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Die Fake-Liste

Die Liste, mit der Sven Knoll die Bestechlichkeit des Landeshauptmannes belegen will, ist ein Fake. Die Hintergründe einer von langer Hand vorbereiteten Operation.

von Artur Oberhofer

Am Montag, 22. Oktober 2018, um 11.54 Uhr griff Luis Durnwalder zum Telefon. Er rief Ingemar Gatterer an. Und mit dem SAD-Chef analysierte der Alt-LH das Ergebnis der Landtagswahlen.

Entgegen den Prognosen der Meinungsforscher war die SVP nicht auf 30 Prozent bzw. 12 Mandate abgestürzt. Auch Landeshauptmann Arno Kompatscher erreichte ein respektables Ergebnis – sehr zum Leidwesen der Herren Durnwalder und Gatterer.

Der Mitschnitt des damaligen Telefongesprächs erlaubt tiefe Einblicke in die SVP-Seele. Und es zeigt, wie tief die Feindseligkeit Durnwalders gegen seinen Nachfolger ist.

Ingemar Gatterer verwendete in dem Gespräch mehrmals seine marinierte Lieblingsfloskel: „Der Landeshauptmann ist ein Trottel“. Und Luis Durnwalder bediente sich des Jäger-Lateins, um seinem Freund Gatterer zu erklären, welche Strategie man anwenden müsse, um Kompatscher zur Strecke zu bringen.

Ein Auszug aus dem Gespräch:

Ingemar Gatterer: Wobei, eines muss ich sagen, Luis: Ich bin der erste Südtiroler, der öffentlich gesagt hat: Der Landeshauptmann ist in Südtirol ein Trottel …

Luis Durnwalder (lacht herzhaft): Das schon …

Gatterer (lacht): Und dann habe ich die Bestätigung von 11.000 Südtirolern …

(beide Gesprächspartner lachen genüsslich).

Gatterer: Das hätte ich ihm schon gern untergerieben irgendwann …

Durnwalder: Tu’s lieber nicht! Weil du musst immer rechnen: Wenn ein Reh im Wundbett ist und du tust es aufschrecken, dann fängt es an zu laufen …

Gatterer (lacht): Ja, na okay …

Luis Durnwalder (Foto: Markus Perwanger)

Als „Wundbett“ bezeichnet man in der Jägersprache eine Stelle, an der sich ein verletztes Wild niederlegt – und verendet.

Die Stimmung innerhalb der SVP ist jetzt, vier Jahre später, ähnlich aufgeheizt und vergiftet wie vor vier Jahren.

So wie damals will eine Clique im Edelweiß den Landeshauptmann stürzen bzw. so mürbe machen, dass er das Handtuch wirft.

So wie damals agiert eine toxische Koalition aus den „Freunden im Edelweiß“ und dem Medienhaus Athesia mit fragwürdigen Methoden. Der einzige Unterschied: Diesmal ist es die naive Opposition, die die Drecksarbeit erledigt. Sehr zur Freude der geheimen Machtzirkel im Edelweiß.

Die Partei ist ein Tollhaus. Es gibt die, die glauben, Arno Kompatscher sei – um es mit Durnwalder zu sagen – wundgeschossen. Andere sagen, der LH leide unter einem Burnout.

Aber so wie es aussieht, haben die destruktiven Kräfte im Edelweiß und ihre Helfershelfer die Rechnung ohne den LH gemacht.

Aus seinem engsten Umfeld heißt es, Arno Kompatscher werde jetzt kämpfen. Nach dem Motto: Jetzt erst recht.

Hinzu kommt: Der insbesondere von der Süd-Tiroler Freiheit so befeuerte „Spenden-Skandal“ wird sich zum Rohrkrepierer entwickeln.

Der Grund: Die von der Süd-Tiroler Freiheit in Umlauf gebrachte Liste ist eine Fake-Liste, also eine ad hoc erstellte Liste und kein SVP-Papier, wie Sven Knoll glauben machen wollte. Und weil es auch die in der Liste kolportieren Direktspenden an Arno Kompatscher und die – laut STF – dadurch erwirkten finanziellen Gefälligkeiten nie gegeben hat, wird die Causa ein Fall für die Gerichtsbarkeit.

