Die Naja-Debatte
Der Landtag ist gegen eine Rückkehr der Wehrpflicht. Stattdessen sollen die jungen Menschen im verpflichtenden Zivildienst wertvolle Erfahrungen sammeln.
von Matthias Kofler
Der Landtag hat sich mit einer breiten Mehrheit von 26 Ja, vier Nein bei zwei Enthaltungen gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht ausgesprochen. Hintergrund ist eine Gesetzesinitiative von Senatspräsident Ignazio La Russa, die einen freiwilligen 40-tägigen Wehrdienst für junge Menschen vorsieht. Den Teilnehmern des grün-weiß-roten Crashkurses sollen unter anderem Maturapunkte, Extraprüfungen beim Studium und Vorteile bei öffentlichen Wettbewerben winken.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) fragte sich, ob es zumutbar sei, dass man als Südtiroler die Liebe zum italienischen Staat lernen müsse. Seine Fraktionskollegin Myriam Atz Tammerle erklärte: „Ich spreche als Mutter und will niemals, dass mein Sohn oder schon gar nicht meine Tochter für einen Staat, der nicht der ihre ist, in den Krieg ziehen muss.“
Carlo Vettori (Forza Italia) kritisierte, dass in diesem Fall über Dinge diskutiert werde, die nicht Realität sind, dies sei Zeitverschwendung. Es gebe keine Militärpflicht und auch keinen freiwilligen Militärdienst. Was sei andererseits mit dem Schützenbund? Sollten den Schützen ihre Waffen genommen werden? Lega-Landesrat Massimo Bessone sagte, dass er sich gerne an seine Zeit beim Militär erinnere. Er habe sich damals gut unterhalten und einiges gelernt.
Ulli Mair (Freiheitliche) rief den Abgeordneten in Erinnerung, dass sich der Landtag bereits vor über einem Jahr für die Schaffung eines verpflichtenden Zivildienstes und die Stärkung des freiwilligen Landeszivildiensts ausgesprochen habe. „Wie wir spätestens seit der Corona-Pandemie wissen, leidet unser Gesundheits- und Pflegewesen unter einem schwerwiegenden Personalnotstand. Im Rahmen des Zivildienstes könnte man jungen Menschen wieder die Gelegenheit bieten, Einblicke in diese Berufsbilder zu gewinnen, womit man deren Attraktivität stärken und längerfristig dafür sorgen könnte, dass sich wieder mehr junge Leute für sie begeistern“, sagte Mair.
Der allgemeine Militärdienst sei teuer gewesen und habe wenig gebracht, unterstrich Landeshauptmann Arno Kompatscher. Die Landesregierung setze sich für die Ausweitung des Zivildienstes ein, entsprechende Initiativen seien gesetzt worden. Die Mittel im Landeshaushalt dafür seien nicht gekürzt worden.
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Kommentare (27)
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annamaria
Zivildienst wäre auf alle Fälle äusserst wichtjgl, da kann ich Frau Mair 100% beipflichten. Die Argumente des STF, dass es nicht ihr Staat sei, empfehle ich endlich ins Heimatland auszuwandern und nicht unsere Steuergelder zu verschwenden!!!
besserwisser
da reden leute mit die keine ahnung haben weil sie die sogenannte naja nicht gemacht haben.
wer keine erfahrungswerte hat sollte sich nobel zurückhalten …
gulli
Zitat: „ Der allgemeine Militärdienst sei teuer gewesen und habe wenig gebracht“
wenn wir danach urteilen müssten, dann müssten wir den Landtag auch abschaffen!
perikles
Als jemand, der noch 12 Monate Militärdienst gemacht hat, muss ich sagen, dass er mir nicht geschadet hat. Mein Italienisch wurde besser, ich kam in Gegenden die ich wohl nie besucht hätte, man lernt Teamfähigkeit und neue Leute kennen. Nur finanziell wars ein Desaster, die 5000 Lire pro Tag reichten hinten und vorne nicht.
andreas
Deshalb haben wir beim Campo in Auronzo immer Geld zusammengelegt und Zweilterflaschen mit billigem Schnaps gekauft.
Blöd war halt, dass der Fahrer des Lasters der uns rumgefahren hat, auch mitgesoffen hat. 🙂
artimar
Dass militärischer Zwangsdienst nicht geschadet haben soll, ist halt auch nichts anders als eine Mär und eine Verharmlosung. Es gab Formen der Entwürdigung, Suizide …
Sie sollten die Studien, all die Erfahrungs- und Medienberichte von damals nachlesen.
karel
Ich habe den Text des Antrags Nr. 651/22 „Nein zur Wehrpflicht in der Autonomen Provinz Bozen“ gelesen, der von den Ratsmitgliedern der Fraktion „Süd-Tiroler Freiheit“ eingereicht wurde.
Der erste Fehler besteht darin, dass immer wieder von der Abschaffung der Wehrpflicht gesprochen wird. Die Wehrpflicht wurde jedoch nie abgeschafft, sondern am 30. Juni 2005 ausgesetzt; sie kann auch wieder eingeführt werden, dazu bedarf es nur eines Dekrets des Präsidenten der Republik.
