„Grüner Hütchenzauber“
2.264 Interessierte haben die Nachhaltigkeitsstage des Landes besucht. Sind die 2,3 Millionen Euro, die in das Event gesteckt wurden, gerechtfertigt?
von Matthias Kofler
Während die Botschaften der Nachhaltigkeitstage an Südtirols Bevölkerung fast unbemerkt vorbeigegangen sind, sorgen die Honorar-Kosten der Redner weiterhin für Gesprächsstoff. „In Zeiten wie diesen sind solche Beträge einfach völlig abgehoben und dekadent“, kritisiert die Freiheitliche Ulli Mair und fügt schelmisch hinzu: „Die Summen bleiben uns sicherlich nachhaltig in Erinnerung.“
Die Vorgeschichte ist bekannt: Das Land hat sich die Nachhaltigkeitstage eine schöne Stange Geld kosten lassen: 2,3 Millionen Euro. Über 131.000 Euro wurden allein für Referenten-Honorare bezahlt. So haben der US-Autor David Wallece-Wells und die ehemalige Deutsche-Bahn-Managerin Sabina Jeschke für ihre Vorträge jeweils 22.000 Euro erhalten. Die Verhaltensforscherin Jane Goodall erhielt 20.000 Euro (siehe dazu die Info-Grafik). Pikant: David Wallece-Wells hatte sogar angeboten, das Referat online zu halten. Das Land zahlte dem bekannten Autor aber lieber ein fürstliches Honorar plus Reise- und Verpflegungsspesen.
Wie Landeshauptmann Arno Kompatscher in Beantwortung einer Freiheitlichen-Anfrage schreibt, wurden die Speaker nach Anhörung des Advisory Board vom Organization Committees vorgeschlagen und vom Steering Committee bestätigt. Die Gremien setzten sich aus Vertretern der Universität Bozen, EURAC, IDM Südtirol, der Autonomen Provinz Bozen, Messe Bozen, sowie Universitätsprofessoren, Forschern und Journalisten mit fachlicher Expertise zusammen. „Die wichtigsten Redner sind international bekannte und anerkannte Expert*innen auf ihrem Gebiet bzw. Expert*innen, die in Fachpublikationen vorgestellt wurden bzw. publiziert haben mit dem Ziel, eine hochkarätige Veranstaltung mit wissenschaftlicher und kultureller Ausrichtung, sowie institutioneller Relevanz zu bieten“, betont Kompatscher.
Das Problem: In der (laut Ulli Mair) „unverschämten Summe“ von 2,3 Millionen Euro sind die Fahrtspesen und Reisekosten noch nicht miteingerechnet. Einige der Redner sind zwar mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Fahrrad angereist. Robert Fry Engle, Laura Storm-Svendson, David Wallace-Wells, Clover Hogan und Adaeze Aghaji waren jedoch auf einen Flug angewiesen, um nach Bozen zu kommen. Die Flüge wurden von der IDM organisiert und bezahlt. „Der geschätzte CO2-Ausstoß beträgt insgesamt elf Tonnen“, rechnet der LH vor. Vor diesem Hintergrund stellt sich Ulli Mair die Frage, warum die Veranstaltung dennoch als „Green Event“ eingestuft wurde. Kompatscher schreibt hierzu lapidar: „Das Event wurde von der Landesagentur für Umwelt und Klimaschutz, aufgrund der Einhaltung der vorgeschriebenen Kriterien als ,Green Event‘ zertifiziert.“
Fest steht, dass die Vorträge auf eine maue Resonanz gestoßen sind: Am 6. September wurden 647 physische Teilnehmer und 3.167 Online-Views verzeichnet, am 7. September 686 physische Teilnehmer und 2.474 Online-Views, am 08. September 771 physische Teilnehmer und 2.466 Online-Views und am Abschlusstag 161 physische Teilnehmer bei 1.047 Online-Views. Insgesamt besuchten 2.264 Interessierte die Veranstaltungen, 9.154 Personen verfolgten die Vorträge im Netz. Ulli Mair bezweifelt, dass diese Teilnehmerzahl die Beträge rechtfertigt, die das Land in das Event gepumpt hat.
„Diese Kosten gehen ganz allein auf die persönliche Kappe des Landeshauptmanns, der aller Kritik zum Trotz an diesem fragwürdigen Konzept festhalten und sich ein grünes Krönchen aufsetzen möchte“, meint die Freiheitliche. „Das ist die späte beabsichtigte Genugtuung von jemandem, der eigentlich in seinem Herzen immer schon ein politisch Grüner war und sich die handfesten Probleme Südtirols mit Transit, Autobahn, Flughafen, Skiliften, Skipisten, Massentourismus, Zersiedlung, Verbauung, Landschaftszerstörung mit ,greenwashing‘ aufpolieren möchte. Alles in allem ein grüner Hütchenzauber, der viel kostet, aber ein Prestigeobjekt von Kompatscher ist.“
Kommentare (19)
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