„Dinge konkret anpacken“
Betonierte Plätze, unbeliebter Irpef-Zuschlag, Teuerung und ihre Folgen für Bruneck – sowie die Frage: Landtag oder Rathaus? Bürgermeister Roland Griessmair im Gespräch zum Start in ein politisch spannendes Jahr.
TAGESZEITUNG: Herr Bürgermeister, immer wieder schwingt in Bruneck der Vorwurf mit, dass die Stadt zubetoniert würde. Stichwort: Tschurtschenthaler Park. Ist da etwas dran?
Roland Griessmair: Man muss schon ehrlich sein: Im Projekt rund um den Tschurtschenthaler Park stecken drei Grünflächen – jene bei den Ursulinen, jene beim Kino und jene am Standort alter Busbahnhof. Gleichzeitig errichtet die Gemeinde die Stegener Beach. Und rund um das alte Eisstadion wurden zwei weitere Flächen angekauft, mit der Absicht weitere Naherholungszonen zu schaffen. Im nächsten Jahr wird zudem das riesige Areal beim Nordring als Schreber- und Gemeinschaftsgärten-Anlage adaptiert. Noch nie wurden bewusst so viele Bereiche als Grünflächen konzipiert. Nebenbei läuft das Biodiversitäts-Projekt. Wenn morgen erste Schritte des Verkehrskonzeptes umgesetzt werden, kommen weitere Grünflächen hinzu, innerstädtisch und entlang des Flussraumes bei den Promenaden. Damit werden sehr interessante Flusserlebnisräume geschaffen.
Und der Tschurtschenthaler Platz…
Dies wird ein großer Platz, weil er der Ort für Veranstaltungen in Bruneck wird. Daraus ergeben sich Einschränkungen. Der Tschurtschenthaler Platz ist natürlich für die großen Vereinsfeste von Bedeutung, aber vielmehr für die kleinen Ereignisse. Ein Beispiel: Sobald der Kindergarten den Martinsumzug organisiert, muss man dort einen Tee oder eine Suppe reichen können. Zudem ist mobiles Stadtmobiliar vorgesehen, um Grün und Sitzgelegenheiten zu schaffen.
Ist es insofern reine Bosheit oder eine politische Strategie, dass Ihnen vorgeworfen wird, ein Beton-Bürgermeister zu sein?
Ich habe aufgezählt, wie viele Grünflächen wir schaffen. Und jedem, der nach Bruneck schaut, fällt auf, dass dort sehr viel geschieht, dass eine tüchtige Gemeindeverwaltung am Werk ist. Eisstadion, Mobilitätszentrum, Noi-Techpark und vieles, vieles andere mehr: Wer viel schafft, hat halt auch viele Neider.
Große Strukturen, steigende Energiekosten: Bereuen Sie manches, etwa den Bau der Intercable Arena, weil es einfach zu viel geworden ist?
Die Energiekrise konnte niemand vorhersagen, sie erwischt alle. Man muss nur nach Innichen oder Sand in Taufers schauen, wo dies sogar eine Gemeindekrise ausgelöst hat. Aus dieser Energiekrise abzuleiten, dass Dinge zu groß gebaut wurden, ist eine sehr oberflächliche Betrachtungsweise. Wir haben die Dinge mit sehr viel Bedacht finanziert, auch im Hinblick auf die laufenden Kosten. Wir haben sehr intelligente Konzepte ausgewählt. Laufende Kosten sind bei uns ein permanentes Thema.
Wie kann man laufende Kosten in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen in den Griff bekommen?
Wir haben mit den Stadtwerken ein Investitionspaket konzipiert, das uns unabhängig vom Gas machen wird – innerhalb von zwei Jahren. Damit haben wir die Kosten für Wärme gut im Griff, das gilt für die Gemeinde genauso wie für die privaten Haushalte. Wir investieren zudem massiv in den Bereich Photovoltaik und Alternativenergie: Nahezu auf jedem öffentlichen Gebäude werden wir Investitionen tätigen, in Zukunft im Zusammenspiel mit einer Energiegemeinschaft. Das wird ein wichtiges Thema. Wir haben einen Irpef-Zuschlag auf zwei Jahre ausgerichtet, eben weil wir davon ausgehen, dass wir dann unabhängig vom Gas sein werden. Die positiven Auswirkungen aufgrund der von uns getätigten Investitionen im Bereich Energie werden dann spürbar werden. Und alle unsere Maßnahmen sind auch im Sinne der Nachhaltigkeit wertvoll.
Stichwort Irpef-Zuschlag: Sie haben dafür Kritik geerntet, weil diese Maßnahme den Mittelstand treffe…
Was ist die Definition von Mittelstand? Nur acht Prozent der Lohnabhängigen sind von dieser Maßnahme betroffen. Wenn man von Wohlhabenderen spricht, gehe ich von den oberen 15 Prozent aus. Der Mittelstand liegt, wie das Wort sagt, in der Mitte. Eigentlich muss man sagen: 92 Prozent der lohnabhängigen Bruneckerinnen und Brunecker sind von dieser Regelung nicht betroffen.
