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Alleingelassene Eltern

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Wie kann das sein? Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hängt in Südtirol oft einzig vom Wohnort ab. Über verzweifelte Eltern und säumige Gemeinden.

von Erna Egger

„Wie soll ich nächstes Jahr zur Arbeit gehen?“

Eine Mutter aus dem unteren Eisacktal steckt in einer verfahrenen Situation. Zurzeit geht ihr Kind noch in den Kindergarten – dort wird es bis 14.30 Uhr pädagogisch begleitet. Nächstes Jahr, nach Schuleintritt, muss sie ihren Nachwuchs bereits um 12.30 Uhr vom Unterricht abholen. „Das schaffe ich nicht“, klagt die Frau, die zurzeit halbtags außerhalb ihrer Wohnortgemeinde arbeitet.

Bereits jetzt steht fest: Familie und Beruf zu vereinbaren wird für sie zu einem täglichen Kraftakt, sofern sie ihren Job nicht ganz an den Nagel hängen muss. In derselben Situation stecken viele Eltern.

Allein mit einer ganzwöchigen Mittagsausspeisung wäre das schier unlösbare Problem gelöst. „Dann wäre mein Kind bis 13.30 Uhr versorgt, hätte bereits etwas gegessen und ich könnte weiterhin berufstätig bleiben“, schildert sie.

Einige Gemeinden haben dieser Notwendigkeit Rechnung getragen, wie etwa Barbian: „Seit mittlerweile sechs Jahren bieten wir die ganzwöchige Ausspeisung an“, sagt die Gemeindereferentin Tanja Moser. „Damals war ich noch nicht im Gemeinderat und wir mussten darum kämpfen“, schildert sie. Anfangs nutzten zehn Kinder das Angebot, mittlerweile 35 Volksschüler – also die Hälfte der Grundschüler in Barbian. „Von Jahr zu Jahr erfolgte eine Steigerung und die Eltern konnten den Eintritt in die Berufswelt ganz anders planen“, so Moser.

Weil der Bedarf groß ist, wird seit heuer auch in Kollmann viermal wöchentlich die Mittagsverköstigung angeboten – zum Preis von 3,5 Euro pro Mahlzeit. Die Aufsicht übernehmen montags, mittwochs und freitags die Eltern, dienstags und donnerstags, bei Nachmittagsunterricht, die Lehrkräfte.

In anderen Gemeinden – wie etwa in Klausen oder Villanders – befinden sich Eltern in einer nahezu ausweglosen Situation. Wie sich auch jüngst beim Treffen der Elternvertreter des Schulsprengels Klausen zeigte, ist der Frust groß: Gerade in der jetzigen Krisenzeit wollen viele Mütter wieder in die Berufswelt zurückkehren – aber sie stoßen, teils ausschließlich wegen ihres Wohnortes, an die Grenzen.

In Klausen ist auch in den nächsten Jahren keine Lösung des Problems in Sicht. Bürgermeister Peter Gasser dazu: „Uns ist es organisatorisch nicht möglich, dieses Angebot auf den Weg zu bringen: Klausen umfasst den Hauptort und drei Fraktionen. Wenn schon, müssten wir diese Ausspeisung in allen Orten anbieten.

Und diese Riesenaufgabe können wir beim jetzigen Personalstand nicht stemmen. Hinzu kommt, dass wir keine Räumlichkeiten haben. Unsere Bemühungen konzentrieren sich zurzeit darauf, eine ordentliche Mittagsmensa für die Mittelschüler auf die Beine zu stellen, was schon ein schwieriges Kapitel ist. Von einer Mensa für Grundschüler brauchen wir nicht mal zu reden. Wir können auch die Finanzierung nicht stemmen.“

In Villanders tun sich für die Eltern indes Perspektiven auf: „Bisher lag bei uns keine offizielle Anfrage vor und auch an mich wurde kein konkreter Bedarf vermeldet. Erst heuer haben wir eine mündliche Anfrage erhalten, die Referentin wird das Anliegen nun schriftlich deponieren“, so Bürgermeister Walter Baumgartner.

Die nächsten Schritte: „Wir sind nun bereits in Vorbereitung, die ganzwöchige Mittagsmensa noch im heurigen Schuljahr anzubieten, voraussichtlich ab Jänner oder im zweiten Semester. Allerdings müssen die Eltern für die Aufsicht sorgen“, verspricht Baumgartner.

Christa Ladurner

Um die dringende Notwendigkeit einer flächendeckenden, ganzwöchigen Mittagsausspeisung für Volks- und Mittelschüler weiß auch Christa Ladurner, Sprecherin der Allianz für Familie: „Einige Gemeinden, in denen die Fahrtzeiten für die Schüler sehr lang sind, bieten diese schon lange an – wie Ulten. Ein weiteres interessantes Modell wurde im Unteren Gadertal umgesetzt: Alle Schulen laufen bis 14.15 Uhr, das Mittagessen ist inbegriffen.“

In sehr vielen Gemeinden ist die Ausspeisung aber nur an den Nachmittagsunterricht gekoppelt, weil die Lehrpersonen die Schüler begleiten. „Die Gemeinden tun sich schwer, Personen für die zweistündige Aufsicht der Kinder zu finden – hierbei geht es auch um Verantwortlichkeiten“, schildert Ladurner.

Die Situation ist paradox: Auf der einen Seite sucht die Arbeitswelt verzweifelt nach Mitarbeitern, auf der anderen Seite wird den Müttern die Ausübung ihres Jobs fast unmöglich gemacht. Die Mittagsmensa ist hierbei nur ein Baustein.