Zu diesem Zweck sind die Gemeinden (alle! Auch in Südtirol) immer noch verpflichtet, Wehrpflichtlisten zu erstellen, in die die männlichen italienischen Staatsbürger mit 17 Jahren eingetragen werden.
„Die Wehrpflicht wird durch Erlass des Präsidenten der Republik nach Beratung im Ministerrat wieder eingeführt, wenn die Zahl der freiwilligen Wehrpflichtigen nicht ausreicht und die freien Stellen je nach den Mobilisierungsmodalitäten nicht durch die Wiedereinberufung von freiwilligen Wehrpflichtigen, die nicht länger als fünf Jahre aus dem Dienst ausgeschieden sind, besetzt werden können, und zwar in folgenden Fällen
(a) wenn gemäß Artikel 78 der Verfassung der Kriegszustand erklärt wird; b) wenn eine schwere internationale Krise, in die Italien unmittelbar oder aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einer internationalen Organisation verwickelt ist, eine Erhöhung der zahlenmäßigen Stärke der Streitkräfte rechtfertigt“.
(auch zur Unterstützung der von Naturkatastrophen betroffenen Bevölkerung und zur Wiederherstellung der öffentlichen Infrastruktur)
Da hat der Abgeordnete Carlo Vettori nicht unrecht, er kritisierte, dass in diesem Fall über Dinge diskutiert werde, die nicht Realität sind, dies sei Zeitverschwendung.
brutus
Die STF tut so als ob die Wehrpflicht abgeschafft wurde, falsch, sie wurde ausgesetzt, also Schaumschlägerei.
Der verpflichtende Sozialdienst wäre eine gute Lebensschule und Abfederung des Notstand es in den sozialen Berufen.
artimar
Es ist zu befürchten, dass die Wiedereinführung
des Wehrdienstes, vor allem aus den bekannten niederen Gründen identitärer Selbsterhöhung und der Verachtung gegenüber anderen, in Italien schrittweise verpflichtend wiederkommt. Dabei geht es erst mal gar nicht um militärische Ausbildung. Das wird selbst von den derzeitigen national-faschistischen Brüdern Italiens nicht behauptet. Es geht um Zucht und (rechte) Indoktrination junger Menschen in ihrem Sinne. Dafür soll es Maturapunkte, Extraprüfungen beim Studium und Vorteile bei öffentlichen Wettbewerben geben.
Manche finden andernorts selbst ein angedachtes soziales Pflichtjahr, z.B in der BRD, als fragwürdig. „Solidarität lässt sich nicht verordnen“, heißt es. Im politischen Italien hat es fast ohne jeglichen Widerspruch hingegen dann sogar verordnete „Liebe“ zu atavistischem Nationalkult und Verachtung gegenüber anderen, die heute noch in der Nationalhymne angestimmt wird.
Anstelle von Forderungen gegenüber jungen Menschen sollten deren Meinung und Wünsche stärker berücksichtigt werden, beispielsweise in Bezug auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit. So wie die Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten bewusst mit Natur und Umwelt umgegangen sind, haben die Alten kein Recht, von den Jungen noch mehr Pflichten einzufordern. Das Gegenteil ist der Fall: Die älteren Generationen müssen endlich ihrer eigenen Verantwortung gegenüber künftigen Generationen gerecht werden..
placeboeffekt
„So wie die Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten bewusst mit Natur und Umwelt umgegangen sind, haben die Alten kein Recht, von den Jungen noch mehr Pflichten einzufordern. Das Gegenteil ist der Fall: Die älteren Generationen müssen endlich ihrer eigenen Verantwortung gegenüber künftigen Generationen gerecht werden..“
Diese plakative Forderung sollten Sie schon etwas genauer formulieren, damit man den ideologischen Anstrich dahinter erkennen kann.
Definieren Sie doch „Alt“ und „Jung“ bzw. ältere und jüngere Generation. Sollen also die Rentner, welche in Summe am meisten die Umwelt belastet haben, am meisten Verantwortung übernehmen? Wie wollen Sie dies Verantwortung quantifizieren?
Welche Verantwortung soll nun konkret, laut Ihren Vorstellungen, mein Großvater uebernehmen, welcher 93 Jahre alt ist, nie ein Auto besaß und immer biologisch seinen Schrebergarten betrieb?
Wäre es nicht nachhaltig und kohärent wenn die „juengere Generationen“-wer immer das sein mag- auf Internet, Smartphone , Rechner, Antibiotika, E-Autos , Waschmaschine, Zahnpasta usw. verzichten würde? Schließlich geht das ja auch alles auf die Kappe der „älteren Generationen“
Sich im Leben immer die Rosinen herauszupicken zu wollen mag verlockend sein, aber funktioniert eher selten.
artimar
@placeboeffekt grüßen Sie mal Ihren 93.Großi und lassen Sie aufklären, wie in „in den letzten Jahrzehnten bewusst mit Natur und Umwelt umgegangen wurde“ und was Verantwortung bedeutet. Denn bekanntlich haben wir die Erde nicht von unseren Eltern geerbt – sondern von unseren Kindern geliehen.
olle3xgscheid
Ach diese leeren Sprachhülsen.
