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Ein Fall für den Rechnungshof?

Rathaus in Bozen

Im Präsidium des Bozner Gemeinderates gibt es nun einen weiteren Versuch, die teuren, für die Räte äußerst praktischen Online-Sitzungen fortzuführen. Heute stimmen die Fraktionssprecher darüber ab.

von Thomas Vikoler

Der Bozner Gemeinderat hält pro Jahr rund 70 Sitzungen ab. Seit gut zwei Jahren mit einer Besonderheit: Es gibt kaum Abwesenheiten und die Sitzungsgelder von 120 Euro brutto pro Rat müssen deshalb im vollen Umfang ausbezahlt werden. Der auffallende Sitzungseifer hat damit zu tun, dass die Sitzungen weiterhin (und trotz des Endes der Corona-Pandemie) im „hybriden“ Modus abgehalten werden. Also in Anwesenheit und online über das Concilium-Programm. Eine Möglichkeit, welche rund zwei Drittel der Räte regelmäßig nutzen.

Pro Sitzung kostet sie der Gemeinde 1.500 Euro, die Kosten für die digitale Betreuung durch eine beauftragte Firma aus Bologna. Ein Luxus, den sich hierzulande kein Gemeinderat mehr leistet.

Anfang Dezember fasste die Fraktionssprechersitzung allerdings den Beschluss, das Online-Angebot zu streichen. Jedenfalls fand sich keine Zweidrittel-Mehrheit, es bis Juni zu verlängern. Dafür verantwortlich war eine überraschende Enthaltung von Gabriele Giovannetti, dem Fraktionssprecher der Liste Zanin, der sich zuvor für die Beibehaltung des hybriden Modus ausgesprochen hatte.

Wer gedacht hatte, dass damit die Gemeinderatssitzungen ab Jänner wiederum in Anwesenheit im Gemeinderatssaal im Rathaus (und nicht aus technischen Gründen im großen Versammlungssaal wie in den vergangenen zweieinhalb Jahren) stattfinden würden, täuscht sich.

Gemeinderatspräsidentin Monica Franch (PD) hat das Thema Online-Sitzungen auf die Tagesordnung der heutigen Fraktionssprechersitzung gesetzt. Die Sprecher der Ratsparteien sollen erneut darüber abstimmen. Franch ist offenbar für die Fortführung des Concilium-Programmes ausgesprochen – so wie die Fraktionssprecher von PD, Grünen, Team K, Liste Gennaccaro, Fratelli d`Italia und Liste Zanin, die Anfang Dezember mit Ja votierten. SVP und Lega sprachen sich dagegen aus, die Liste Caramaschi enthielt sich der Stimme.

Es wurde aber, wie gesagt, die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit verfehlt, um eine Ausnahme von der Anwesenheitspflicht im Ratssaal gemäß Geschäftsordnung zu rechtfertigen.

Doch genau hier sind mehrere rechtliche Probleme absehbar, sollten sich die Fraktionssprecher heute für eine Verlängerung des Online-Angebots aussprechen: Wie soll die Ausnahme angesichts des offiziell beendeten Corona-Notstandes begründet werden? Und wer müsste im Falle eines Verfahrens vor dem Rechnungshof für den Schadensersatz aufkommen? Die Fraktionssprecher, die mit Ja gestimmt haben?

Ohne nachvollziehbare Rechtfertigung für die Abweichung von der Geschäftsordnung (die eine Online-Teilnahme lediglich für begründete und genehmigte Einzelfälle ohne zusätzliche Kosten vorsieht), würde nämlich die finanzielle Deckung für einen Beschluss fehlen.

„Dass der Rechnungshof in diesem Fall nicht tatenlos zuschauen würde, davon kann man ausgehen“, sagt ein Kritiker der geplanten Verlängerung.

Bei 70 Sitzungen belaufen sich die Kosten für das Concilium-Programm auf rund 100.000 Euro im Jahr, eine Anwesenheit der Räte ist lediglich bei geheimen Abstimmungen zwingend vorgeschrieben.

PD-Sprecher Alessandro Huber hatte sich sogar für dessen Fortführung bis zum Ende der Amtsperiode, also bis Frühjahr 2025, ausgesprochen.

So leicht kann man sich an die bequeme Sitzungsteilnahme von zuhause aus gewöhnen.

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (2)

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  • enjoy

    Net lai von Zuhause aus, auch im Auto, Restaurant, beim Kochen usw.. Anwesend und doch abwesend, so leicht war no nia is geld verdient. Auf Tube gibt’s sogar welche die sind bei Sitzungen anwesend beim Fallschirmspringen…

  • exodus

    Mit den Steuergeldern wird nach Belieben umgegangen, alles nur zum Vorteil dieser faulen, überbezahlten Bande!! Wer hat denn die gewählt, einfach schlimmer geht nimmer……

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