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„Reines Greenwashing“

Pragser Wildsee

Dachverband für Natur- und Umweltschutz und Heimatpflegeverband reagieren in der Debatte um die Belastungen durch Tourismus auf die Äußerungen von HGV-Präsident Manfred Pinzger.

von Franziska Mayr

Eine kürzlich veröffentlichte ASTAT-Studie über Tourismusströme in verschiedenen Alpenregionen zeigt für das Jahr 2021 eine überdurchschnittlich hohe Tourismusintensität in Südtirol. Diese Zahlen entfachten eine hitzige Diskussion zwischen Umwelt- und Tourismusvertretern.

Josef Oberhofer, Präsident des Dachverbandes für Natur- und Umweltschutz, und Claudia Plaikner, Präsidentin des Heimatpflegeverbandes, reagieren nun mit einer Stellungnahme auf die Äußerungen von HGV-Präsident Manfred Pinzger in der TAGESZEITUNG.

„Die Masche mit dem „Sündenbock“ zieht nicht mehr, selbst wenn sie noch so arrogant dargeboten wird. HGV-Präsident Manfred Pinzger lässt sich über die „unqualifizierten Personen im Dachverband für Natur- und Umweltschutz und Heimatpflegeverband“ zu unwahren und tendenziösen Aussagen hinreißen, sieht Fakten und Daten durch seine Brille, die nur Übernachtungszahlen und Umsatzeuros erkennt und verdreht und interpretiert sie dementsprechend.

Der Pinzgersche Vergleich zwischen Nordtirol und Südtirol hinkt gewaltig. Da Tirol um 71 Prozent flächenmäßig größer ist als Südtirol, hätte es noch ein Potential einer Übernachtungssteigerung von 11 Millionen Nächtigungen, um auf die gleiche Tourismusbelastung wie Südtirol zu kommen – was wir allerdings den Tirolern nicht wünschen.

Warum gibt es vom HGV bis heute keine offizielle Definition, in welchen Tourismusgebieten ihrer Meinung nach die „Decke“ erreicht ist?

40.000 Beschäftigte im Tourismus können schon heute nicht mit den Humanressourcen aus Südtirol abgedeckt werden. Ist eine Steigerung der Bettenkapazitäten in Hinblick auf die geburtenschwachen Jahrgänge, auf schwindende Flächen- und Wasserressourcen und den Klimawandel überhaupt noch zu verantworten?

Dass die Hotellerie die Gäste durch Hinweistafeln zum Wassersparen animiert, ist – wenn es nur bei dem bleibt – reines Greenwashing. Wie oft könnte ich mit dem Inhalt eines Schwimmbeckens Zähne putzen, duschen, kochen, die Pflanzen gießen? Diese Rechnung wäre eine interessante Herausforderung für den HGV- Präsidenten.

In Südtirol gibt es rund 3.900 Beherbergungsbetriebe, darunter 33 inhabergeführte Vitalpina Hotels, also bescheidene drei Prozent: Ist das der gesamte Beitrag der Touristiker zum Klimaneutralitätsbündnis?

Bis heute gibt es nur in Prags und Villnöß Ansätze einer Steuerung, in allen anderen Gebieten ist nichts passiert (z.B. Verkehr auf den Dolomitenpässen). Vom HGV gibt es diesbezüglich keine Stellungnahme.

Wir Umweltverbände weisen anhand von nachweisbaren, belegbaren Fakten auf die Probleme, die im Zusammenhang mit dem überbordenden Tourismus entstanden sind, hin. Die kürzlich veröffentlichte ASTAT Studie, welche die Tourismusströme in verschiedenen Alpenregionen vom Jahr 2021 untersucht hat, belegt erneut, dass Südtirol im Vergleich zu anderen Alpenregionen die höchste Tourismusintensität aufweist, was sich in Ankünften, Nächtigungen, Beherbergungsdichte und im Verhältnis der Gästeübernachtungen zur Wohnbevölkerung niederschlägt. Diese überdurchschnittliche Belastung für die einheimische Bevölkerung und für die Naturlandschaft darf vom HGV nicht relativiert oder gar ignoriert werden!

Wir Umwelt- und Heimatpflegeverbände sind nicht grundsätzlich gegen den Tourismus. Wir wehren uns aber gegen die Goldgräberstimmung im Südtiroler Tourismus, weil wir auch aufgrund der Daten zum Klimawandel wissen, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann. In Zukunft dürfen keine Steigerungen mehr angestrebt werden, sondern höchstens Umverteilungen, wobei der nachhaltige Gebrauch aller Ressourcen im Vordergrund stehen muss. Es geht um die Zukunft unseres Landes und unserer Kinder und auch um die Zukunft des Tourismus in Südtirol. Es ist höchst an der Zeit, diese Entwicklung gemeinsam im Sinne einer nachhaltigen Zukunftstauglichkeit zu gestalten.

Herr Pinzger beleidigt mit seinen Äußerungen alle Menschen in unserem Lande, die sich seit Jahrzehnten ehrenamtlich für Heimat-, Natur- und Umweltschutz einsetzen und sich für das Gemeinwohl und nicht ausschließlich für die eigene Lobby starkmachen.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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