Bemerken Sie, dass Inflation und Teuerung zu einem sozialen Problem in Ihrer Gemeinde werden?
Klar: Die Preissteigerung zeigt ihre Konsequenzen, besonders betroffen sind Menschen mit niedrigen Einkommen, die sich zunehmend schwertun. Zwei Bereiche liegen uns deshalb besonders am Herzen: Wir möchten in jedem Dorf Kleinkinderbetreuungs-Einrichtungen schaffen. Die Eltern sollen möglichst gut Familie und Beruf vereinen können. Der zweite Bereich betrifft das Wohnen, ganz besonders für Senioren. Wir werden bald den Bau des Sozialzentrums in St. Georgen ausschreiben. Auch beim Seniorenzentrum Kapuzinerpark sowie beim Sozialzentrum Dietenheim möchten wir die Grundlagen schaffen. Intensiv arbeiten wir zudem an einem Mehrgenerationen-Haus in Bruneck und an der neuen, innovativen Wohnbauzone beim Militärareal Enrico Fermi. Gerade im Bereich Wohnen und Kinderbetreuung wollen wir etwas weiterbringen.
Am Anfang Ihrer Amtszeit haben Sie vor allem die Agenden Mobilität betreut, jetzt kümmern Sie sich verstärkt um soziale Themen. Was macht Ihnen mehr Freude?
Ich habe in meine persönliche Agenda stets hineingepackt, wo ich dringenden Handlungsbedarf gesehen habe. Das war in der letzten Verwaltungsperiode die Mobilität: Wir haben ein umfangreiches Verkehrskonzept erarbeitet, das jetzt schrittweise umgesetzt wird. In dieser Verwaltungsperiode habe ich das Soziale und die Senioren in meine Agenda genommen, weil es hier ganz, ganz wichtig ist zu handeln. Wir kennen den demografischen Wandel und möchten soziale Spannungen aufgrund dessen in Zukunft vermeiden. Themen wie Mehrgenerationen-Häuser, Seniorenzentren, Kinderbetreuung, Schrebergärten sind momentan sehr wichtig. In Zusammenarbeit mit der Bezirksgemeinschaft werden Josefsheim, Waldheim, Haus des Sozialen und anderes bearbeitet. Das bereitet mich auch viel Freude, ehrlich gesagt mehr als die Mobilität.
Wird Bruneck jetzt auch zu einer Kulturstadt?
Es wird sich einiges verändern. Am Tschurtschenthaler Platz wird es Veranstaltungen im Freien geben. Außerdem wird der Kunstraum eröffnet. In Zusammenarbeit mit dem Museumsverein wurde das Projekt Kunstateliers geboren. Das Kolpinghaus wird zum Theaterzentrum adaptiert und mit dem Noi-Techpark wird ein großes Veranstaltungshaus dazukommen, das für viele kulturelle Zwecke nutzbar sein wird. Bruneck ist eine Kulturstadt, mit einem Kulturangebot, das mit weit größeren Städten mithalten kann. Entsprechend benötigen die kulturellen Institutionen und Vereine diese Strukturen.
Im Herbst gibt es Landtagswahlen, mit oder ohne Roland Griessmair?
Den Landtag schließe ich kategorisch aus, das habe ich immer getan. Ich bin ein pragmatisch denkender Mensch, der entsprechend versucht, Probleme aufzugreifen und zu lösen. Große ideologische Diskussionen liegen mir nicht. Mein Wesen ist es, die Dinge konkret anzupacken und weiterzubringen.
Dann werden Sie bei den Gemeindewahlen 2025 noch einmal Bürgermeister werden wollen?
Das ist noch lange hin. Diese Entscheidung werde ich rechtzeitig treffen und bekanntgeben. Grundsätzlich macht mir diese Aufgabe aber schon sehr viel Freude.
Interview: Silke Hinterwaldner
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Kommentare (5)
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rumer
Hinterbänkler im Landtag macht keinen Spass……erzählte im der Tschurtschenthaler. Viel einträglicher ist sein „Nebenjob“: die Pflege der eigenen BauIng-Firma, die am Zubetonieren von Bruneck hervorragend mitverdient.
robby
Ist dieser Artikel als Wahlwerbung zu verstehen?
dn
Mit SVP im Rücken lässt es sich mit Bauingenieursbüro gut leben.
leser
Wahnsinn
Wie man den Beruf srsselkleber erlernen kann
Gut auf der einen Seite ist es offensichtlich auch schwer Netto 8.000 im Monat zu erwirtschaften oder zu erarbeiten
Denn Politiker ist alles andere als arbeit