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„Wunderwaffe gibt es nicht“

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Eierlikör und Hanföl: Im Internet finden sich teils skurrile Tipps, wie man Hunden die Silvesternacht erträglicher machen kann. Was der Bozner Tierarzt Simon Kirchler dazu sagt.

Tageszeitung: Herr Kirchler, es blitzt und kracht die ganze Nacht – wie schlimm ist die Silvesternacht für Haustiere? 

Simon Kirchler: Sehr schlimm, aber nicht nur für Haustiere sondern vor allem auch für Wildtiere. Zudem sprechen wir mittlerweile nicht einfach nur von einer Stunde in der Nacht, sondern auch tagsüber hört man immer wieder Feuerwerke oder Böller – und das macht es nur schlimmer.

In den Städten hört man bereits Tage vor Silvester die ersten Knaller… 

Leider ja. Man versteht natürlich einigermaßen, dass sich einige an einem Feuerwerk erfreuen, es für viele zur Tradition gehört, aber es wäre wirklich ideal, wenn sich das alles in einem bestimmten Rahmen halten würde und man Kompromisse findet.

Leiden Hunde stärker als Katzen? 

Auch Katzen leiden, aber bei Hunden sieht man es meist stärker. Katzen zeigen ihre Angst nicht so und wie bei Krankheiten ziehen sie sich eher zurück. Hunde hingegen zeigen ihre Angst viel deutlicher, wobei auch nicht alle Hunde gleich reagieren. Die Tiere hören es einfach krachen, können diesen Lärm aber nicht zuordnen, wissen nicht, woher er kommt und wie sie reagieren sollen – viele fühlen sich deswegen bedroht und haben Angst und einige entwickeln sogar eine regelrechte Panik.

Im Internet finden sich viele Tipps, wie man seinem Vierbeiner die Nacht erträglicher machen kann. Was halten Sie von diesen Ratschlägen? 

Es gibt viele Tipps, die helfen können, um das Tier zu beruhigen, aber eine Wunderwaffe gibt es leider nicht. Ratschläge wie sich mit dem Tier beschäftigen, nicht zu übertreiben, dem Tier einen Rückzugsort bieten oder Nähe können helfen, aber wenn es richtig laut knallt, lassen sich die wenigstens ablenken. Zudem ist es auch wichtig, dass sich Tierhalter vorbereiten und rechtzeitig darüber nachdenken, was sie tun können. In akuten Situationen helfen panischen Hunden nämlich meist nur Medikamente.

Werden Beruhigungsmittel immer häufiger verschrieben? 

Es gibt mittlerweile viele verschiedene und auch immer neuere Medikamente, die man einsetzen und gut verwenden kann, um den Hund zu beruhigen und nicht komplett K.o. zu setzen. Aber das muss immer mit dem Tierarzt abgesprochen werden, weil es sich um rezeptpflichtige Medikamente handelt.

Sind homöopathische Mittel eine Alternative? 

Ich weiß nicht, ob Bachblüten und Co. einen wirklich großen Nutzen bringen oder auch ein bisschen zur Beruhigung des Tierbesitzers beitragen. Wenn ein Tier nur leicht gestresst ist, können auch homöopathische Mittel vielleicht ein bisschen helfen, bei Panikzuständen wird das aber nicht ausreichen.

In Internet-Foren wird auch über die beruhigende Wirkung von Hanföl und Eierlikör diskutiert…

Von Eierlikör würde ich abraten, weil es einfach Alkohol ist und die richtige Dosierung wirklich riskant ist – es kann nämlich auch zu einer Alkoholvergiftung kommen. Hanföl hat eine beruhigende Wirkung wie die anderen CBD-Produkte, wirkt auch ein bisschen angstlösend und kann leicht ängstlichen Tieren vielleicht helfen.

Bei Hunden, die panisch reagieren und den ganzen Tag nicht mehr zur Ruhe kommen, helfen all diese Tipps aber wenig…

In solchen Fällen würde ich zu Medikamenten greifen und dies mit dem Tierarzt abklären. Sicher hat es immer einen faden Beigeschmack, Medikamente zu verabreichen, aber diesen Hunden muss man irgendwie helfen. Hier sollte man aber den Tierarzt frühzeitig aufsuchen, damit man präventiv etwas unternehmen kann, damit der Hund diese Tage gut übersteht. Allerdings sollte man das wirklich frühzeitig tun und nicht erst am Nachmittag des 31. Dezember, wenn der Hund schon panisch ist.

Ihre Klinik bietet auch einen Notdienst an – wird dieser in der Silvesternacht häufiger gebraucht als im restlichen Jahr? 

Das kann man jetzt eigentlich nicht sagen. Es ist nicht so, dass viele Hunde wegen Panikzuständen kommen, vielmehr rufen die Besitzer an und fragen, was sie machen können. Auch Verletzungen wegen Knaller oder Feuerwerken sehen wir eher selten.

Interview: Lisi Lang

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