Ohne Strom
Das Verbraucherzentrum Meran schlägt Alarm: Immer mehr Menschen kommen mit der Teuerungswelle nicht zurecht. Berater Reinhard Bauer berichtet aus seinem Alltag.
Tageszeitung: Herr Bauer, Sie zeichnen ein düsteres Bild. Die Teuerungswelle hat die Menschen voll erfasst?
Reinhard Bauer: Ja, die Situation ist derzeit äußerst bedenklich. Es kommen vermehrt Konsumenten zu uns in die Verbraucherzentrale, um einen Ausweg aus dem Teufelskreis zu finden.
Wer kommt mit welchen Anliegen zu Ihnen?
Es werden Familien, aber auch viele Paare und Alleinlebende mit geringem und mittlerem Einkommen vorstellig, die zunehmend Probleme haben, ihre Kondominium-, Gas- und Stromrechnungen zu begleichen. Vermehrt sind wir auch mit Haushalten konfrontiert, denen bereits die Stromzufuhr gedrosselt bzw. ganz abgedreht wurde, weil sie die Rechnungen nicht bezahlt haben.
Was ist mit den Mindestrentnern?
Diese erhalten über die ISEE-Erklärung bei einer Obergrenze bis 12.000 Euro eine Unterstützung. Wir hoffen, dass diese Obergrenze auf 15.000 Euro erhöht wird. Das Problem ist, dass viele alleinstehende Rentner nichts davon wissen und demnach auch keine ISEE-Erklärung haben.
Seit wann verzeichnen Sie diesen Anstieg?
Seit einigen Wochen. Bisher haben die meisten Menschen von der Teuerung nur in den Medien gelesen, das war für viele sehr abstrakt. Jetzt hingegen beginnt sich die unfassbar hohe Inflation von 9,9 Prozent unmittelbar auf die Brieftaschen der Bürger auszuwirken. Die Grundnahrungsmittel und andere Produkte werden immer teurer, die Darlehenszinsen steigen, die meisten Löhne hingegen nicht. Zudem ist Meran eine Gemeinde mit Wohnungsnot mit entsprechend hohen Mieten. Ein böses Erwachen gibt es häufig gerade bei den Kondominiumsspesen, da die Saldozahlungen mit dem Voranschlag fürs kommende Jahr zusammenfallen. Das sind hohe Kosten, die sich viele nicht mehr leisten können. Dabei steht uns der Winter und somit die Heizperiode erst noch bevor.
Was raten Sie in solchen Fällen?
Jeder Konsument sollte sich bewusst sein, dass die Teuerungswelle länger anhalten kann. Daher braucht es zuallererst die Erkenntnis, dass man sich nicht mehr alles leisten kann. Sonst gerät man in einen Teufelskreis: Es werden Schnellkredite aufgenommen, die dann noch zusätzlich beglichen werden müssen.
Also den Gürtel enger schnallen?
Das muss nicht unbedingt sein, oft helfen Umstrukturierungen der privaten Haushaltsbilanzen. Daher mein Tipp: Jeder sollte zuallererst sämtliche Kreditkarten- und Bankauszüge sowie Verträge durchforsten. Gerade bei den Haus- und Autoversicherungen beispielsweise gibt es ein hohes Einsparungspotential. Dazu kommt, dass einige Stromanbieter den Verbrauch nur mehr schätzen und erst nach vielen Monaten ausgleichen. Die Konsumenten bezahlen somit mehr als sie müssten. Hier sind Selbstablesungen sinnvoll. Bei solchen Haushaltsüberprüfungen treten häufig auch überflüssige Kostenfaktoren wie z.B. online – Abos zutage, die auch einige Hundert Euro ausmachen können. Wenn jemand zu solchen Überprüfungen nicht selbst in der Lage ist, helfen unsere Verbraucherschutzzentralen oder die Schuldnerberatung der Caritas.
Interview: Karin Gamper
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Kommentare (3)
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criticus
Leider Gottes ein düsteres Bild.
Einige Fragen an Herrn Sparber von der EURAC: Wenn man bei Beginn der Stromkrise in einem Interview mit der RAI-BZ groß ankündigt, dass diese Krise eine Chance ist, dann frage ich Sie, haben Sie auch an die die Konsequenzen dieser Krise für ärmere Personen gedacht? Mittlerweile betrifft es auch die „Mittelklasse“. Wie soll man in einer solchen Weltkrise sofort auf alternative Stromerzeugung umstellen?
Sie haben auch gesagt, dass Gas, Diesel und Benzin keine Zukunft hat. Warum ist Alperia dann in solchen Stromerzeugerfirmen eingestiegen? Oder stimmt das nicht?
Warum sponsert Alperia die Juventus mit Millionen und schaltet den Armen im Land bei Nichtbezahlung den Strom ab? Stimmt das auch nicht?
pingoballino1955
Na dann liebe SVP beeilt euch mal mit den angeblichen Schnellen Hilfen mit den Auszahlungen,ohne riesigen Ansuchungspapierkram!
brutus
…die Politik hat in den letzten Jahr(zent)en versagt!
Unnötige Bauhürden bei der Photovoltaik, Abbau der Windräder auf der Malser Haide anstatt Ausbau (Brenner), Verbot von privaten und gemeindeeigenen Kleinkraftwerken! (weil unüberwindbare Auflagen um die sie unrentabel zu machen)