Trauma & Drama
Die achte Summer School Südtirol auf Schloss Velturns, dieses Jahr zum Thema „Trauma & Drama„, wurde mit großem Interesse wahrgenommen.
Mit anhaltendem Applaus ging am vergangenen Freitag die achte Summer School Südtirol auf dem Schloss Velturns zu Ende.
Mit Liedern aus Bosnien verabschiedeten die Sängerin und Autorin Vernesa Berbo und ihre Tochter Amira Berbo ein sichtlich ergriffenes Publikum.
Die achte Summer School Südtirol, dieses Jahr zum Thema „Trauma & Drama„, wurde mit großem Interesse wahrgenommen.
Fast täglich musste der zweite Saal im Schloss geöffnet werden, um dem Andrang von Besucher:innen, die aus ganz Südtirol anreisten, genügend Sitzplätze bereitzustellen. Mehr als 500 Menschen kamen zu den sechs Forums-Veranstaltungen nach Feldthurns/Südtirol.
„Wenn die Wunden weitergehen“ – das Phänomen der transgenerationalen Weitergabe von Traumata, wurde vom 21. bis zum 26. August in der interdisziplinären Veranstaltungsreihe der Summer School Südtirol von verschiedenen Perspektiven beleuchtet.
Prof. Irene Kacandes, Professorin am renommierten Dartmouth College in den USA, brachte das Publikum zur Eröffnung am 21. August auf den neuesten Forschungsstand der Gewaltforschung.
Über die Folgen kollektiver Traumata, beigebracht durch sexualisierte Gewalt in Kriegen und kriegerischen Konflikten, sprach Monika Hauser, Gründerin von Medica Mondiale. Sie bezog sich auf eine laufende Forschung in Südtirol und berichtete über das vergangene Jahr Afghanistan.
„Auf nach Pergine!“ – Am 22. August sprachen die Historikerin Antonella Tiburzi und Sissi Prader über die gewaltsamen Praktiken in den Psychiatrien, die für unzählige Frauen zum Trauma oder auch zum Tod führten.
„Vom Anfang und vom Ende“ handelten die beiden Vorträge von Barbara Plagg und von Gabriela Mair am Tinkhof am 23. August. Die Humanbiologin Plagg sprach von traumatisierenden Usancen während der Entbindung. Von den besonderen Momenten beim Sterben hingegen berichtete die Lebens- und Sterbebegleiterin Gabriela Mair am Tinkhof.
Am 24. August vermittelte die Molekularbiologin Jennifer Berger einen atemberaubenden Einblick in die Weitergabe von Traumata durch die Epigenetik, eine Wissenschaft, die als Scharnier zwischen sozialen und biologischen Einflüssen immer mehr in den Fokus der Forschung gerät.
Der Theaterwissenschaftler Paulo Berton analysierte in seinem Vortrag die besondere Verwandtschaft des Dramas mit dem Trauma von der antiken Tragödie bis zum modernen Drama von Ibsen.
Die ukrainische und gefeierte Autorin Natalka Sniadanko las am 26. August aus ihrem Roman „Der Erzherzog, der den Schwarzmarkt regierte, Matrosen liebte und mein Großvater wurde“.
Anhand der schillernden Figur des Erzherzogs Wilhelm Franz Joseph Karl (1895-1948) schaffte sie einen beeindruckenden Ritt durch die politischen Systeme von der Monarchie bis in die heutige Gegenwart der Ukraine.
Die zurzeit in Marbach mit ihren Kindern lebende Autorin, deren Mann im Krieg ist, berichtete außerdem von der aktuellen Situation in der Ukraine.
Täglich gab es Lesungen und Buchvorstellungen: Am 22. August stellte Andrea Roedig ihr Buch: „Man kann Müttern nicht trauen“ vor, am 23. August las Kaśka Bryla aus „Die Eistaucher“, am 24. August stellte Sabine Peer „Dienstmädel in Bella Italia“ vor. Am 25. und 26. August lasen Stipendiat:innen der „Tour des Textes“ aus ihren Werken.
„Tour des Textes“ ist ein kollaboratives Autor:innen-Programm der Münchner Theatertexter:innen, der Wiener Wortstätten und des Neuen Instituts für Dramatik in Berlin.
Im Laufe dieses Jahres hatten sieben Autor:innen die Möglichkeit, ein Textprojekt zu entwickeln und dieses in Workshops in München, Wien und an der Summer School Südtirol in Feldthurns vorzustellen: Alexandra Koch, Andreas Sauter, Caitlin van der Maas, Kiki Javonovic, Pola Fendel, Sara Ehsan und Semir Plavic waren als Stipendiat:innen dabei. Bernhard Studlar, Raphaela Bardutzky, Theresa Seraphin und Maxi Obexer begleiteten sie als Mentor:innen.
Auch die Südtiroler Autorin Emma Mulser und Schauspielerin Verena Plangger nahmen an der Summer School in Felthurns teil.
Der Lyriker Jörg Zemmler war mit einem Konzert zur Eröffnung zu Gast.
Der große Zulauf sei beglückend und bestätige das Interesse an der Summer School Südtirol, gerade auch an der Auseinandersetzung zu komplexen Themen, sagt die Schriftstellerin und Theaterautorin Maxi Obexer, die die Summer School 2015 mit dem Anliegen gegründet hat, die Erkenntnisprozesse von Vielen mit der Öffentlichkeit zu teilen: „Es sind Erkenntnisprozesse – und es sind als solche Befreiungsprozesse.„
Weitere Infos zur Veranstaltung, den beteiligten Autor:innen und Referent:innen: www.summerschoolsuedtirol.eu.
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