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Die Stahlseil-Falle 

Am 8. Juli 2021 starb die 22-jährige Stefanie B. bei einem Canyoning-Unfall in Passeier. Ein Gerichtsgutachten zeigt technische Mängel auf. 

von Thomas Vikoler

In der Passer auf der Höhe von Gomion bei St. Martin in Passeier spielten sich am 8. Juli vergangenen Jahres dramatische Szenen ab. Stefanie B., 22, aus Eichstätt, geriet beim begleiteten Canyoning in einen Wasserfall und ertrank. Die junge Frau war mit einem Seil gesichert, ihren vier Begleitern – darunter der Organisator und Bergführer Erwin Mairginter – gelang es nicht, sie aus den Wassermassen zu befreien.

Die Staatsanwaltschaft hat gegen Mairginter, 58, Inhaber der organisierenden Firma Action Pur, ein Strafverfahren zum Tatverdacht der fahrlässigen Tötung eingeleitet. Im August 2021 verfügte ein Voruntersuchungsrichter die zeitweilige Beschlagnahme des Canyoning-Parcours, auf dem sich der tödliche Freizeitunfall ereignete.

Im September 2021 wurde Simone Cecchi, ein Canyoning-Guide aus Empoli, im Rahmen eines Beweissicherungsverfahren mit der Erstellung eines Gerichtsgutachtens über den Fall beauftragt, das er vor kurzem am Landesgericht Bozen vorstellte (die Sachverständigen von Verteidigung und Nebenkläger sind beim nächsten Verhandlungstermin an der Reihe).

Gutachter Cecchi belastet seinen Kollegen Mairginter zweifellos und mit aller Deutlichkeit. Demnach war das Stahlseil an der Unfallstelle nicht geeignet, die Teilnehmer vor Wasser (Wasserfälle, starke Strömungen, plötzlicher Pegelanstieg) zu schützen. Es war – wie bei Klettersteigen – fix am Fels montiert, stattdessen wäre ein vom Fels lösbares Kletterseil notwendig gewesen, auch um dieses bei Bedarf abschneiden zu können.

Das nahe am Fels gespannte Stahlseil, das sie gewissermaßen unter Wasser hielt, wurde Stefanie B. letztlich zum Verhängnis. Dies auch angesichts der Tatsache, dass die Bedingungen in der Passer wegen eines höheren Wasserstandes schwieriger als sonst waren. Gutachter Cecchi stuft sie auf einer Skala von eins bis sieben auf sechs ein.

Der klettersteigähnliche Abschnitt sei jedenfalls für einen schwächeren Flussgang konzipiert worden, wie generell fixe Stahlseile für die Vorbeugung von derartigen Unfällen nicht geeignet seien.

Und schließlich entdeckt der Gutachter aus Empoli einige technische Mängel an der vom Organisator gestellten Ausrüstung, welche Stefanie B. beim Unfall trug. Sie sei zum Teil abgenützt gewesen und hätte nicht eingesetzt werden dürfen.

Doch dieser Aspekt war nicht ausschlaggebend für das, was sich am 8. Juli 2021 in der Passer abspielte.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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