Ohne Bauchgefühl?
Superschlank und ohne Bauch: Raffaela Vanzetta von der Fachstelle für Essstörungen kritisiert eine Werbefigur der Sparkasse. Dort kann man den Trubel um die virtuelle Figur nicht nachvollziehen.
von Lisi Lang
Sie ist wirkt jung, modern, hat einen blonden Kurzhaarschnitt und soll das neue Online-Banking der Sparkasse erklären. Auf den ersten Blick wirkt „MariON“, so heißt die Figur der Sparkasse, die in Video-Tutorials die verschiedenen Dienste vorstellt, relativ normal – würde zwischen ihrer weißen Bluse und der roten Hose nicht ein großes Loch klaffen. Die Sparkassen-Figur „MariON“ hat keinen Bauch.
Für die Koordinatorin der Fachstelle für Essstörungen beim Forum Prävention, Raffaela Vanzetta, ist das ein absolutes No-Go. „Die Südtiroler Sparkasse will Frauen ohne Bauchgefühl“, kritisiert Vanzetta. „Der Bauch von uns Menschen ist eine Schatztruhe der besonderen Art. Unser sechster Sinn befindet sich darin: das Bauchgefühl, oft ein weiser Wegweiser in einem Leben voller Entscheidungen. Auch das zweite Gehirn befindet sich im Bauch: unser Darm, ein sieben Meter langer Schlauch voller Zotten und Krypten, die die Oberfläche des Schlauchs auf 32m² erhöhen. 32m², alle in unserem Bauch“, erklärt die Koordinatorin der Fachstelle für Essstörungen.
Trotzdem sei der Bauch für viele Frauen und für viele Männer ein Feind. „Er wird eingezwängt, flachgewünscht, ist oft Zentrum enormen Selbsthasses, Grund für Tränen in der Umkleidekabine, Ziel strenger Workouts – viele Mädchen und Jungs, die in Südtirol wegen einer Essstörung in Behandlung sind, wünschen sich zutiefst einen inexistenten Bauch“, erklärt die Koordinatorin der Fachstelle für Essstörungen Infes.
Und diesem Feindbild komme die Sparkasse nun mit der „superschlanken Marion mit Rundungen an Po und Busen aber ohne Bauch zu Hilfe“, kritisiert Vanzetta. „Eine Vorbildsfrau für alle Mädchen und Frauen, die tagtäglich dem Bauch den Kampf angesagt haben – werde wie Marion“, so Raffaela Vanzetta und fordert, dass Marion ihren Bauch zurückbekommt – „am besten ein bisschen weich und rund, „denn so sind Bäuche eben“.
Bei der Südtiroler Sparkasse zeigt man sich über die Kritik der Fachstelle für Essstörungen überrascht – vor allem weil die „MariON“-Kampagne schon vor gut 14 Monaten angelaufen und in den Medien aber auch im Kino und anderen öffentlichen Räumen entsprechend publik gemacht worden sei. Kritik gab es bislang keine. „Wir als Sparkasse sind bei diesen Dingen immer stark im Fokus und wir haben bisher wirklich keine einzige negative Stellungnahme bekommen“, sagt Stephan Konder, Leiter für Kommunikation bei der Südtiroler Sparkasse.
Dass diese Figur der Sparkasse eine Auswirkung auf das Selbstbild bzw. die Wahrnehmung des weiblichen Körpers hat, bezweifelt Konder. „Es handelt sich um eine fiktive Figur und keine reale Person, die sich in einer virtuellen Welt bewegt – diese Figur taucht in den Laptop ein oder steigt über Stufen, die im freien Raum schweben.“ Er erklärt: „Wir haben die Kampagne mit der Umstellung unseres Online-Banking gestartet“, sagt Stephan Kondor, „und mit diesem Spot wollte man die Neuigkeiten und Innovationen kommunizieren.“
Der Leiter für Kommunikation bei der Südtiroler Sparkasse erklärt auch, dass man überlegt habe, ob man für diese Kampagne eine männliche oder weibliche Figur wählt – so oder so wären aber beide ohne Bauch gewesen und auch sofern weitere Figuren in diesem Kontext eingesetzt werden, würden diese ohne Bauch sein. „Es geht hier rein darum, dass man versucht hat kreativ diese Neuigkeiten zu kommunizieren und den virtuellen Raum einzubinden“, sagt Stephan Konder. Mit einer virtuellen „MariON“ ohne Bauch.
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Kommentare (5)
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gorgo
Naja. Ist nun Mal so, dass man keine Speckpölsterchen ansetzt wenn man sein Geld auf die Bank trägt.
schwarzesschaf
So langsam fangen alle an zu spinnen hab ihr nichts zu tun als nur zu schauen wo man kretisieren kann und rumeiern.
esmeralda
@schwarzeschaf, kommt „kretisieren“ wohl von cretin?
natürlich hat Frau Vanzetta Recht, es fängt bei diesen „Nebensächlichkeiten“ an
schwarzesschaf
Traurige welt
placeboeffekt
Frau vanzetta hat natürlich den etwas einseitigen Blick derer, welche tagtäglich die Auswirkungen der Magersucht mitbekommen und behandeln müssen
Weltweit sind aber fast eine Milliarde Menschen fettleibig oder stark übergewichtig.
Dies mit Lobsprüchen auf eine fette wampe zu verharmlosen ist mindestens genauso verwerflich wie die Idealisierung der Barbie-Figur
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