Das Tribunal der Scheinheiligen
Ein Schreiben des Untersuchungsausschusses zu den SVP-Wahlspenden an die ehemaligen Unterstützer von LH Arno Kompatscher belegt eindrucksvoll, dass dieses Gremium für die Katz ist.
von Artur Oberhofer
Eine hochrangige SVP-Funktionärin schüttelt nur mehr den Kopf: „Dass Helmuth Renzler, der Vertreter der Südtiroler Volkspartei im Untersuchungsausschuss, so einen Brief mitunterzeichnet, ist völlig unverständlich.“
In der Tat.
Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass der Untersuchungsausschuss des Südtiroler Landtages zu den SVP-Wahlspenden so überflüssig ist wie ein Kropf, dann wurde er jetzt geliefert. Und zwar schwarz auf weiß.
Um was geht es?
Am 16. Juni dieses Jahr wurde der Untersuchungsausschuss zum Wahlaufruf (für Landeshauptmann Arno Kompatscher) anlässlich der Landtagswahl 2018 (#WIRNEUSNOI“) eingesetzt.
Die Aufgabe des Untersuchungsausschusses ist es zu prüfen, ob die rund 200 Unterzeichner des Wahlaufrufs aus dem Jahr 2018 zugunsten des scheidenden (und dann wiedergewählten) Landeshauptmanns Arno Kompatscher in der Folge Aufträge vom Land bekommen haben.
Mit anderen Worten: Der U-Ausschuss soll feststellen, ob es für diese Art von Wahlunterstützung für den LH Gegenleistungen in Form von Aufträgen, Landesbeiträgen, Ernennungen oder Beauftragungen gegeben hat.
Die 200 Unterzeichner des Wahlaufrufs sind also potentielle Gauner.
Bereits im September dieses Jahres hat der U-Ausschuss beschlossen, ein Schreiben an alle namentlich genannten Unterzeichner des Wahlaufrufs für Arno Kompatscher zu schicken und diese „höflich“ um Beantwortung der Fragen zu bitten.
Dieses Schreiben, datiert mit 13. Dezember 2013, ist gestern verschickt worden.
Die fünf Fragen, die den damaligen Wahlunterstützern von Arno Kompatscher gestellt werden, haben es in sich.
Denn die Fragestellung impliziert einen Kollektiverdacht. Nämlich: Alle Unterstützer von Arno Kompatscher werden verdächtigt, dass sie für ihre Unterschrift zugunsten des SVP-Spitzenkandidaten in irgendeiner Weise begünstigt worden sind. Unterschrift gegen Knete, Unterstützung gegen fette Landesbeiträge. Es lebe die Vetternwirtschaft!
Bereits bei der ersten Frage muss man die Sinnfrage stellen.
Die erste Frage des U-Ausschusses an die Wahlunterstützer lautet:
- Wie ist es zu Ihrem rechtmäßigen Wahlaufruf gekommen?
Bitte?
Warum müssen sich die rund 200 Wahlunterstützer gegenüber der selbsternannten Sittenpolizei des Landtages rechtfertigen? Es handelt sich ja – wie der U-Ausschuss selbst schreibt – um einen „rechtmäßigen“ Akt.
Was haben die 200 Unterstützer mit ihrer Unterschrift zugunsten von Arno Kompatscher verbrochen?
Doch es wird noch absurder.
Die zweite Frage lautet nämlich:
- Wurden Sie selbst aktiv, oder sind Sie kontaktiert worden? Wenn ja, von wem?
Das heißt, die 200 Unterstützer müssen dem Untersuchungsausschuss verraten, wer sie dazu angestiftet hat, für Arno Kompatscher zu unterschreiben.
Ganz nebenbei: Was geht es, bitteschön, den Untersuchungsausschuss an, warum der Unternehmer X oder der Bürger Y zur Wahl von Arno Kompatscher aufgerufen hat?
Warum soll ein Wahlaufruf für Arno Kompatscher Sünde oder gar strafbar sein?
Die nächsten beiden Fragen sind dann nur mehr lächerlich, denn die Mitglieder des Untersuchungsausschusses hätten nur zwei Minuten googeln müssen, um die richtigen Antworten zu erhalten.
In dem Rundschreiben werden die damaligen Unterstützer von Arno Kompatscher nämlich gefragt:
- Welche beruflichen Funktionen hatten Sie zum Zeitpunkt des Wahlaufrufes im Jahr 2018 inne?
- Welche öffentlichen, ehrenamtlichen oder institutionellen Funktionen hatten Sie zum Zeitpunkt des Wahlaufrufes im Jahr 2018 inne?
Das heißt: Alle guten und weniger guten Menschen, die es 2018 gewagt haben, einen Wahlaufruf für Arno Kompatscher zu unterschreiben, müssen sich jetzt vor diesem Tribunal der Scheinheiligen erklären. Und zwar „innerhalb von 30 Tagen“, so heißt es in dem Rundbrief.
Mehr noch: Der U-Ausschuss denkt allen Ernstes daran, die Mitglieder dieser kriminellen Vereinigung, die es gewagt haben, Kompatscher zu unterstützen, einzuvernehmen.
Die Unterstützer von Arno Kompatscher, so heißt es in dem Rundbrief, würden zu einer Anhörung im Untersuchungsausschuss eingeladen. „Ein genaues Datum wird nach der Sammlung der eventuellen Zusagen mitgeteilt“, so heißt es in dem Brief, der vom Vorsitzenden des Ausschusses, Sandro Repetto, unterzeichnet ist.
Übrigens: Finanziert wird dieser Ausschuss von den Steuerzahlern.
Kommentare (20)
Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen
Du musst dich EINLOGGEN um die Kommentare zu lesen.