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„Amici di merenda“

Manfred Vallazza mit Franz Locher und Andreas Leiter Reber

Für Manfred Vallazza wird die Luft immer dünner. Der SVP-Bauernvertreter hat den „Gadertaler Trick“, mit dem die öffentliche Verwaltung um viel Geld gebracht wurde, nicht nur einmal, sondern drei Mal angewandt.

von Artur Oberhofer

Großes Schweigen allenthalben. Grüne und Team K befinden sich im verdienten Sommerschlaf. Und auch Andreas Leiter Reber, der freiheitliche Bauer, der gewöhnlich hyperventiliert, wenn Landtagskollegen in einen Skandal verwickelt sind, hält sich – wenn man von einem allgemein gehaltenen Kommentar im Netz absieht – vornehm zurück.

Der Hintergrund:

Mit Manfred Vallazza ist diesmal ein Politiker in einen handfesten Skandal verwickelt, der zu jener Bauern-Clique gehört, die im Südtiroler Landtag „Amici di merenda“ genannt werden: Diesem parteiübergreifenden, feuchtfröhlichen Bund der Polit-Bauern im Landtag gehören neben den SVP-Landwirten Manfred Vallazza, Franz Locher und Sepp Noggler eben auch der blaue Obstbauer Andreas Leiter Reber an.

Die Enthüllungen von Salto.bz und der TAGESZEITUNG zum Fall Manfred Vallazza haben – zumindest hinter den Kulissen – zu einem Polit-Beben geführt.

Während die zuständige Landesrätin Waltraud Deeg erklärte, der Fall Vallazza müsse in den Parteigremien erörtert werden, hat die SVP-Chefin im Burggrafenamt, Rosmarie Pamer, klipp und klar den Rücktritt Vallazzas gefordert.

Rosmarie Pamer sagte im TAGESZEITUNG-Interview:

„Vallazza müsste geschwind zusammenpacken. Das, was er getan hat, ist tausend Mal schlimmer als der Fall (Jasmin) Ladurner. Der Vallazza müsste sofort sagen: Ich trete zurück.“

Die Vorgeschichte ist bekannt:

Der SVP-Politiker Manfred Vallazza hat sich laut einem Urteil des Bozner Verwaltungsgerichtes vom 1. August dieses Jahres mit einem Trick und im Zusammenspiel mit herwärts schauenden Gemeindeverwaltern einen finanziellen Vorteil von 100.000 Euro verschafft – auf Kosten der öffentlichen Hand.

Und jetzt kommt heraus: Vallazza hat den Trick nicht nur einmal, sondern drei Mal angewandt!

Was genau hat Manfred Vallazza gemacht?

Der Regionalassessor, SVP-Landtagsabgeordnete und Landtagsvizepräsident hat im Wengener Weiler Cians eine 850 Quadratmeter große Wiese als Erweiterungszone für den geförderten Wohnbau der Gemeinde per Enteignung überlassen. Vallazza hat auf eigene Kosten den Durchführungsplan erstellt, und am Ende konnten seine Schwester Monika Vallazza und sein Cousin Daniel Vallazza dort zwei Häuser bauen. Formal hat man dabei in der Gemeinde alles so hinbekommen, dass es den geltenden Bestimmungen entspricht.

Doch der damalige Direktor des Amtes für Wohnbauförderung, Martin Zelger, war den Gadertaler Tricksern auf die Schliche gekommen und verweigerte in ähnlich gelagerten oder identischen Fällen die Rückzahlung durch das Land. Mehrere Gemeinden klagten daraufhin vor dem Bozner Verwaltungsgericht. Erfolglos, denn das Gericht gab dem Land letztlich in allen Fällen Recht.

Auch der Staatsrat bestätigte später Martin Zelgers Auslegung, dass man hier ein öffentliches Interesse vorschiebt, um in Wirklichkeit Privatinteressen zu bedienen.

Trotz dieser juristischen Vorgeschichte suchte Wengens Bürgermeister Angel Miribung auch im Fall der Zone „Cians 2“ beim Land um Finanzierung und Rückerstattung von 50 Prozent der Enteignungssumme an, die man Manfred Vallazza für den Grund gezahlt hat.

