitsdatum und das Verbrauchsdatum besser unterscheiden können.

Es gibt nämlich einen großen Unterschied zwischen diesen beiden Kennzeichnungen, manche aber kennen ihn nicht, bedauert Silke Raffeiner. „Ein Verbrauchsdatum gibt an, innerhalb wann man die Lebensmittel verwenden soll“, erklärt die VZS- Ernährungsexpertin. So z.B. bei leicht verderblichen Produkten. „Mindestens haltbar bis…“ bedeutet hingegen nur, dass der Hersteller bis zum Ablauf des MHD garantiert, dass das Produkt bei richtiger Lagerung haltbar ist. „Viele Lebensmittel sind aber auch nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums noch genießbar“, unterstreicht Silke Raffeiner, die zuletzt aber auch beobachtet hat, dass erste Hersteller unter oder neben dem Mindesthaltbarkeitsdatum anführen, dass das Produkt auch über dieses Datum hinaus genießbar sein kann. „Auch das könnte eine Möglichkeit der Kennzeichnung sein, dass die Menschen sehen, dass das Produkt auch über dieses Datum hinaus genießbar sein kann“, erklärt die VZS-Ernährungsexpertin.

Aber wer entscheidet eigentlich, wie lange ein Produkt mindestens haltbar ist? Oder gibt es klare Regeln für das Mindesthaltbarkeitsdatum? „Im Grunde können die Hersteller das Datum selbst wählen“, erklärt Silke Raffeiner. „Vom Prinzip her sollte es das Datum sein, bis zu dem das Lebensmittel in der verschlossenen Originalpackung seine Eigenschaften bewahrt, also die sensorischen Eigenschaften wie Geruch, Geschmack oder auch Konsistenz.“

Es gebe aber keine gesetzlichen Vorgaben, wie lange genau das sein muss. Deswegen soll es auch immer wieder vorkommen – so die Kritik von Verbraucherschützern in Deutschland – dass einige Unternehmen bewusst ein kürzeres Mindesthaltbarkeitsdatum angeben, um z.B. mehr Frische zu suggerieren. Auch können ähnliche Produkte ein anderes Mindesthaltbarkeitsdatum aufweisen. „Die Hersteller werden sich sicher ihre markttechnischen Überlegungen machen, vielleicht auch, um einen Vorteil gegenüber vergleichbaren Produkten zu haben“, so Silke Raffeiner. Einheitliche Regeln wären deswegen sicher ebenfalls ein möglicher Schritt in die richtige Richtung, meint Silke Raffeiner.

Ob eine generelle Abschaffung des Mindesthaltbarkeitsdatums auf den Verpackungen für lange haltbare Produkte der richtige Weg ist, kann die Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Südtirol nicht abschätzen. „Für mich ist das Datum schon auch eine Orientierung für die Vorratshaltung. Wir empfehlen ja immer, dass man Produkte, die man schon länger zu Hause hat, im Kühlschrank oder im Regal nach vorne räumen und früher verbrauchen soll und länger haltbare hinten einräumt – aber wenn dann plötzlich gar nichts mehr auf der Verpackung steht, wird das schwierig“, meint Silke Raffeiner.

Wichtig bleibt die Sensibilisierung der Verbraucher: Ein Mindesthaltbarkeitsdatum ist nicht das gleiche wie ein Verbrauchsdatum. Am besten sei es deswegen immer, mit Hausverstand vorzugehen – und das Produkt noch einmal zu überprüfen, bevor es in die Tonne wandert.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (3)

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  • george

    „Südtirolweit entsorgt jeder Bürger jährlich 27,5 Kilogramm Lebensmittel ungenutzt.“
    Frau Lang, ich gehöre auch zu „jeder Bürger“ und ich entsorge sicher nicht jährlich 27,5 kg Lebensmittel. Wer so in einem Artikel verallgemeinert, wird sicher nicht auf allzu großes Verständnis stoßen. Geben Sie doch konkret diejenigen Produzenten/Konsumenten und Entsorger an, die das tatsächlich leichtfertig und im Überfluss so tun und lassen Sie jene Bürger/in in Ruhe, die ohnehin um jeden Brosamen sparen müssen. Differenzieren Sie in Zukunft genauer.

    • andreas

      Na ja, bei diesem komischen Verein der fragt, ob man Rassist ist, warst du begeistert.
      Nun schreibt Frau Lang, dass je Bürger 27,5 kg Lebensmittel weggeworfen werden, was natürlich ein Durchschnitt ist und du meinst dich aufregen zu müssen.

  • tirolersepp

    Die Verbraucherzentrale Südtirol spricht von 68,4 kg in Südtirol !!!

    Journalismus schweres Geschäft !!!

    Trotzdem haben sie Recht viel zu viel wird weggeworfen !

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