„Ich war am Durchdrehen“
Der Kapitän des FC Südtirol, Fabian Tait, über einen Vulkan namens Pierpaolo Bisoli – und über seinen langsamen Aufstieg von der Serie D in die Serie B.
TAGESZEITUNG Online: Fabian, der FC Südtirol hat jetzt zwei Spiele in Folge gewonnen. Ist Pierpaolo Bisoli ein Magier?
Fabian Tait (lacht): Das könnte man glatt meinen. Bevor er da war, haben wir drei Spiele in Folge verloren, unter ihm haben wir zwei Mal gewonnen … Aber Scherz beiseite: Ich denke, Bisoli hat uns das gegeben, was uns in den ersten Spielen gefehlt hat …
Nämlich?
Bisoli hat in uns einen Enthusiasmus entfacht. Der Trainer kennt die Serie B wie seine Westentasche, er hat uns klipp und klar zu verstehen gegeben, dass es in der Serie B nicht darum geht, schön zu spielen, sondern es zählt die „cattiveria agonistica“, es zählt also der Biss, es geht darum Zweikämpfe zu gewinnen, sonst bringst du kein positives Resultat heim. Wir haben auf ihn gehört, und effektiv sind auch die Resultate gekommen.
So einfach ist das?
Der Trainer hat wenig Zeit gehabt, um mit uns zu arbeiten. Aber er hat in diesen ersten Wochen zwei, drei Sachen korrigiert und uns zu verstehen gegeben, was er von uns will. Nach dem Heimspiel gegen Cosenza an diesem Sonntag haben wir eine längere Pause bis 1. Oktober …
… wenn der FCS in Palermo gastiert …
Richtig. Diese Pause kommt im richtigen Moment, denn in dieser Zeit kann der Trainer intensiv mit uns arbeiten.
War Lamberto Zauli ein schlechter Trainer?
Nein, überhaupt nicht! Ich muss mich bei ihm bedanken. Jeder Trainer, unabhängig davon, ob er drei Jahre oder zwei Monate da ist, gibt dir etwas …
Was hat Zauli Ihnen gegeben?
Er ist ein guter Trainer und hat gute Ideen. Es war die Vereinsführung, die mit ihm nicht zufrieden war, und wir als Mannschaft akzeptieren natürlich die Entscheidung des Vereins. Mir hat Zauli vom Menschlichen her viel gegeben. Ich bin grundsätzlich ein Typ, der versucht, aus jedem anderen Menschen etwas herauszuholen, damit ich mich verbessern kann.
Pierpaolo Bisoli ist dagegen ein Vulkan …
(lacht) Ja, er ist halt so. Und er gibt die Energie, die er verströmt, auch direkt weiter. Es ist fast so wie bei einem Geistheiler, der dich anfasst und die positiven Energien, dieses Feuer auf dich überträgt (lacht).
Was konkret hat Bisoli der Mannschaft gesagt?
Er ist hergekommen und hat uns zu verstehen gegeben, was er will und wie er über uns denkt. Wir waren vorher nicht die schlechteste Mannschaft und sind jetzt auch nicht die beste Mannschaft, denn es gibt noch viel zu verbessern. Und die Meisterschaft ist lang. Es wird sicher Momente gegeben, wo es schwer wird. Wir werden sich nicht alle Spiele gewinnen …
Aber?
Aber wir sind auf dem richtigen Weg.
Bisoli hat der Mannschaft Selbstvertrauen eingeflößt?
Ja, er hat von Anfang an gesagt: Burschen, ich habe euch beobachtet, die meisten von euch kenne ich, in dieser Mannschaft schlummert noch viel Potential, das noch nicht abgerufen worden ist. Leute, ich müsst an euch glauben!
Viele Fans haben sich nach den drei Niederlagen gedacht, dass der FCS in der zweithöchsten italienischen Spielklasse nicht mithalten könne. Hat sich diese Grundskepsis auch auf die Mannschaft übertragen?