Sven Knoll und einige Medien hatten dem LH Bestechlichkeit vorgeworfen – und zwar auf der Grundlage einer, wie sich jetzt herausstellt, nachweislich gefakten Liste.

Die gefakte Liste

Doch der Reihe nach: Sven Knoll von der STF hat vor Wochen groß verkündet, er habe „aus Kreisen der SVP“ eine Liste erhalten, aus der hervorgehe, dass im Vorfeld des Wahlkampfes 2018 Direktspenden an Arno Kompatscher gegangen seien, und zwar von Firmen oder Einzelpersonen, die in der Folge in den Genuss von Landesbeiträgen gekommen sein.

Mit anderen Worten: Unternehmen hätten für Kompatscher gespendet und dafür eine Gegenleistung bekommen. Also ein klarer Fall von Bestechung.

Nun aber stellt sich heraus:

Die Geschichte mit den angeblichen Direktspenden mit Gegenleistung ist eine von langer Hand vorbereitete Operation, mit der Arno Kompatscher aus dem Amt hätte gejagt werden sollen.

In dieser Fake-Liste, die auch der TAGESZEITUNG vorliegt, hat jemand eine Zuordnung der effektiv getätigten Spenden vorgenommen, wobei bezeichnenderweise nur jene Spenden zugeordnet wurden, die vom damaligen SVP-Vizeobmann Karl Zeller und vom Bozner Wirtschaftsberater Heinz Peter Hager vermittelt wurden.

Ein weitere Ausriss aus der Fake-Liste

Dass es den Machern dieser Fake-Liste nur darum ging, den LH anzupatzen, beweisen auch folgende „Stilblüten“ aus der Liste: So haben die Macher dieser Liste die Spenden der Firma Alimco Fin einem „Pichler“ zugeordnet, der – so steht es schwarz auf weiß in der Liste – „ein Halbbruder von Hager“ sei.

Robert Pichler, der Chef der Alimco Fin, ist nicht der Halbbruder von Heinz Peter Hager, sondern dessen Cousin, und zweitens: Robert Pichler hat gemeinsam mit Karl Zeller und Heinz Peter Hager Spenden für die SVP gesammelt.

In der gefakten Liste wird aber Karl Zeller als Vermittler der Spende der Firma Alimco Brokers (in Höhe von 4.995 Euro) genannt.

Wie aber kann Karl Zeller eine Spende durch Robert Pichler „vermittelt“ haben, wenn Robert Pichler mit ihm im sogenannten Spendenkomitee an einem Tisch gesessen ist?

Karl Zeller

Bezeichnend ist auch, dass der oder die Macher der Fake-Liste nur jene Spenden einem „Vermittler“ zugeordnet haben, die von Hager und Zeller vermittelt wurden.

Bei der 40.000-Euro-Spende der Firma Technoalpin steht beispielsweise unter der Rubrik „Vermittler“ ein Fragezeichen („?“).

Und warum scheint in der Liste eine Spende des Medienunternehmers Georg Kofler (der 50.000 Euro gespendet und in dessen Unternehmen Thomas Widmanns Sohn gearbeitet hat) nicht auf?

Warum scheint die Spende einer bekannten Wurstfabrik aus dem Pustertal nicht auf?

Es gibt noch weitere Fakten, die belegen, dass Sven Knolls Liste eine klassische „polpetta velenosa“ ist:

Bei der Spende der Firma Stahlbau Pichler (laut Liste 9.360 Euro) steht unter der Rubrik „Vermittler“: „Neutral.“

In keiner offiziellen SVP-Spendenliste werden solche Bewertungen vorgenommen.

Andere SVP-Funktionäre und -Gönner, die 2018 ebenfalls Spenden gesammelt haben – etwa der Anwalt Gerhard Brandstätter –, scheinen in der Fake-Liste nicht als „Vermittler“ auf. Auch fällt auf, dass in dieser Liste die Spenden und die „Vermittler“ aus dem Osten des Landes fehlen.

