Der Mordversuch
Die Staatsanwaltschaft Bozen fordert acht Jahre Haft für Ivo Rabanser – wegen Mordversuchs. Die Verteidigung geht hingegen von schwerer Körperverletzung aus. Urteil am 21. Dezember.
Von Thomas Vikoler
Ein Mann, der 13 Monate Untersuchungshaft hinter sich hat, wird von Gefängniswärtern in den Gerichtssaal B des Bozner Landesgerichts geführt. Sein Name: Ivo Rabanser, 42. Dort befindet sich auch Monika Lardschneider, seine Schwägerin. „Sie leidet weiter unter dem, was in jener Nacht vorgefallen ist“, sagt ihr Anwalt Ernest Cuccarollo.
Rabanser war an Allerheiligen des vergangenen Jahres nachts in die Wohnung seines Bruders Martin in Wolkenstein eingedrungen, um auf diesen – aus bis heute ungeklärten Gründen – mehrmals mit einem Messer einzustechen. Monika Lardschneider kam ihrem Mann zu Hilfe, wurde dabei verletzt und rief schließlich die Carabinieri.
In diesem verkürzten Verfahren vor Voruntersuchungsrichterin Elsa Vesco geht es vor allem um eine Frage: Wollte Rabanser seinen Bruder töten oder lediglich verletzen, wie seine Verteidiger Marco Boscarol und Mara Uggé behaupten?
Für die Staatsanwaltschaft und die Anwälte der Nebenkläger handelt es sich zweifelsfrei einen Mordversuch. Rabanser sei eigens aus Verona (wo er als Tennisplatzwächter tätig war) angereist, um seinen umzubringen.
„Dass er ihn töten wollte, erklärte sich allein aus dem Umstand, der schweren Verletzungen, die er seinem Bruder zugefügt hat“, meint Nicola Nettis, der Anwalt des Nebenklägers Martin Rabanser.
Anders sieht es Verteidiger Boscarol: „Er hätte seinen Bruder töten können, hat dies aber unterlassen, indem er nicht weiter auf ihn eingestochen hat. Als die Carabinieri am Tatort eintrafen, hatte er bereits auf sie gewartet“.
Die Verteidigung geht folglich nicht von einem Mordversuch aus, sondern von schwerer Körperverletzung. Darauf steht eine wesentlich geringere Strafe als auf ersteren.
Die Staatsanwaltschaft formulierte am Ende der gestrigen Verhandlung ihren Strafantrag für Ivo Rabanser: Acht Jahre Haft wegen Mordversuchs, Körperverletzung (an der Schwägerin), Hausfriedensbruchs und Waffenbesitzes. In dem Antrag sind bereits ein Drittel Strafnachlass wegen des verkürzten Verfahrens mit eingerechnet.
Ein Beweissicherungsverfahren hatte ergeben, dass Rabanser zum Tatzeitpunkt voll zurechnungsfähig war. Der Mann hatte in den Monaten vor der nächtlichen Attacke gegen seinen Bruder in einem Zelt in einem Wald bei Wolkenstein verbracht, am Tattag reiste er von Verona mit seinem Fahrrad an. Rabanser war bereits als Jugendlicher von zuhause durchgebrannt und war zeitweise unauffindbar.
Die Nebenkläger-Anwälte stellten in der Verhandlung auch ihre Anträge auf Schmerzensgeld bzw. Schadensersatz: Der Bruder Martin Rabanser fordert 150.000 Euro, die Schwägerin 50.000 (mit einer Anzahlung von 20.000 Euro).
Richterin Vesco wird das Urteil zu diesem aufsehenerregenden Fall auf der nächsten Verhandlung am 21. Dezember verkünden.
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