„Friss oder stirb“
Warum der Wahlpakt zwischen der Lega und den Südtiroler Freiheitlichen doch nicht zustandegekommen ist.
von Artur Oberhofer
Es war am vergangenen Mittwoch, als Ulli Mair einen Schlussstrich zog. Die Landtagsabgeordnete der Freiheitlichen rief den Lega-Landesrat Giuliano Vettorato an und sagte ihm, dass sie das Angebot der Lega ausschlage. Punkt. Aus. Amen.
Der Wahlpakt zwischen den Südtiroler Freiheitlichen und der Lega für die Parlamentswahlen am 25. September kommt also nicht zustande. „Mir ist es zu wenig um Inhalte gegangen“, resümiert Ulli Mair.
Die Kontakte zwischen den Südtiroler Blauen und der Lega-Spitze laufen bereits seit Frühjahr 2021, als Ulli Mair in Mailand mit Roberto Calderoli zusammenkam. Im Dezember 2021 gab es außerdem ein Gespräch zwischen Ulli Mair und Matteo Salvini in Rom.
Der Brückenbauer zwischen der Lega und den Freiheitlichen war Giuliano Vettorato, der selbst bei den Gesprächen anwesend war.
Bei diesen Gesprächen, so erzählt Ulli Mair, sei es darum gegangen, ob Lega und Südtiroler Freiheitliche ein gemeinsames Projekt für die Zukunft entwickeln könnten. In Sachthemen seien sich Lega und ihre Partei „eh weitgehend einig“, sagt Ulli Mair, „mir ging es darum auszuloten, wie die Lega zur Weiterentwicklung der Autonomie steht.“
Als im Sommer klar wurde, dass es zu vorgezogenen Parlamentswahlen kommt, wurden die Kontakte auf der Achse Bozen-Mailand intensiviert. Einen Gesprächstermin mit Roberto Calderoli im Juli musste Ulli Mair allerdings absagen, weil sie eine Landtagssitzung nicht schwänzen wollte. Ein weiterer Gesprächstermin sei dann geplatzt, weil Calderoli unabkömmlich gewesen sei. Am vergangenen Dienstag kam es schließlich zu einer Videokonferenz zwischen Roberto Calderoli und Ulli Mair, an der auch Giuliano Vettorato teilnahm.
Dabei bot der einflussreiche Lega-Mann Calderoli der Landtagsabgeordneten Mair eine Kandidatur im Senatswahlkreis West oder im Kammerwahlkreis Ost an – auf der Lega-Liste.
Ulli Mair hätte also entweder gegen Julia Unterberger oder gegen Renate Gebhard antreten sollen.
Nach einem Tag Bedenkzeit lehnte Ulli Mair das Angebot ab. „Es war ein bisschen so wie: Friss oder stirb, daher habe ich das Angebot ausgeschlagen.“ Es sei ihr zu wenig um Inhalte gegangen, außerdem hätte ihr bei einer Kandidatur auf der Lega-Liste die Sichtbarkeit als Freiheitliche gefehlt. Und das Signal, Freiheitliche wählt Lega, habe sie ein Jahr vor den Landtagswahlen auch nicht aussenden wollen, so Mair.
Am Freitag gaben die Freiheitlichen bekannt, dass sie selbst antreten wollen. Und zwar in drei Senatswahlkreisen (mit Ulli Mair im Osten, Sabine Zoderer im Westen und Otto Mahlknecht im Wahlkreis Bozen-Unterland).
Die offizielle Präsentation der Kandidaten findet am Montag statt.
Haben die Freiheitlichen eigentlich Angst von Giorgia Meloni?
„Nein“, sagt Ulli Mair, „Angst haben wir nicht, Giorgia Meloni ist in meinen Augen eine couragierte Frau, ich erwarte mir von ihr, dass sie eine bestimmte Sensibilität für die Autonomie an den Tag legt und es unter einer Rechts-Regierung nicht zu einem Stillstand kommt.“
Kommentare (16)
Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen
Du musst dich EINLOGGEN um die Kommentare zu lesen.