Wie sind die den umgegangen, wprd ich gern wissen?
esmeralda
„identitäre Selbsterhöhung und Verachtung gegenüber anderen“ ist besonders bei einigen Oberpatrioten hierzulande zu finden
kirchhoff
Der Allgemeine Wehrdienst lehrt Menschen, was Demokratie und Heimatverteidigung bedeuten. und ganz nebenbei werden auch noch Tugenden vermittelt, welche die Mütter daheim jubeln lassen!
e.k.
Disziplin, Respekt, Gehorsam, Ordnung usw. … werden bzw. wurden beim Wehrdienst bzw. Zivildienst vermittelt. Es würde manch Jugendlichem heutzutage sehr gut tun, diese Werte vermittelt zu bekommen. Alle jene die nicht gedient haben, sollten in diesem Forum besser keine Stellungnahme abgeben.
fakt60ist
e.k. bin da voll Deiner Meinung. Alle die den Wehrdienst geleistet haben, konnten viel fürs Leben lernen. Disziplin, Respekt, die zweite Sprache. Und noch was….es gab kaum Probleme zwischen Italienern und Südtirolern. Also für die heutige Jugend wäre es die Größte Berreicherung für’s anständige Leben.
andreas1234567
Hallo aus D,
diese Diskussion ist einfach verlogen. Die Sozialsysteme sind kaputtgespart und auch in D will man eigentlich nicht so recht eine Wehrpflicht wieder, man vermisst aber die billigen Arbeitskräfte im Zivildienst.
Es ist zudem zutiefst ärgerlich wenn Politiker die keinerlei Probleme damit hatten Kinder und Jugendliche monatelang einzusperren, ihnen diese Gehorsamkeitslappen zu verpassen selbst als halb Europa das sogar schon in Altenheimen und Spitälern abgeschafft hatte ( hatte Rom so angeschafft, konnte man nichts machen) und denen wichtige Entwicklungsjahre schlicht aus Panik und Dummheit genommen wurden (unwiederbringlich) nun auf einmal noch einmal ein Lebensjahr in diese ach so tolle Zivilgesellschaft hineinopfern sollen.Das wollen wohl ziemlich viele gern vergessen aber ein Hund hatte monatelang mehr Rechte als ein Kind, der durfte jederzeit hinaus wenn er „musste“ und traf dann auch Hundegenossen.
Es ist gar seltsam, in anderen Staaten wo es halbwegs oder gut funktionierende Sozialstrukturen gibt (Skandinavien,Benelux) ist diese Diskussion nicht einmal ansatzweise vorhanden.
Und noch eine letzte Frage, was muss denn eigentlich ein Jugendlicher so alles an kriminellem Zeugs anstellen damit er zu einem Jahr Sozialdienst verdonnert wird?
Widerliche Diskussion, eine geizige Gesellschaft und ideenlose Politiker brauchen eine Armee an billigen Halbsklaven die am liebsten um 1 Euro die Stunde Deppenarbeiten in den Sozialsystemen leistet.
Das mit der „verkommenen und faulen Generation“ ist schlicht gelogen und vorgeschoben, es gab in jeder Generation Idioten und Taugenichtse, hier muss man schlicht festhalten der Eindruck wird verfälscht durch geduldete und durch die Sozialindustrie teuer umsorgte Parallelgesellschaften die natptürlich alle Traumatisiert sind, ein schlechtes Elternhaus hatten oder sonstwie beklagenswert benachteiligt sind.
Letztendlich auch ein Eigentor, die Arbeitslosenquote in Südtirol liegt im Krümelbereich, das Land betrügt sich hier um die Sozialabgaben eines Jahres wenn man die Jugend ein Jahr vom Arbeitsmarkt zurückhält.Das rechnet sich vielleicht in chronisch gescheiterten Regionen Italiens mit Jugendarbeitslosigkeit zwischen 20 bis 30 %
Man kann sich nur an den Kopf fassen..
Auf Wiedersehen in Südtirol
olle3xgscheid
Würde ausserdem auch die Mädchen schicken 😉
meintag
Da Hier Viel von den jungen Leuten ein Jahr nehmen gesprochen wird? In den letzten Dekaden wurden die Schulstufen immer wieder auf Jahre erweitert. Es war doch immer wieder Fakt dass damit die Jugendarbeitslosigkeit inoffiziell gedrückt wurde. Nun da mit über 10 Jahren Pflichtschule wieder mal politisch die Frage gestellt ist Wie machen Wir weiter, kommt halt ein 40zig tägiger Grundkurs im Fach Militär ins Spiel. Diese Tage können dann sicher verpflichtend verlängert werden.
Zum Zivildienst und der Bezahlung nur soviel: auch ein weiteres verpflichtendes Schuljahr bringt dem einzelnen Studenten monetär Nichts.
Übrigens habe ich meinen Militärdienst vor fast 40 Jahren abgeleistet. Die Bezahlung war zwar mies, aber im Rückblick waren es andere Dinge die sich im Positiven auf mein weiteres Leben ausgewirkt haben.