Ehemalige Ensembles
Ist das alles Zufall? Vor 14 Jahren hat die Gemeinde Olang das Ensemble Erschbaum unter Schutz gestellt. Nun erfolgt eine Neubewertung – der Schutz soll aufgehoben werden. Im Hintergrund wird eine Wohnanlage erheblichen Ausmaßes geplant.
von Silke Hinterwaldner
Alfred Jud ist nicht gut zu sprechen. Von der TAGESZEITUNG telefonisch kontaktiert, sagt er wortkarg: „Ich stehe für keine Auskunft zur Verfügung.“ Er möchte weder über die familieneigenen Unternehmen noch über die Zukunft im Ensemble Erschbaum in Oberolang sprechen.
Dabei war Jud 13 Jahre lang Bürgermeister von Olang. Aber 2004 endete seine Ära mit einem unrühmlichen Grundstücksdeal. Alfred Jud musste als Bürgermeister zurücktreten, in Olang wurde neu gewählt. Seine politische Karriere war damit zwar zu Ende, aber beruflich lief es weiter wie geschmiert. Bis heute. Zu den Betrieben von Altbürgermeister Jud gehören in Olang ein technisches Büro und eine Beraterunternehmen vor allem für Fernheizungen.
Klarerweise kommt es da immer wieder zu Überschneidungen mit der Gemeindepolitik und der Verwaltung, vor allem bei der Realisierung von Immobilienprojekten.
Bereits vor rund eineinhalb Jahren wurde ein alter Hof mitten in Oberolang verkauft, die Unternehmerfamilie Jud sollte dort den Neubau von Wohnungen planen. Beim Stübeler wird zwar schon lange keine Landwirtschaft mehr betrieben, aber sowohl das alte Hofgebäude als auch mehrere Gebäudeeinheiten rundherum stehen unter Schutz, es ist dies das Ensemble Nummer acht, genannt Erschbaum. In den Jahren 2007 und 2008 als Olang sich wie alle Gemeinden um die Ausweisung der Ensembleschutzzonen bemühte, schien es sonnenklar, dass der Stübeler und die umliegenden Gebäude unter Schutz gestellt werden müssen. Im Bericht zum Ensembleschutz kann man nachlesen:
„Nordwestlich des Oberolanger Ortszentrums liegt der Weiler Erschbaum. Er ist mit dem Ortszentrum über den Römerweg verbunden. Der ländlich geprägte Baubestand zeichnet sich durch charakteristische Einhöfe mit Krüppelwalmdächern und quer zum Talverlauf gerichteten Firstlinien aus. Vereinzelt haben sich die südseitig vorgelagerten charakteristischen Bauerngärten mit den an die Südfassade angelehnten Marillenbäumen erhalten.“
Das klingt alles sehr idyllisch, historisch wertvoll und erhaltenswert: Entsprechend mussten all jene Gebäudebesitzer, die seitdem bauliche Maßnahmen vornehmen ließen, sich an die Bestimmungen des Ensembleschutzes halten. Das Ensemble Erschaum sollte so gut eben möglich den Erfordernissen der Zeit angepasst, aber als Zeugnis früherer Zeit erhalten bleiben.
Jetzt aber soll alles anders werden. Anstelle des Stübelers sollen mehrere Wohnblöcke entstehen, so sieht es ein Bauprojekt vor, das in den vergangenen Monaten mehrfach in der Gemeindekommission für Raum und Landschaft rückverwiesen wurde. Dort stellte man unter anderem fest, dass eine Abänderung des Ensembleschutzes vorgelegt werden müsse, wenn man das Projekt tatsächlich umsetzen wolle.
Da scheint es kein Zufall zu sein, dass nur wenige Monate später die Aufweichung des Ensembleschutzes für Olang tatsächlich in Angriff genommen wird. Sehr kurzfristig, noch bis 31. Oktober, können die Bürgerinnen und Bürger Stellungnahmen zur Neubewertung von zwei Ensembles in Oberolang abgeben. Weil die Pläne mittlerweile auch den Gemeinderat beschäftigen, haben die fünf Vertreter der Bürgerliste nicht gezögert und zumindest eine Stellungnahme vorgelegt. Darin schreiben sie:
„Allein die Tatsache, dass nun nur in einer Olanger Fraktion nach gerade einmal 14 Jahren der nach gründlicher wissenschaftlicher Vorarbeit mit dem Hauptaugenmerk auf den historischen Hintergrund genehmigte Ensembleschutzplan abgeändert werden soll, lässt ein öffentliches Interesse und das Gemeindewohl als Anlass für die Abänderung äußerst fraglich erscheinen.“
Die Gemeinderäte halten zudem fest, kein öffentliches Interesse an der Aufweichung der Ensembleschutzbestimmungen erkennen zu können. Im Gegenteil. Die Hausbesitzer mussten sich bisher dazu verpflichten, die geltenden Bestimmungen genauestens einzuhalten. Diese sollten auch in Zukunft für alle gelten. Kritisiert wird außerdem die geplante Verbauung des dahinterliegenden Hanges, der derzeit nicht unter Ensembleschutz steht, aber geologisch und landschaftlich wichtige Funktionen erfülle. Der Vorschlag: Anstatt die Verbauung zu genehmigen, solle man diesen Hang ebenfalls unter Schutz stellen.
Die Pläne des Unternehmers Jud sehen anderes vor: Im Ensemble Erschbaum sollen mehrere Dutzend Wohnungen in einzelnen Blöcken realisiert werden. Vor allem wegen der Zweitwohnungsproblematik ist zu befürchten, dass diese Wohnungen für die Olanger Bevölkerung kaum interessant sind – höchstens als Investitionsobjekte. Die Wohnungen dürften auf dem freien Markt verkauft werden, zu entsprechend hohen Preisen.
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Kommentare (9)
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robby
Geldgierige Leute wie dieser Alfred Jud sind es die die schützenswerte Südtiroler Kulturlandschaft unwiederbringlich zerstören und wertvolle Ensembles zu Grabe tragen.
2xnachgedacht
@robby
ich gehöre ja nicht gerade zu ihrem fanclub, aber in diesem falle (ausnahmsweise) zu 100% !
treter
Genau „robby“!!
Eine riesen Sauerei ist das!!!!!
hallihallo
es ist doch absurd, dass südtirol einen bettenstop für den tourismus einführt, andererseits aber neuen zweitwohnugsbau zuläßt. müssen neue wohnungen nicht zu 100 % konvenzioniert werden?
dn
Wo bleibt da das Amt für Denkmalpflege? Wo bleibt der Aufschrei des Heimatpflegevereins, der Schützen, Alpini usw. usw..
treter
Es braucht einfach wieder richtige Protestaktionen vor Ort bzw. vor dem Olanger Rathaus!!!!
Auf geahts Heimatpflegeverband, Umweltgruppe Pustertal usw.