Braune Wälder
Andreas Platter, Vizedirektor des Forstinspektorats in Schlanders über die Borkenkäfer-Schäden im Vinschgau, die besonders betroffenen Zonen und welche Maßnahmen ergriffen werden.
TAGESZEITUNG Online: Herr Platter, der Borkenkäfer hat 2022 in Südtirol große Schäden angerichtet. Wie ist die Situation im Vinschgau?
Andreas Platter: Die Situation ist wie im restlichen Landesgebiet bedenklich. Besonders betroffen sind im Bezirk der mittlere und obere Vinschgau und dort besonders die Nordhänge auf einer Meereshöhe zwischen 1000 und 1600 Meter. Schwerpunktmäßig sind es die Gemeinden Laas, Prad und Taufers im Münstertal. Hervorzuheben ist als Vinschger Besonderheit, dass im Großraum Mals/Glurns der Lärchenborkenkäfer feststellbar ist. Er ist im Gegensatz zum Fichtenborkenkäfer, der im restlichen Südtirol vorkommt, etwas weniger aggressiv.
Von wie viel Schadensfläche sprechen wir?
Mit Stand November waren es rund 700 Hektar Waldfläche, das entspricht in etwa zwei Prozent der Waldfläche im Vinschgau. Derzeit sind die Borkenkäfer wegen der Winterruhe inaktiv.
Das Sturmtief Vaja hat den Vinschgau 2018 großteils verschont. Warum hat sich der Borkenkäfer dennoch so stark ausgebreitet?
Die Schäden sind zum einen auf die großen Schneedruckereignisse im November 2019 und im Dezember 2021 zurückzuführen, die viel Schadholz zur Folge hatten. Dieses konnte aufgrund der großen Menge von den Waldeigentümern nicht zeitgerecht aufgeräumt werden, wodurch sich der Borkenkäfer leider gut entwickeln konnte. Dazu kam der außergewöhnlich milde und niederschlagsarme Winter 2021/22, wo bis Ende Mai nur knapp 50 mm Niederschlag gefallen sind. Dadurch konnten sich die Borkenkäfer sehr schnell entwickeln, zumal der Wald ohnehin bereits geschwächt war. Durch die sehr hohen Temperaturen im heurigen Sommer wurde die Entwicklung der Käfer beschleunigt, ihre Zahl ist massiv gestiegen.
Was wird gegen die Schäden unternommen?
Die Käfer ruhen jetzt bis zum nächsten April. Diese Zeit gilt es so gut als möglich zu nützen und die befallenen Bäume zu entfernen. Dabei muss allerdings in erster Linie darauf geachtet werden, dass die Schutzfunktion des Waldes so gut als möglich aufrechterhalten bleibt. Wir entscheiden gemeinsam mit den Grundeigentümern, welche und wie viele Bäume gefällt werden können, damit noch ausreichend Schutz vor Naturgefahren wie Lawinen oder Steinschlägen gegeben ist.
Welche Aufgabe kommt dem Forstinspektorat zu?
Der Landesforstdienst erhebt die Schäden und führt das Monitoring durch, arbeitet fachlich eng mit der Universität Bozen, der Uni Padua und der BOKU Wien zusammen, berät die Waldeigentümer und Forstunternehmer und stellt bei Bedarf kostenlos standortgerechte Forstpflanzen zur Verfügung. Die Waldeigentümer werden durch verschiedene Förderungen finanziell direkt unterstützt. Bei Bedarf werden in Objektschutzwäldern Eigenregiearbeiten durch das Forstinspektorat zur Stabilisierung der Schutzfunktion umgesetzt.
Was passiert mit den anderen Bäumen, die wegen ihrer braun/grauen Färbung optisch hervorstechen?
Von den Bäumen, die bereits im Sommer abgestorben sind, geht keine Gefahr mehr aus. Hier sind die Käfer bereits ausgeflogen. Diese Bäume können auch tot in der Landschaft stehen und etwas Schutz bieten. Anders ist es bei den Exemplaren, die erst im Herbst befallen wurden und in welchen die erwachsenen Käfer derzeit überwintern. Sie sollten entfernt werden.
Die Entfernung des Schadholzes ist viel Arbeit. Sind die Grundeigentümer dazu bereit?
Sie leisten ihr Möglichstes und werden dabei durch Landesprämien finanziell unterstützt, weil die Bringung von Schadholz sehr kostenintensiv ist. Dazu ist zu sagen, dass 87 Prozent der Waldfläche im Vinschgau im öffentlichem Besitz der Gemeinden und der Eigenverwaltungen bürgerlicher Nutzungsrechte ist. Das erleichtert einerseits die Entfernung des Schadholzes, weil sich die Eigentümer der Problematik bewusst sind. Andererseits wird es dadurch auch schwieriger, weil es sich um sehr große Flächen handelt.