In Knolls gefakter Liste scheinen also nur die vom Duo Zeller-Hager gesammelten Spenden auf. Wer die andere Hälfte des 438.000-Kuchens für die SVP gesammelt hat, steht in Knolls Liste nicht, bleibt also ein Geheimnis des Glaubens.

Und noch ein Kuriosum, das belegt, dass diese Liste im Nachhinein konzipiert worden ist: Dem ehemaligen Vize-Obmann Zeller wurden Spender zugeordnet, die er gar nicht kennt: nämlich P Finance GmbH, All Gest, Zima, Breg Bau usw.

Der ultimative Beleg, dass die Liste gefakt ist, findet sich auf Seite 3 der „Spenden-Liste“: Als „Vermittler“ der Spende von 4.900 Euro der Firma CSU GmbH steht: „Zeller (PPP-Modelle“).

2018 hatte diese Firma noch keine PPP-Projekte eingereicht. Die Sache mit den PPP-Projekten brachte erst Thomas Widmann im vergangenen Frühjahr aufs Tapet, als er – Zeller anschwärzend – seinen Kopf retten wollte.

Der Knackpunkt ist, dass Sven Knoll behauptet hat, es habe Direktspenden an den LH gegeben. In der Liste scheinen keine Direktspenden für Kompatscher auf.

Es gibt nur eine Rubrik „Ausgaben für Kompatscher“: das bedeutet aber nicht, dass der LH die Spenden bekommen hat, sondern dass das Wahlkampfteam – auf Geheiß der Wahlkampfmanager – Gelder für die Zusatzkampagne der SVP mit dem Konterfei des LH (etwa 22.600 Euro für die Kampagne „Wir für Arno“) hergenommen hat.

Es gibt in der Liste eine Rubrik „Direktspenden“, do da geht es um Peanuts: Demnach hätte die Kronplatz AG 4.900 Euro für die „Begünstigten Kompatscher & Alfreider“ gespendet, die Skiarena Miara 3.000 Euro für Alfreider, die Firma Brandnamic 2.000 Euro für das Duo „Tauber & Alfreider“ und die Firma Oberrauch Zitt 4.800 Euro für das Quartett „Alfreider, Kompatscher, Tauber, Widmann“.

Aber auch diese angeblichen „Direktspenden“ sind nicht etwa auf ein Konto der „Begünstigten“, sondern auf das SVP-Konto geflossen. Über die Verwendung der Gelder hat dann das Wahlkampfkomitee der SVP entschieden, dem ein gewisser Thomas Widmann vorgestanden hat.

Es ist also offensichtlich, dass es den Leuten, die diese Liste erstellt und sie der Süd-Tiroler Freiheit als „SVP-Papier“ untergejubelt haben, nur darum ging, den Landeshauptmann in Misskredit zu bringen.

Wie durchsichtig das Spiel der „Freunde im Edelweiß“ ist, belegt auch der Umstand, dass Sven Knoll und Paul Köllensperger von den „Dolomiten“ dafür, dass sie dem LH gegen das Schienbein getreten haben, mit halbseitigen Artikeln gehätschelt worden sind.

Dass sich Arno Kompatscher ausgerechnet von Paul Köllensperger, dem 600-Euro-„Furbetto“, anhören muss, er solle sich „vertschüssen“, zeigt auf welchem Niveau sich die politische Dialektik in Südtirol derzeit abspielt.

Auch hätte Sven Knoll, wenn er schon den für einen Politiker ungeheuerlichen Vorwurf der Bestechung erhebt, die Herkunft der Liste und deren Wahrheitsgehalt zuerst überprüfen müssen.

Dass die Opposition sich in diese Machtspiele im Edelweiß hineinziehen lässt, ist strategisch nachvollziehbar:

Denn Sven Knoll, Paul Köllensperger & Co. spekulieren offenbar damit, dass sie einer SVP ohne den Spitzenkandidaten Arno Kompatscher mehr Sitze und Prozent abnehmen können als einer Volkspartei, die mit dem nach wie vor mit Abstand beliebtesten Akteur ins Rennen geht.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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