„Retten, was zu retten ist“
Im Landtag wurde in dieser Woche darüber diskutiert, wie man das Borkenkäfer-Problem in den Griff bekommen kann.
Es waren die SVP-Bauernvertreter Franz Locher, Sepp Noggler und Manfred Vallazza, die den Beschlussantrag zum Borkenkäfer-Problem in Südtirol („Maßnahmen zur Bekämpfung des Borkenkäfers – um zu retten, was noch zu retten ist“) einbrachten.
Der Antrag lautete wie folgt:
„Der Landtag fordert die Landesregierung auf, 1) ein flächendeckendes und lückenloses Monitoring der Verbreitung des Borkenkäfers in die Wege zu leiten und dessen Ergebnisse im Abstand von 3 Monaten zu veröffentlichen; 2) eine Expertengruppe, unter Beteiligung von Fachleuten aus den Nachbarländern, einzusetzen, die dieses Monitoring überwacht und entsprechende Empfehlungen zur Ergreifung von Maßnahmen ausspricht sowie einen Managementplan auch in Hinblick auf gezielte Aufforstungsprogramme erarbeiten wird; 3) ein Förderprogramm für Privat- und Gemeindewälder zu erstellen, das den Entwicklungen und damit den tatsächlichen Erfordernissen entspricht.“
„Begünstigt durch das Jahrhundertereignis des Sturms „Vaia“ im Jahr 2018, den Schneedruckschäden in den Jahren 2019 und 2020 und den Rekordtemperaturen im Sommer 2022 hat die Entwicklung des Borkenkäfers ungeahnte Ausmaße angenommen. Zunehmend kleine und größere braune Flecken in den heimischen Wäldern, aber bereits auch großflächig abgestorbene Waldbestände „zieren“ unser einzigartiges Landschaftsbild und die Aussichten sind mehr als trüb”, erklärte Franz Locher (SVP).
„Allein in diesem Jahr wird die Schadholzmenge etwa im Pustertal höher sein als der jährliche Hiebsatz (2022: Schadholz 1.000.000 m³, jährlicher Hiebsatz 700.000 m³).” Es gehe nicht nur ums Geschäft, es gehe auch um die Bindung von CO2 und um den Wasserschutz. 40 Prozent der Waldfläche seien Schutzwald, 20 Prozent indirekter Schutzwald.
Die Ursache seien die Erderhitzung und die daraus folgenden Wetterkapriolen, erklärte Hanspeter Staffler (Grüne).
Was man heute erlebe, sei womöglich ein Kippeffekt: Das Ökosystem kippe. Das sei dann nicht mehr so ohne weiteres umkehrbar. In den letzten Jahrzehnten sei nie eine klimaschonende Politik gemacht worden, das sei den konservativen Parteien anzulasten. Der Antrag enthalte Anpassungsstrategien, denen man zustimmen könne. Aber es fehle ein Vorschlag, wie man Treibhausgase einsparen könne, die Hauptursache.
Zum Antrag schlug er vor, auch einheimische Fachleute einzubinden.
Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit) nannte Peter Wohlleben als Experten, der ein vielbeachtetes Buch über Bäume geschrieben habe.
Er sehe in der Monokultur den größten Fehler und den Klimawandel als Ursache. Schlimm sei eine Flächenrodung, noch schlimmer die Bepflanzung wieder mit Fichten. Auch das Befahren des Waldbodens mit schweren Maschinen sei ein Problem.
Bei einer Wanderung sehe man schnell den schlechten Zustand vieler Wälder, berichtete Andreas Leiter Reber (Freiheitliche). Es seien sehr große Flächen betroffen. Eine echte Rettung sei nur mehr bei kleinen befallenen Flächen möglich. Er fragte, ob das Monitoring derzeit lückenlos sei.
Peter Faistnauer (Perspektiven Für Südtirol) fragte, wer diese Kontrolle alle drei Monate durchführe, da es laut Schuler zu wenige Förster gebe, und forderte Maßnahmen zur Steigerung der Rentabilität des Holzes und zur Abrechnung der Beiträge für die Räumung des Waldes nach dem Sturm Vaia, auf die viele noch warten.
Man kenne die Bedeutung und die Schutzfunktion des Waldes, meinte Gerhard Lanz (SVP). Vieles könne auch von den Privaten getan werden, und es sollte nicht so laufen wie nach dem Sturm Vaia, als viele das Holz schnell nach Österreich verkauft hätten. Man könnte auch Betriebe fördern, die dieses Schadholz verarbeiten.
Südtirol sei nicht alleine mit dem Problem, erklärte LR Arnold Schuler mit Verweis auf Deutschland, wo große Schäden entstanden seien. Es gebe keine Patentlösung dazu.
Derzeit seien in Südtirol 2 Prozent der Waldfläche betroffen, das sei nicht wenig, weil sich das Phänomen ausbreite. Man habe ein Netzwerk und fachlichen Austausch mit anderen Regionen, es gebe ein internes Pilotprojekt, das auch Richtlinien ausarbeite.
Nach Vaia habe man 21 Mio. ausgegeben, insgesamt seien in vier Jahren 50 Mio. ausgegeben worden.
Das Land zahle etwa 3.000 Euro für diese Schutzwaldpflege.
Das Monitoring, betreut von der Uni Padua, umfasse Überwachungsstationen im ganzen Land. Staffler könne er ziemlich in allem zustimmen, auch bezüglich der Ursache. Als Folge des Klimawandels habe man jüngst sehr warme Jahre gehabt, und das wirke sich auch auf die Verbreitung des Borkenkäfers aus.
So einfach wie Atz Tammerle es darstelle, lägen die Dinge nicht. Der Großteil der Südtiroler Waldgebiete sei ideal für die Fichte, und das werde so bleiben. Eine interne Expertengruppe gebe es bereits, von den internationalen Experten, die man zu einer Tagung eingeladen habe, erwarte man sich zusätzliche Informationen.
Franz Locher erwartete sich, dass internationalen Experten auch in die Expertengruppe einbezogen würden.
Derzeit würden von den verarbeitenden Betrieben 30 Euro pro Kubikmeter bezahlt, das sei zu wenig, 60 müssten es sein angesichts des Gaspreises. So vermeide man, dass Holz nach Österreich oder nach Venetien verkauft werde.
Der Borkenkäferbefall sei ein Problem der ganzen Gesellschaft. Locher stimmte auch den von Staffler vorgeschlagenen Änderungen zu (lokale Experten und Waldverjüngungsmaßnahmen).
Der Antrag wurde mit 33 Ja einstimmig angenommen.
Kommentare (13)
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