Werden die betroffenen Waldflächen wieder aufgeforstet?
Zum Teil. Prioritär ist die Aufrechterhaltung der Schutzfunktion. Ist diese in Gefahr, werden die abgestorbenen Bäume wo möglich belassen und es wird auf Naturverjüngung gesetzt. Dauert das zu lange, kommt es zu Aufforstungen. Mancherorts wird es notwendig sein, temporäre Schutzbauten zu errichten.
Wie lange wird die Borkenkäfer-Plage noch dauern?
Genau kann man das nicht sagen, sicherlich jedoch einige Jahre, wie uns die Erfahrungswerte aus dem Ausland zeigen. Die Entwicklung hängt auch nicht unbedingt von der Klimaveränderung ab, sondern von der Witterung. Ein Baum wehrt sich mit Harztropfen gegen den Borkenkäfer, der dann nicht mehr eindringen kann. Ist es zu trocken, kann der Baum zu wenig Harz produzieren und sein Abwehrmechanismus wird dadurch geschwächt.
Wird der Borkenkäfer wieder ganz verschwinden?
Nein, denn den Borkenkäfer hat es im Südtiroler Wald immer schon gegeben, wenn auch noch nie in einer solch großen Zahl. Dieses Insekt hat eigentlich eine wichtige ökologische Aufgabe: Es befällt geschwächte Bäume, wirkt dadurch als Pionier zu Beginn des Abbauprozesses und die in den Bäumen gespeicherten Nährstoffe werden neuen Bäumen verfügbar gemacht. Nur wenn seine Population aufgrund von Wetterphänomen aus dem Gleichgewicht gerät, wird es problematisch.
Interview: Karin Gamper
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Kommentare (10)
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andreas
Das wirkt alles wie „wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründ ich einen Arbeitskreis“….
Das war doch seit 2019 alles absehbar und wenn man sieht, dasss die Badeoten sich lieber Tricks ausdenken, wie man dem Land Geld abnehmen kann und nicht die Wälder säubern, dort sieht es katastrophal aus, wird halt deutlich, was die Prioritäten der Bauern sind.
Dort liegen Bäume neben dem Bachbett, welche man wohl ohne größeren Aufwand entfernen könnte.
Es wirkt halt, als würde fast keiner einen Finger rühren, wenn er nicht Steuergelder bekommt, so die Aussage eines Waldbesitzers im Eggental, welcher seinen Wald sofort aufgeräumt hat.
brutus
…du scheinst kein Vinschger zu sein! Dort stehen fast alle Wälder in Besitz der bürgerlichen Nutzungsrechte, also auch einem Nichtbauern wie dich!
rumer
@andepperl
87% des Waldes im Vinschgau gehören der Allgemeinheit……also der EsseVuPi, und das Andepperl schimpft auf die Bauern.
Das neue Jahr ist erst zwei Jahre alt und du brauchst schon den Psychologen zum Weiterleben…
morgenstern
Dieses sinnfreie Geschwafel über Ursachen und was man dagegen zu tun gedenkt, ist angesichts der dramatischen Situation mancherorts, eine einzige Bankrotterklärung.
criticus
Ihr Förster und der Schuler seid schon die Richtigen! Während der „Coronazeit“ hätte jeder Zeit gehabt im Wald aufzuräumen und was habt ihr gemacht? Die Leute die arbeiten wollten bestraft. So eine Idiotie! Jetzt holt euch doch selbst den Borkenkäfer aus den Wäldern. Ohne den Warnungen der Schweizer Fachleute würdet ihr wohl heute noch nichts unternommen haben.
robby
Diese armen Forstbeamten. Was waren das doch für schöne Zeiten als sie noch gebraucht wurden um während der Coronazeit Wanderer und Skitourengeher zu jagen.
Vielleicht dem Borkenkäfer jetzt auch einen Strafzettel verpassen?
cosifantutte
Die 11 Milionen, die einer Privatgesellschaft für den Bau der Tierser Seilbahn gegeben wurden, hätten man besser in die Bekämpfung des Borkenkäfers investiert, war ja alles absehbar. Dabei hat man für die Bahn auch noch gesunden Wald gefällt. Wie bestellt, so geliefert eben.
kongo
Tja da hast du leider recht,unsere Landesregierung bevorzugt lieber unsinnige Mamutprojekte.Wichtige Probleme werden auf die lange Bank geschoben,in diesem Fall ist dann halt das Klima die schuld.
dn
Förster, rausgehen und Bäume entrinden! Braucht es überhaupt so viele von diesen Sesselfurzern?
enjoy
I tua 2023 a nix mehr ohne stuiergelder…