Die Bazooka des Obmannes
Jetzt gerät Philipp Achammer ins Fadenkreuz: Welche Rolle spielt der SVP-Obmann in der SVP-Spenden-Geschichte? Warum schweigt der Obmann? Hat er selbst Dokumente weitergegeben?
Die Rolle von Philipp Achammer wird immer fragwürdiger.
Viele Mandatare und Funktionäre der SVP sind über der Verhalten des Parteiobmannes empört und verwundert und fragen sich: Warum schweigt der SVP-Chef zur SVP-Parteispenden-Geschichte?
Warum redet er nicht endlich Klartext?
Warum lässt er es zu, dass der Landeshauptmann von einer Oppositionspartei wochenlang „gegrillt“ wird, ohne dass die Parteioberen sich vor ihn stellen?
Warum legt Achammer, der die Gesamtverantwortung über den Landtagswahlkampf der SVP im Jahr 2018 trägt, nicht alle Dokumente und Rechnungen offen, so wie Landeshauptmann Arno Kompatscher dies bereits seit Wochen fordert?
Warum stellt sich Philipp Achammer nicht vor den Landeshauptmann, wo er doch so „froh und erleichtert“ ist (O-Ton Achammer), dass Arno Kompatscher für ein drittes Mandat zur Verfügung steht?
Welches Spiel spielt Achammer?
Die Situation ist kafkaesk.
Im Fall des Enthüllungsbuches „Freunde im Edelweiß“ hat Philipp Achammer zur Treibjagd auf die Informanten der Buchautoren geblasen.
Nicht der Inhalt des Buches, sondern die Suche nach den Informanten hatte für den SVP-Parteichef Priorität.
Anders in der Spenden-Geschichte:
Da schaut der SVP-Obmann seit Wochen phlegmatisch und achselzuckend zu, wie eine Zeitung und eine Oppositionspartei den Landeshauptmann mit Schmutz bewerfen und sogar der Korruption beschuldigen.
Und der Obmann? Er schweigt.
Warum sucht der Obmann nicht nach dem Maulwurf in seiner Partei, der die teils gefakten beziehungsweise präparierten Dokumente an die STF und an das Tagblatt der Südtiroler durchsticht?
In der Schlangengrube namens SVP kocht derweil die Gerüchte-Küche.
Und nicht wenige Parteigänger, speziell jene, die der großen Fraktion der Anständigen im Edelweiß angehören, fragen sich: Ist Achammer womöglich selbst Teil des Problems?
Es gibt Parteifunktionäre, die sich das Verhalten Philipp Achammers partout nicht erklären können und es jetzt sogar für möglich halten, dass der Parteiobmann in der Kampagne gegen Arno Kompatscher eine aktive Rolle spielen könnte.
Es gibt wichtige Amtsträger in der Partei, die sich besorgt fragen:
Und wenn Achammer selbst (und nicht der bisherige „Hauptverdächtige“ Thomas Widmann) interne Daten zu den Wahlspenden an die STF durchgestochen oder dies veranlasst hat?
In jedem Fall gibt die merkwürdige Performance des SVP-Obmanns in der Spenden-Geschichte Rätsel auf.
Warum lässt Philipp Achammer die Leute in seiner Partei, die Zugang zu sensiblen Dokumenten in der SVP-Zentrale haben und diese an die Opposition (ausgerechnet an die Opposition!) weitergeben, gewähren?
Warum läuft Philipp Achammer nicht zum römischen Garanten für die Privacy, den er und Alt-LH Luis Durnwalder Anfang dieses Jahres angerufen haben, um das Erscheinen des Enthüllungsbuches „Freunde im Edelweiß“ zu verhindern?
Warum haut Achammer nicht auf den Tisch, sondern lässt die Spenden-Geschichte weiter köcheln?
Sich so verhaltend, mache sich Achammer zum Komplizen jener Freunde im Edelweiß, die ihre Mission – Kompatscher zu stürzen – nach wie vor weiterführen, heißt es aus der Edelweiß-Partei. „Der ,Freunde im Edelweiß‘-Skandal geht munter weiter“, so formuliert es ein Spitzenvertreter der SVP.
Tatsache ist:
Philipp Achammer könnte – endlich alle Akten, Dokumente und E-Mails aus den SVP-Giftschränken offenlegend – die Spenden-Geschichte aufklären und mit einem Schlag beenden.
Der Obmann weigert sich das zu tun.
Achammer lässt Arno Kompatscher im Regen stehen, obwohl er dem LH vor Monaten noch hoch und heilig versprochen hatte, er wolle zum Wohle der Partei wieder sein Freund sein, zumindest bis zu den Wahlen im Herbst 2023.
Dass die Spenden-Geschichte gerade jetzt gespielt wird, ist bestimmt kein Zufall. Mit dieser Geschichte, so heißt es in der Partei, sollte der Landeshauptmann im Vorfeld der SVP-Klausur unter Druck gesetzt und mürbe gemacht werden.
