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„Nicht überheblich werden“

Der FC Südtirol hat unter Trainer Pierpaolo Bisoli zehn Punkte in vier Spielen geholt. FCS-Geschäftsführer Dietmar Pfeifer erklärt, warum es plötzlich läuft.

TAGESZEITUNG Online: Herr Pfeifer, mit dem Auswärtssieg des FC Südtirol in Palermo haben wohl die wenigsten gerechnet. Wie erklären Sie sich den Lauf ihrer Mannschaft?

Dietmar Pfeifer: Es ist wieder die Mentalität eingekehrt, die wir im Vorjahr hatten. Man sieht es auch an der Körpersprache der Spieler: Wenn der Tormann eine Super-Parade macht, wird er von den Mitspielern abgeklatscht, wenn ein Spieler einen Fehler macht, wird er aufgebaut. Mit dieser Mentalität sind wir in die Serie B aufgestiegen, und diese Mentalität müssen wir beibehalten.

Dieser Mannschaftsgeist hat sich entwickelt, als Pierpaolo Bisoli die Truppe übernommen hat?

Ja, diesen Mannschaftsgeist, dieses Gemeinschaftsgefühl, habe ich im Sommer vermisst. Das mag auch damit zu tun gehabt haben, dass die halbe Mannschaft neu ist. Aber jetzt ist dieser Mannschaftsgeist wieder da, vor allen Dingen dank des Trainers.

Es klingt alles so einfach: Der FCS verliert die ersten drei Spiele, dann kommt ein neuer Trainer – und plötzlich startet die Mannschaft mit drei Siegen und einem Unentschieden durch. War es denn alles so einfach?

Pierpaolo Bisoli (Foto: FCS)

Nein, überhaupt nicht! Wir haben uns extrem viel Zeit damit gelassen, den neuen Trainer auszuwählen. Es hat unzählige Sitzungen zwischen den sportlich Verantwortlichen und dem Verwaltungsrat gegeben, ehe wir uns auf Bisoli festgelegt haben. Uns war bewusst, dass die Trainerfrage eine entscheidende Personalie ist, wir waren uns im Klaren, dass wir bei der Auswahl des Trainers keinen Fehler mehr machen dürfen, wenn wir in dieser Liga bestehen wollen. Gleichwohl war uns bewusst, dass es keine Garantien gibt, denn man weiß ja nicht, ob ein neuer Trainer mit dem Ambiente, mit der Mannschaft kompatibel ist.

Was hat denn schlussendlich den Ausschlag für die Verpflichtung von Pierpaolo Bisoli gegeben?

Sicherlich die Erfahrung in schwierigen Situationen. Bisoli, das hat er bewiesen, kann in schwierigen Situationen auf die richtige Taste drücken. Anfangs hat er unzählige Einzelgespräche mit den Spielern geführt. Und vor allen Dingen hat er sich am ersten Tag vor die Mannschaft gestellt und gesagt: Ich bin da, und wir erreichen unser Ziel.

Bisoli hat also vornehmlich auf die mentalen Tasten gedrückt?

Ja, er hat zu den Spielern gesagt: Wir haben Qualität, wir können in dieser Liga bestehen! Gleichzeitig hat er darauf geachtet, die Mannschaft auch physisch auf ein Top-Niveau zu bringen.

Unmittelbar nach dem Palermo-Spiel hat Bisoli gesagt, an die drei gewonnenen Punkte denke er nicht mehr, er richte den Fokus bereits auf den nächsten Gegner Benevento …

Das ist richtig. Bisoli weiß, dass es keine sportliche Garantie gibt, dass es so weitergeht. Wir haben einen guten Moment, der Trainer hat die Mannschaft auf Kurs gebracht, aber zu meinen, jetzt wären wir überm Berg, wäre der größte Fehler, den man machen kann. Wir sind gut unterwegs, aber wir müssen mit beiden Füßen auf dem Boden bleiben und Sonntag für Sonntag aufs Feld gehen mit dem unbedingten Willen zu punkten.