Ja, sicher. Viele von uns haben noch nie Serie B gespielt, vielleicht waren wir etwas verunsichert. Gleichwohl muss man sagen: Wir haben auch in den ersten drei Spielen, die wir verloren haben, nicht schlecht gespielt. Genau das hat uns auch der neue Trainer gesagt.
Sie laborieren seit Wochen an einer Oberschenkelzerrung. Wie geht es Ihnen?
Ich habe am vorgegangenen Freitag das Abschlusstraining mitgemacht und am Montag zum ersten Mal wieder voll trainiert. Ich hoffe, dass es jetzt passt und dass ich der Mannschaft bereits am Samstag helfen kann.
Sie haben in den letzten Wochen gelitten?
Es waren drei lange Wochen, ich war am Durchdrehen (lacht).
Was bedeutet es für Sie, ein Serie-B-Spieler zu sein?
Viel! Ich bin seit acht Jahren beim FC Südtirol. Mehrmals sind wir knapp vor dem Ziel gescheitert. In der letzten Saison hat es dann endlich mit dem Aufstieg geklappt.
Ihre ersten Eindrücke von der Serie B?
Das ist eine völlig andere Meisterschaft. Man fühlt sich richtig als Fußballer, wenn man in die großen Stadien mit den vielen Zuschauern kommt. Das Fernsehen ist da. Der Verein verdient es sich, in dieser Liga zu spielen und auch in dieser Liga zu bleiben. Auch meine Mannschaftskollegen verdienen sich die Serie B, denn es sind Top-Menschen, und sie haben lange gekämpft für dieses Ziel.
Die Serie B ist eine andere Welt?
Ja. Eindeutig! Ich habe es bereits gesagt: Man fühlt sich so richtig als Fußballer. Man spielt in Reggio Calabria und Brescia, also in großen Stadien ehemaliger Serie-A-Mannschaften, man spielt gegen ehemalige Serie-A-Spieler und sogar gegen einen Weltmeister wie Cesc Fabregas.
Mal ganz ehrlich, Fabian: Es ist ein offenes Geheimnis, dass in der Vergangenheit Serie-B-Clubs die Fühler nach Ihnen ausgestreckt haben. Wie knapp waren Sie dran, den FCS zu verlassen?
Vor drei Jahren, als Paolo Zanetti bei uns war und wir im Playoff-Halbfinale ausgeschieden sind, haben mehrere B-Clubs angerufen und sich erkundigt. Aber es gab nie ein konkretes Angebot. Und ganz nebenbei hätte ich mich wahnsinnig schwergetan, von hier wegzugehen. Aber es stimmt: Mein Ziel war immer, in die Serie B zu kommen. Umso schöner, dass ich es mit dem FCS geschafft habe. Ich spüre jetzt aber auch die Verantwortung. Ich will dazu beitragen, dass der Verein auch in dieser Liga bleibt. Der Verein hat alles getan, um in die Serie B zu kommen, und dort soll er jetzt auch bleiben. Wir Spieler geben jedenfalls alles.
Sie sind jetzt 29 …
(lacht) … ja, nicht mehr der Jüngste …
Mit dem Aufstieg in die Serie B hat sich für Sie ein Traum erfüllt?
Ja. Als ich vor acht Jahren zum FC Südtirol gestoßen bin und in der Serie C spielen durfte, war das für mich bereits ein Riesensprung. Ich hatte vorher drei Saisonen bei Mezzocorona und sechs Monate bei Alto Vicentino in der Serie D gespielt, ehe mich Luca Piazzi zum FC Südtirol geholt hat. In der Serie C spielen zu können, war für mich bereits ein Highlight. Ich dachte: Cacchio, jetzt kannst du Serie C spielen. Und jetzt bin ich in der Serie B, ja, es ist ein Traum in Erfüllung gegangen.
Interview: Artur Oberhofer
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