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„Werden kreativ sein müssen“

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Mit dem Beginn des Schulunterrichts kehren die Herausforderungen rund um den Lehrermangel zurück. Wie die Personalsituation heuer aussieht.

von Sylvie Debelyak

Am gestrigen Montag hat in Südtirol wieder die Schule begonnen. Seit der Corona-Pandemie findet der Unterricht erstmals wieder zu 100 Prozent in Präsenz statt. Das bringt auch das immer noch bestehende Problem des Lehrermangels zurück auf die Agenda. Wie steht es um die aktuelle Personalsituation in Südtirols Schulen?

„An vereinzelten Schulen fehlen noch Lehrer in spezifischen technischen Fächern. Aber Aussagen der Bildungsdirektion zufolge hat man ansonsten so ziemlich alles decken können“, so Petra Nock, Vorsitzende der Südtiroler Schulgewerkschaft (SSG). Allerdings hätte man teils nicht qualifiziertes Personal eingestellt, sprich Lehrer, die weder auf einer Rangliste stehen noch über einen entsprechenden Studientitel verfügen. Doch das Wichtigste sei es erst mal gewesen, das Schuljahr überhaupt zum Laufen zu bringen.

Die Suche nach ausgebildetem Personal gestaltet sich also zunehmend schwierig. „In dem Moment, wo man versucht, möglichst jeden zu nehmen, um die nötigen Stellen besetzen zu können, wird man hinsichtlich der im Normalfall streng geforderten Kriterien nachsichtiger“, berichtet Nock.

Die Aufnahme in den Schuldiensten erfolgt in Italien in der Regel über Ranglisten. Wer in keiner Schulrangliste einer Wettbewerbsklasse eingetragen ist, kann nach Abschluss der Stellenwahlen eine Direktberufung seitens der Schulen erhalten. Dies gilt auch für kurzfristige Supplenzaufträge während des Schuljahres. Aufgrund des bestehenden Lehrermangels und der vielen unbesetzten Stellen werden Direktberufungen immer häufiger, wie die Vorsitzende der Schulgewerkschaft im ASGB erklärt.

Darüber hinaus sei hinsichtlich der Personalsituation ein deutliches Gefälle zwischen städtischem Raum und Peripherie zu erkennen. In der Stadt sei es wesentlich einfacher, Lehrer zu finden, als beispielsweise im Vinschgau, wo es vergangene Woche noch einige unbesetzte Stellen gab, weiß Nock.

Um dem Lehrermangel entgegenzuwirken, wurden andernorts kurzfristige Lösungen angestrebt. So wurde in Berlin beispielsweise das Bildungsangebot gekürzt und Stunden wurden gestrichen. Doch ist es richtig, das Personalproblem auf den Rücken der Kinder und Jugendlichen auszutragen? Immerhin haben sie das Recht auf ein gutes Bildungsniveau. „Die Politik wird sich hier auf jeden Fall etwas sehr Kreatives einfallen lassen müssen“, so die Gewerkschafterin.

Auch Bildungslandesrat Philipp Achammer zeigte sich angesichts des Lehrermangels besorgt über die künftigen Entwicklungen – vor allem in Hinblick auf die bevorstehende Pensionierungswelle, wie er im Interview mit der TAGESZEITUNG bestätigte. „Wir haben eine große Pensionierungswelle in der Grundschule hinter uns“, erklärt Nock, „und bald kommt auch eine in der Mittel- sowie Oberschule.“ Dieser Mangel an Lehrpersonen sei jedoch nicht nur in Südtirol zu verzeichnen, sondern sei ein europaweites Problem. Überall fehle es an Fachkräften und speziell an Lehrpersonen.

„Leider ist es so, dass viele Lehrpersonen, die beispielsweise in Österreich ihre Ausbildung gemacht haben, nach dem Studium dort bleiben und diese Option vorziehen“, erklärt die Vorsitzende der Schulgewerkschaft SSG. Das liege daran, dass dort bessere Karriereentwicklungen sowie höhere Gehälter möglich sind.

Daher seien eine angemessene Lehrerausbildung sowie ein entsprechendes Gehalt erforderlich, um konkurrenzfähig zu bleiben. „In den letzten Jahren war die Schulwelt mit sehr vielen Herausforderungen konfrontiert. Mit der Corona-Pandemie sind diese noch weiter gestiegen, sodass es zu einer großen Überlastung des Personals gekommen ist. Nun gilt es, dieses Problem langfristig anzugehen“, sagt Nock.

Diskussionspunkte seien hier neben einem höheren Gehalt vor allem die lange Studierzeit und die Frage, ob man diese verkürzen könnte oder ob eine berufsbegleitende Ausbildung möglich wäre. Dies sei auch im Sinne der Schulgewerkschaften, so die Vorsitzende: „Es wäre wünschenswert, dass man zumindest mit einer Diskussion beginnt und eine Reflexion gemacht wird. Es muss ein Umdenken geben.“

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