„Epochale Zäsur“
Der Kammerabgeordnete Alessandro Urzì erkennt in Giorgia Melonis Aussagen zur Autonomie keinen Richtungswechsel seiner „Brüder“, sondern eine „erfreuliche Annäherung der SVP“.
von Matthias Kofler
Die SVP lobt Giorgia Melonis Aussagen zur Autonomie-Politik in höchsten Tönen. „Die Ministerpräsidentin hat sich in ihrer Regierungserklärung überaus deutlich zur Wiederherstellung jener autonomer Kompetenzen des Landes Südtirol geäußert, die 1992 zur Streitbeilegungserklärung geführt haben“, sagt Obmann Philipp Achammer und wundert sich, dass die Aussagen von den politischen Mitbewerbern „heruntergespielt und falsch interpretiert“ würden.
Es gehe darum, die seit der Streitbeilegung eingeschränkten Kompetenzen wiederherzustellen. Die Autonomie werde folglich nicht rückgebaut, sondern erweitert. „Es ist fast schon eine Ironie der Geschichte, dass jetzt ausgerechnet eine Rechtsregierung anerkennt, dass man aufgrund der Schreiben der österreichischen Bundeskanzler Sebastian Kurz, Alexander Schallenberg und Karl Nehammer an Italien über das Datum 1992 reden muss. Das hat bisher noch keine italienische Regierung gemacht“, so Achammer.
Die Linie der SVP könne nicht sein, sich in Rom aus ideologischen Gründen einem Block anzuschließen und fünf Jahre lang auf den Oppositionsbänken sitzen zu bleiben, wie es Grüne und PD forderten. Man müsse mit jeder Regierung reden können und die Basis für eine korrekte Zusammenarbeit finden. „Wir nehmen den uns zugeworfenen Ball gerne auf, werden aber weiterhin gemäß unseren Überzeugungen abstimmen, wenn es beispielsweise um die Gleichberechtigung von Mann und Frau oder um Europa geht“, betont der Obmann.
Während in der Brennerstraße also Frühlingsgefühle im Herbst ausbrechen, will der FdI-Kammerabgeordnete Alessandro Urzì in den Meloni-Äußerungen keinen Richtungswechsel seiner Partei erkennen. „Ich sehe als Kurswechsel eher die begrüßenswerte Bereitschaft der Volkspartei, sich einer konkreten Konfrontation ohne Vorurteile mit der Regierung der Brüder Italiens zu öffnen und auf uns zuzugehen – das ist für mich die wichtigste Neuerung“, sagt der Bozner Kammerabgeordnete.
Seine Partei habe stets bekräftigt, dass die Konfrontation gesucht werden müsse, um zu gemeinsamen Lösungen zu gelangen, die geeignet seien, die Solidität der Autonomie zu gewährleisten und gleichzeitig dafür zu sorgen, dass sie der Zeit angepasst werde. „Im Rahmen der Diskussion über die Autonomiestandards von 1992, die mehr als legitim ist, kommt man natürlich nicht umhin, über die Entwicklung der Gesellschaft seit 1992 zu sprechen“, glaubt Urzì. Die Tatsache, dass es möglich sein werde, vorurteilsfrei darüber zu sprechen, sei eine „epochale Zäsur, die durch unsere uneingeschränkte Bereitschaft, über alles zu sprechen, bestätigt wird“.
Urzì kann aus Melonis Aussagen auch nicht herauslesen, dass die Regierungschefin Südtirol erstmals als eine internationale Angelegenheit zwischen Italien und Österreich betrachte. „Die Streitbeilegung ist keine Neuigkeit für uns, sondern eine historische Tatsache und ein wesentlicher Moment in der Geschichte Südtirols.“
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