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Vertagte Demokratie

Vier Monate nach dem Referendum haben es die Südtiroler Parteien noch immer nicht geschafft, sich auf ein neues Gesetz zur Direkten Demokratie zu verständigen.

von Matthias Kofler

Am 29. Mai hat eine deutliche Mehrheit von 76,9 Prozent der Abstimmenden gegen das SVP-Gesetz zur Direkten Demokratie gestimmt. Damit bleibt das „alte“ Gesetz von 2018 aufrecht, das jedoch eine Reihe von technischen Mängeln aufweist und daher nicht anwendbar ist. Die Südtiroler Parteien kündigten unmittelbar nach dem Referendum an, sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen und eine von möglichst allen Gruppierungen mitgetragene Reform der Bürgerbeteiligung in Angriff zu nehmen. Gestern preschten die Grünen im Landtag mit einem eigenen Gesetzentwurf vor. Dieser betrifft die Einsetzung der Richterkommission, die Nummerierung der Blätter die Fristen, die klare Definition der Wahlberechtigten sowie die Finanzbestimmung.

Brigitte Foppa, Fraktionssprecherin der Grünen, erinnerte an das Referendum im Frühjahr, bei dem die Befürworter des Gesetzes von 2018 erklärten, sie wollten es „fahrtüchtig” machen. „Die SVP hat aber auch gravierende Einschnitte vorgenommen, die den Geist des ursprünglichen Gesetzes missachtet haben“, kritisierte die Oppositionelle und listete auf: Der Bürgerrat sei gestutzt worden, das Büro für politische Bildung sei dem Präsidium unterstellt worden, ebenso die Zuständigkeit für die neutrale Infobroschüre. Beim Referendum sei diese Änderung mit deutlicher Mehrheit abgelehnt worden. Ihr Gesetzentwurf beschränke sich darauf, die Fehler des ursprünglichen Gesetzes zu beheben, wie es auch die Mehrheit wolle, so Foppa.

Die Opposition unterstützte den Vorstoß der Grünen. Der Beteiligungsprozess habe gezeigt, dass die Bevölkerung diese Formen von Demokratie wünsche, bemerkte Diego Nicolini (5-Sterne-Bewegung). Myriam Atz Tammerle (Süd-Tiroler Freiheit) plädierte für niedrige Einstiegshürden in die Direkte Demokratie. Den Bürgern sollte ihre Mitsprache erleichtert werden. Vor allem die Jugend sei da zu berücksichtigen, denn sie spüre die Folgen der heutigen Entscheidungen. Die STF-Politikerin kritisierte aber auch das Vorhaben der Grünen zu gendergerechten Listen – auch das sei ein Eingriff in die Wahlfreiheit.

SVP-Fraktionssprecherin Magdalena Amhof legte einen Abänderungsantrag vor, mit dem der (politisch umstrittenen) bestätigenden Volksabstimmung die Flügel gestutzt werden sollen: So soll die Unterschriftenhürde von derzeit 13.000 auf 15.000 erhöht werden. Mit dem Beteiligungsprozess und dem daraus folgenden Gesetz habe man ein „Ping-Pong-Spiel“ beendet, sagte Amhof, doch nun werde dieses Spiel wieder eröffnet. Die direktdemokratische Abstimmung sei ein Teil des Beteiligungsprozesses, auch der andere Teil sei wichtig. Technische Mängel könnten immer passieren, vor allem bei einem Gesetzentwurf, der nie von den Rechtsämtern überprüft worden sei. Es sei auch Anliegen der SVP, diese Mängel zu beheben. „Das haben wir mit dem Gesetz von 2018 auch versucht, aber dieses wurde abgelehnt“, führte Amhof weiter aus. Die SVP-Politikerin schlug vor, sich noch einmal zusammenzusetzen und einen neuen Kompromiss zu erarbeiten, der breite Zustimmung finde. Dies könne innerhalb kürzester Zeit geschehen. Foppa ging auf den Vorschlag ein und bat um eine Vertagung. Man habe in dieser Sache bereits einmal ein konsensfähiges Ergebnis gefunden, und das sei auch heute möglich, zeigte sich die Grüne zuversichtlich.

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