Aus dem Schneider?
Die Anwälte der vier Tatverdächtigen der Firma Leitner zum Seilbahnunglück am Mottarone sind mehr denn je überzeugt, dass die Strafverfahren eingestellt werden. Aber Schadensersatz zu zahlen sein wird.
Von Thomas Vikoler
Die bisherigen fünf Verhandlungen zum Beweissicherungsverfahren gingen in einem Technologie-Park in Verbania am Lago Maggiore über die Bühne. Eine höchst aufwändige Angelegenheit zwecks Klärung der Ursachen des Seilbahnunglücks am Mottaarone am 23. Mai 2021 mit 14 Toten.
Mit dabei sind auch die Bozner Anwälte Paolo Corti und Andrea Gnecchi, welche vier Exponenten der Firma Leitner aus Sterzing vertreten: Firmenchef Anton Seeber, Geschäftsführer Martin Leitner, der Sicherheitsdelegierte Peter Rabanser und der Mitarbeiter Rino Fanetti.
Die Anwälte sind mit dem Verlauf des Beweissicherungsverfahrens zufrieden.
Denn das Gerichtsgutachten, an dem mehrere Professoren für Seilbahnwesen und Informatik beteiligt sind, brachte für sie ein eindeutiges Ergebnis. Die von Leitner durchgeführten Wartungsarbeiten an der betagten Seilbahn seien korrekt ausgeführt worden. Auch in Bezug auf den Riss des Zugseils der Absturzgondel in 30 Zentimetern Abstand zum sogenannten Vergusskopf.
„Es hat sich gezeigt, dass Leitner den Wartungsvertrag auf der Grundlage der Gesetze erfüllt hat“, betont Verteidiger Corti. „Wir rechnen damit, dass die Verfahren gegen unsere Mandanten eingestellt werden“, sagt sein Kollege Andrea Gnecchi.
Wie es aussieht, wird die strafrechtliche Verantwortung für den Tod von 14 Menschen am Ende bei Fahrdienstleister Gabriele Tadini hängen bleiben wird. Er hatte einige Tage vor dem Unfall am Vergusskopf ein auffälliges Geräusch wahrgenommen, aber keine Konsequenzen daraus gezogen.
Und es gibt, wie Anwalt Corti erklärt, ein belastendes Video.
Es zeige, wie Tadini die Bremsblockade an der Gondel Nr. 3 löst, bevor Leitner-Techniker Wartungsarbeiten an den Rollen des Zugseils vornahmen. Später habe Tadini die Blockade wieder aktiviert. Es gehörte demnach zur (beinahe) täglichen Praxis, das Bremssystem nach Belieben ein- und auszuschalten.
Tadini hatte selbst zugegeben: Um den Betrieb der Seilbahn nicht zu gefährden, hätten Mitarbeiter die Bremsblockade an der Gondel in den Tagen vor dem Unfall entfernt. Die Staatsanwaltschaft macht ihn, Tadini, dafür verantwortlich.
Die Anwälte von Anton Seeber & Co. rechnen aber damit, dass – voraussichtlich von den Versicherungen gedeckter – Schadensersatz zu leisten ist, bevor die Staatsanwaltschaft die Einstellung der Strafverfahren gegen sie beantragen wird. Das dürfte allerdings noch einige Zeit dauern.
Die nächste Verhandlung im Beweissicherungsverfahren findet am 15. Juni statt. Bemerkenswert ist, dass für die Erstellung des Gerichtsgutachtens bisher Kosten von nicht weniger 500.000 Euro angefallen sind.
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