Allerdings:
Arno Kompatscher hat die Pläne der Freunde im Edelweiß mit seinem Brief an die Basis, in dem er vorvergangene Woche seine Wiederkandidatur angekündigt hat, durchkreuzt.
Der TAGESZEITUNG liegen inzwischen sogar konkrete Hinweise vor, die belegen, dass die Freunde im Edelweiß, die das feudale Durnwalder-System unbedingt wieder auferstehen lassen wollen, die Spenden-Geschichte deswegen jetzt und so massiv (über die STF) gespielt haben, weil sie innigst hofften, dass die Staatsanwaltschaft in Bozen noch vor der Klausur Ermittlungen gegen Arno Kompatscher aufnimmt.
In dem Fall wäre es für Kompatscher schwierig gewesen, sich zum Spitzenkandidaten küren bzw. designieren zu lassen.
Aber auch dieses fiese Drehbuch hat Arno Kompatscher mit seiner Strafanzeige gegen Sven Knoll durchkreuzt.
Der LH hat die (künstlich erhitzte) Kartoffel an die Gerichtsbarkeit weitergeleitet, die nun als unabhängige Institution und Behörde klären wird, was an den Korruptions-Vorwürfen gegen den Landeshauptmann dran ist.
Und wenn die Staatsanwaltschaft ermittelt, könnte auch der Maulwurf innerhalb der SVP bald einen Namen bekommen.
Zur fragwürdigen Rolle des Obmannes hat die TAGESZEITUNG den ehemaligen Vizeobmann der SVP, Karl Zeller, befragt.
Das große Interview mit dem Langzeit-Parlamentarier der SVP erscheint am Freitag in der Print-Ausgabe.
In diesem Interview, das in Südtirol und innerhalb der SVP hohe Wellen schlagen wird, fordert Zeller den SVP-Chef unmissverständlich auf, „endlich Klartext zu reden“.
Ein kurzer Auszug aus dem Interview mit Karl Zeller:
„Es gibt zwar keinen Spendenskandal der SVP, aber es gibt einen anderen, echten und größeren Skandal:
Fakt ist, dass jemand, der Zugang zu sensiblen Daten in der Parteizentrale hat, bewusst gefakte und aus dem Kontext gerissene Sachen verbreitet und diese dann zuerst den ,Dolomiten“ und dann der STF gesteckt hat, mit dem offenkundigen Ziel, dem LH und damit der SVP zu schaden.
Der Skandal ist, dass nicht einmal versucht wird, dem nachzugehen, das Loch abzudichten und den oder die Schuldigen zu sanktionieren.
Es ist schon kurios:
Bei mir war der Obmann sofort mit der Bazooka zur Stelle, ganz nach dem Western-Motto zuerst schießen und dann fragen …“
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Das gesamte INTERVIEW mit KARL ZELLER lesen Sie am Freitag in der PRINT-AUSGABE.
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+++ UPDATE 18.46 UHR +++
Nun hat SVP-Obmann Philipp Achammer reagiert.
Seine Gegendarstellung drucken wir gerne und vollinhaltlich ab.
„Ich weise jegliche untergriffige Unterstellung zurück, wonach ich selber parteiinterne Unterlagen in dieser Angelegenheit an irgendjemanden weitergeleitet hätte.
Im Gegenteil: Ich habe die SVP-Leitung in ihrer Sitzung vom 28. November ausführlich über die Spendenfinanzierung 2018 informiert, woraufhin ich die Partei und den Landeshauptmann daraufhin öffentlich mehrmals gegen jeglichen Vorwurf der Bestechlichkeit verteidigt habe (unter anderem in einer Pressemitteilung, welche die Tageszeitung übrigens auch veröffentlicht hat).
Auch SVP-Landessekretär Stefan Premstaller hat die gesetzmäßige Abwicklung sämtlicher Wahlkampfkosten, welche auch von den vom Gesetz vorgesehenen Kommissionen bestätigt worden ist, mehrmals dargelegt.
Im Rahmen der Anhörung im Untersuchungsausschuss des Landtages am 6. Dezember habe ich ebenso erklärt, diesem Ausschuss selbstverständlich jegliche Unterlagen zur Verfügung zu stellen, inklusive der Spenderliste (entsprechend den gesetzlichen Veröffentlichungspflichten).
Und schlussendlich habe ich am 28. November den SVP-Gremien zur Genehmigung einen Verhaltenskodex vorgelegt, mit welchem die vertrauliche Weitergabe von SVP-internen Dokumenten zum Schaden anderer Parteikollen sanktioniert wird. Dies handhabe ich in diesem wie auch in anderen Fällen so.
Ich habe nicht im Geringsten ein Problem mit der transparenten Darstellung sämtlicher Entscheidungen, auch jener des Wahlkampfkomitees 2018 sowie des Spendenkomitees, in der Öffentlichkeit.
Parteiinterne Angelegenheiten werde ich hingegen auch weiterhin intern klären.“
Kommentare (31)
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