Aktenzeichen Sustainability
Die „goldenen“ Honorare der Referenten bei den Sustainability Days in Bozen werden jetzt ein Fall für den Rechnungshof. Fällt dem Land das nachhaltige Geprotze auf den Kopf?
von Artur Oberhofer
Brigitte Foppa gehört nicht zu jener Spezies von PolitikerInnen, die wegen jeder Kleinigkeit zum Rechnungshof laufen. „Aber diesmal“, sagt die Landtagsabgeordnete der Grünen, „ist die Weiterbildnerin in mir stutzig geworden.“
Sie habe selbst habe viele Jahre als Landesangestellte im Weiterbildungsbereich gearbeitet. „Daher habe ich mich gewundert, wie es möglich war, so hohe Honorare an die Referenten der Sustainability Days zu zahlen.“
Die Vorgeschichte ist bekannt: Das Land hat sich die Nachhaltigkeitstage eine schöne Stange Geld kosten lassen: 2,3 Millionen Euro. Über 131.000 Euro wurden allein für Referenten-Honorare bezahlt. So haben der US-Autor David Wallece-Wells und die ehemalige Deutsche-Bahn-Managerin Sabina Jeschke für ihre Vorträge jeweils 22.000 Euro erhalten. Die Verhaltensforscherin Jane Goodall erhielt 20.000 Euro (siehe dazu die Info-Grafik).
Pikant: David Wallece-Wells hatte sogar angeboten, das Referat online zu halten.
Das Land zahlte dem bekannten Autor aber lieber ein fürstliches Honorar plus Reise- und Verpflegungsspesen. „Damit die Politiker den Referenten medienwirksam die Hand schütteln konnten“, ätzt der Team-Abgeordnete Alex Ploner.
Die Grünen-Abgeordneten Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba und Hanspeter Staffler haben gestern eine Eingabe bei der Regionalen Staatsanwaltschaft am Rechnungshof hinterlegt. In dieser Sachverhaltsdarstellung geht es um die Grundsatzfrage, ob die Sustainability Days nun ein Kongress bzw. eine Tagung (wie die Grünen behaupten) waren – oder eine „internationale Austausch-Plattform für Wissenschaft, Politik und Stakeholdern zur Förderung von nachhaltigen Lösungen im ländlichen Raum“ (so wie die Landesregierung jetzt behauptet).
Eine Unterscheidung ist deswegen so wichtig, weil das Land selbst im Weiterbildungsbereich eine Höchstgrenze für die Referentenhonorare festgelegt hat.
Der Beschluss der Landesregierung Nr. 39 vom 26. Jänner 2021 sieht nämlich vor, dass 110 Euro pro Stunde für Referententätigkeit und maximal 400 Euro für ReferentInnen für eine gesamte Veranstaltung gezahlt werden können.
Eine Erhöhung um 50 Prozent ist laut diesem Beschluss zulässig für „Initiativen mit hochspezialisierten Inhalten und Themen“. Außerdem muss die Erhöhung „durch das Curriculum Vitae oder durch Referenzen gerechtfertigt sein.
Brigitte Foppa räumt zwar selbst ein, dass die festgelegten Höchstsätze niedrig seien. „Mit diesen mickrigen Honoraren kriegt man keine ordentlichen Referenten.“ Aber, so gibt die Grünen-Politikerin zu bedenken, „zwischen einer ordentlichen Vergütung und den bei den Sustainability-Tagen tatsächlich gezahlten Honoraren gibt es schon einen Unterschied, ein gutes Mittelmaß hätte es gebraucht.“
Geistige Arbeit, so Foppa, solle ordentlich honoriert werden, aber die gezahlten Honorare seien jenseits von Gut und Böse.
Das Land rechtfertigt sich jetzt so: Bei den Sustainability Days habe es sich nicht um einen Weiterbildungs-Event gehandelt, sondern – man muss sich die Worte auf der Zunge zergehen lassen – um eine „internationale Austausch-Plattform, und somit unterliege „der auf dieser Ebene stattfindende Wissenstransfer internationalen Preisstandards“.
Sprich: Die Welt-Intelligenzija war im Lande, nur hat dies niemand oder kaum jemand bemerkt.
Anders die Grünen: In der Eingabe an den Rechnungshof machen die Grünen nicht nur die „überzogenen Honorare“ geltend, sondern beharren darauf, dass die Sustainability Days „ein klassischer Kongress, eine klassische Tagung“ gewesen seien, die somit den Richtlinien des genannten Beschlusses Nr. 39 unterlegen hätten.
Brigitte Foppa sieht nicht ein, „warum sich alle Veranstalter von Kongressen und Großtagungen an die Richtlinien des Beschlusses Nr. 39 zu halten haben, nur die Landesregierung nicht“.
Davon, dass die so international aufgezogenen Sustainibility Days ein totaler Publikumsflop waren, will die Grünen-Chefin gar nicht sprechen.
Sie und ihre Partei hätten sich mit Kritik sehr zurückgehalten, erklärt Brigitte Foppa, „weil uns das Thema Nachhaltigkeit sehr wichtig ist“. Aber die getätigten Ausgaben stünden in einem krassen Missverhältnis zu den für Kongresse und Tagungen geltenden Landesrichtlinien.
Das Land kann jetzt nur hoffen, dass die Staatsanwaltschaft am Rechnungshof nicht noch tiefer schürft und wühlt. Denn es gibt neben den Referenten-Honoraren noch andere Ausgabenposten, die beeindrucken.
Allein für die Technik („Bespielung des Events“) wurden 650.000 Euro ausgegeben, weitere 250.000 Euro für die „Technologie“.
Kulinarisch wurden die (wenigen) Gäste ebenfalls verwöhnt, denn es stehen 60.000 Euro an Ausgaben für das Catering zu Buche.
Der Beirat und das Expertengremium, die das Mega-Event geplant haben, haben die erkleckliche Summe von 300.000 Euro kassiert. Und für Kommunikation und „Side Events“ wurden gar 600.000 Euro ausgegeben.
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