Die 10 Punkte, die die Mannschaft unter Bisoli in vier Spielen gesammelt hat, gibt Selbstvertrauen …

Ja, aber wir dürfen jetzt nicht überheblich werden und, meinetwegen, von den Playoffs reden. Wir müssen unsere Tugenden beibehalten, den Kampfgeist, die Mentalität, den Gruppensinn. Und mit dem Selbstvertrauen kommt dann auch die Qualität, das hat man in der ersten Halbzeit in Palermo gesehen …

… die besten 45 Minuten in der bisherigen Saison …

Ja. Genauso müssen wir in die nächsten Spiele gehen, wir haben die Qualität, um jeden Gegner in Schwierigkeiten zu bringen.

Der Club Palermo gehört jenen Scheichs, die auch Manchester City besitzen …

Richtig, und Palermo hat während der Pause im Trainingscenter von Manchester City trainiert, Palermo ist also eine Mannschaft, die groß denkt …

… und die zeitnah in die Serie A aufsteigen will …

Ja, aber man hat am Sonntag gesehen, dass wir auch gegen diese Mannschaften, die groß denken, bestehen können.

Sind Sie im Nachhinein froh, dass Sie sich mit Ihrem Vorhaben, Raphael Odogwu zu verkaufen, nicht durchgesetzt haben?

(lacht) Wer sagt, dass ich Odogwu verkaufen wollte?

Es heißt, dass man den Spieler, der immerhin 31 ist, abgeben wollte, auch weil viele sogenannte Experten gesagt haben, dass die Serie B für Odogwu eine Nummer zu große wäre …

Foto: Bordoni

Es war schon so, dass ein Verkauf im Raum gestanden hat. Aber letztendlich haben wir uns gesagt: Odogwu ist physisch stark, jetzt schauen wir, ob er der Aufgabe gewachsen ist. Es gibt nun einmal keine Garantien, wie ein Spieler in einer höheren Liga tickt. Die Anforderungen können zu hoch sein, aber es gibt Spieler, die mit ihrer Aufgabe wachsen. Odogwu gehört zu letzteren. Auch von Matteo Rover haben einige – wie Sie sie nennen – Experten gesagt, er könne in der Serie B nicht mithalten. Er hat längst das Gegenteil bewiesen.

Zurück zum Palermo-Spiel: In der zweiten Halbzeit hatte der FCS schon großes Glück …

Ja, aber das Glück erarbeitet man sich. Wir hatten das Glück in den ersten Spielen nicht, und auch im Heimspiel gegen Cosenza hat die Gastmannschaft nur einmal aufs Tor geschossen und mit einem Sonntagsschuss ein Remis geholt. Man muss aber auch sagen: Wir haben in Palermo in der zweiten Hälfte gekämpft bis zum Umfallen …

Ist auch dieser bedingungslose Kampfeswillen Bisolis Errungenschaft?

Ja, wenn man sieht, mit welcher Intensität bei uns trainiert wird, das ist gewaltig. Das hat natürlich mit dem Trainer zu tun. Die Spieler, die im Training bereit sind zu leiden, die gehen mit dieser Mentalität auch am Sonntag zu Werke. Mit dieser Mentalität kann man auch schwierige Phasen überbrücken, so wie wir sie in der zweiten Halbzeit in Palermo vor 17.000 Zuschauern hatten. Wir haben dem Druck standgehalten, weil unsere Spieler bereit waren zu leiden. Auch hat man in Palermo gesehen, wie wichtig für uns ein Spieler wie Andrea Masiello ist …

Masiello war der Fels in der Brandung …

Ja, man merkt bei ihm, dass er fast 300 Spiele in der Serie A gemacht hat. Masiello ist Gold wert, denn er weiß, wie man mit so einer Situation umgeht, er bringt in schwierigen Situationen Ruhe hinein.

Paolo Bravo mit Andrea Masiello

Am Sonntag empfängt der FCS die Mannschaft von Benevento, die seit wenigen Tagen von Fabio Cannavaro, dem Weltmeister und ehemaligen Weltfußballer, trainiert wird …

Ja, spätestens wenn man diese Leute im Drususstadion sieht, kann man erahnen, in welche Dimensionen wir vorgestoßen sind. Für Fußballfans ist es etwas Besonderes, Fußball-Größen wie Cannavaro zu sehen, und im nächsten Heimspiel kommt mit Gigi Buffon ein weiterer Weltmeister und Welttorhüter nach Bozen …

Welche Botschaft schicken Sie an Cannavaro und Buffon?

(lacht) Wir werden uns zu wehren wissen.

Interview: Artur Oberhofer

 

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