„Vieles wäre zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf notwendig“, sagt Ladurner. „Zurzeit gibt es Probleme, dass nicht alle Kleinkinder einen Platz in der Kita erhalten. Ein großes Problem ist, dass die Öffnungszeiten der Betreuungseinrichtungen nicht mit den Arbeitszeiten der Eltern übereinstimmen – vorwiegend dann, wenn die Erziehungsberechtigten in der Pflege, im Verkauf oder im Tourismus tätig sind. Die Nachmittagsbetreuung ist das nächste Thema, hierzu gibt es noch kein flächendeckendes Angebot“, so Ladurner.

Spezifisch zum Betreuungsangebot in den Kindergärten sagt sie: „Vor der Corona-Pandemie boten noch sehr viele Kindergärten eine Verlängerung an, diese Möglichkeiten haben sich sehr reduziert, zumal die Kriterien für die Einschreibungen immer rigider werden: Ein Kind kann nur in die Verlängerung eingeschrieben werden, wenn die Eltern bereits berufstätig sind. Aber in vielen Fällen benötigen die Eltern diese Alternative, um überhaupt wieder in die Berufswelt einsteigen oder die Arbeitszeiten aufstocken zu können.“

Mit Blick auf andere Gemeinden, haben viele Eltern das Gefühl, dass die familienunterstützenden Maßnahmen im eigenen Wohnort nur am Willen der dortigen Politiker und deren Prioritäten scheitern.

Auch die Schulen spielen bei der Lösung der Problematik eine große Rolle, wie sich in Bozen zeigt: „In der Landeshauptstadt können Eltern, deren Nachwuchs die italienische Schule besucht, den Bedürfnissen entsprechend auswählen: Sie können ihr Kind nur vormittags und ein- bis zweimal zum Nachmittagsunterricht schicken, oder das Kind kann die Nachmittagsbetreuung bis 14.30 Uhr besuchen. Zudem gibt es noch Ganztagsmodelle. Die Wahl zwischen verschiedene Modelle ist eine interessante Perspektive“, so Ladurner.

Ihr Fazit: „Einige Gemeinden bemühen sich sehr, aber es braucht auch die Kooperation mit den Schulen – und für die Verlängerung mit dem Kindergarten.“

 

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Kommentare (7)

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  • vinsch

    Vielleicht lösen wir das Problem indem wir der Schwarzarbeit nachgehen. Wir suchen seit Monaten nach einer Reinigungskraft. Jede Menge Frauen aus Albanien haben sich vorgestellt. Alle möchten arbeiten aber nur „schwarz“. Diese Frauen haben ihre Kinder in der Kita, die größeren genießen das Mittagsprogramm (Essen und Hausaufgabenbetreuung) kommen erst um 154.30 nach Hause, obwohl die Mütter praktisch als Hausfrauen gelten. Weiters wurde uns ganz klar gesagt, ansonsten werden Beiträge gestrichen und für die im Moment gratis bewohnten Sozialwohnungen müsste man dann Miete zahlen. Das ist ein Riesenproblem und hier muss endlich etwas geschehen.

    • gerhard

      Das sind die Sozialschmarotzer, die in unserer pervertierten Wahrnehmung keine Sozialschmarotzer sein dürfen.
      Sagt man die Waheheit laut, wird man in die rechte Ecke gedrängt.
      Gäbe es für arbeitsfähige Personen nur soviel Sozialhilfe, das der Mensch gerade nicht verhungern muss, wäre dieses Problem schon lange beseitigt.
      Es ist doch eine himmelschreiende Ungerechtigkeit und eine bodenlose Sauerei gegenüber den Alten Menschen, die Ihr Leben lang gearbeitet haben und für Ihre schwere und unterbezahlte Arbeit weniger Rente oder Sozialunterstützung erhalten.Jeder Migrant der ins gelobte Land kommt, weil hier linke Gutmenschen das erwirtschaftete Kapital an Sozialtouristen und Wirtschaftsflüchtlinge verschenken hat genausoviel oder mehr.
      Schafft schwarz und hat dann in Summe mehr, wie jeder schwer arbeitende Einheimische..
      Ein Skandal ohne Ende!

  • romy1988

    Danke @dagobert, genauso ist es. Bisher hat man alles dafür getan, dass Schul- und Betreuungspersonal so viele Vorteile wie nur möglich hat. Eltern mussten sich anpassen, nicht umgekehrt. Vor allem Kindergärten gehören das ganze Jahr über geöffnet – wegen eingebildeter Burnoutgefahr hat man sogar den Freitag verkürzt. Das haben wir vorwiegend unserer lieben Frau Deeg zu verdanken. Noch mehr rückwärts geht nicht mehr.

  • olle3xgscheid

    Wer hat diesen Vorschlag , Vereinbarkeit von Familie und Beruf , überhaupt in die Welt gesetzt?
    Da soll , egal ob Mann oder Frau , den Spagat zwischen Familie und Beruf stemmen, wie das aissieht sehen wir aktuell….
    Nicht alles was vorgesetzt wird muß oder kann funktionieren.
    Das sind so Schlagwörter um bei den Wahlen zu punkten, mehr nicht.
    Wie hieß es einmal; auf 2 Hochzeiten tanzen geht nicht, auch nicht 2022

  • vinsch

    Wir haben zu viele Kinder, wenig Plätze und zu wenig Personal? Dann kontrolliert doch endlich alle Frauen, ob sie auch einer Arbeit nachgehen, Arbeitsvertrag muss vorgezeigt werden, ansonsten haben sie erst dann ein Anrecht auf diese sozialen Leistungen, wenn genügend Plätze frei sind. Es kann nicht sein, dass diese Frauen diese Leistungen kostenlos nutzen dürfen und gleichzeitig „schwarz“ arbeiten und somit dieses Sozialsystem lediglich ausnutzen aber nichts beisteuern.

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