Weil das Amt den Antrag  im Dezember 2021 endgültig abgelehnt hat, reichte die Gemeinde Wengen Anfang dieses Jahres gegen das Land Rekurs beim Bozner Verwaltungsgericht ein.

Anwaltlich vertreten wurde die Gemeinde vor dem Verwaltungsgericht dabei vom SVP-Senator und Vallazza-Parteikollegen Meinhard Durnwalder.

Am 1. August 2022 wurde das Urteil veröffentlicht. Der Richtersenat hat den Durnwalder-Rekurs nicht nur in allen Punkten abgewiesen. Urteilsverfasserin Margit Falk Ebner, die Ehefrau von „Dolomiten“-Chefredakteur Toni Ebner, fand in dem Urteil ungewöhnlich scharfe Worte.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts

Ein Auszug:

„Im Anlassfall wurden diese von den genannten Gesetzesbestimmungen geschaffenen Anreize gezielt so angewendet, dass dem Grundeigentümers und dessen Schwester unter mehreren Gesichtspunkten finanzielle Vorteile entstanden und gleichzeitig der öffentlichen Hand ein finanzieller Nachteil zugefügt wurde.“

Und weiter:

Der Grundeigentümer, Herr Manfred Vallazza, der – wie gesagt – 100% der Fläche dem geförderten Wohnbau abgetreten hat, erhielt eine Entschädigung von insgesamt 166.302,50 Euro.  ..[…]..  Wäre die Zone jedoch 45:55 aufgeteilt worden, so hätte der Grundeigentümer eine Entschädigung in Höhe von insgesamt 66.852,50 Euro für den geförderten Teil erhaltenDadurch, dass der Grundeigentümer – anders als üblich und grundsätzlich vorgesehen – 100% der Fläche dem geförderten Wohnbau abgetreten hat, entstanden somit der öffentlichen Verwaltung fast 100.000,00 Euro an Mehrkosten, weil diese eine Entschädigung von insgesamt 166.302,50 Euro zahlen musste. (…) In diesem Zusammenhang darf auch nicht übersehen werden, dass es sich bei diesen Mehrkosten in Höhe von fast 100.000,00 Euro um öffentliche Gelder handelt, die für andere, tatsächlich förderungswürdige Vorhaben laut Wohnbauförderungsgesetz somit nicht mehr zu Verfügung stehen. Dieser Umstand ist vor allem in Zeiten der Knappheit der öffentlichen Ressourcen als besonderes scherwiegend anzusehen.

Ausriss aus dem Falk-Ebner-Urteil

Allein schon aufgrund dieses vernichtenden Urteils müsste die SVP die Reißleine ziehen. Denn das Gericht stellt klipp und klar fest, dass der Politiker Manfred Vallazza Privatinteressen wahrgenommen und der öffentlichen Hand Mehrkosten von 100.000 Euro verursacht hat.

Den Vogel in diesem Skandal hat Wengens Bürgermeiser Angel (Nomen est omen) Miribung abgeschossen, der gegenüber Rai Südtirol erklärte, dass es um ein „öffentliches Interesse“ gegangen sei und dass „hier nur zufällig Verwandte des Besitzers“ Vallazza zum Zuge gekommen seien.

Nichtsdestotrotz, so Miribung, wolle seine Gemeinde gegen das vernichtende Urteil des Verwaltungsgerichts nicht rekurrieren.

Es kommt aber noch dicker!

Das Nachrichtenportal Salto.bz hat enthüllt, dass in der Gemeinde Wengen zwischen 2005 und 2018 nicht weniger als 25 verschiedene Erweiterungszonen für den geförderten Wohnbau ausgewiesen wurden, in denen dieser Trick angewandt wurde, mit dem direkte Verwandte des Grundeigentümers zum Zuge gekommen sind.

In diesen sogenannten Mikrozonen wurden ein, zwei oder drei Wohneinheiten errichtet, in denen dann „zufällig“ der Sohn, die Tochter, der Neffe oder der Bruder des Grundbesitzers zu einem doppelt geförderten Eigenheim kam.

Manfred Vallazza selbst hat diesen Trick nicht nur einmal, sondern drei Mal angewandt!

In der jetzt aufgedeckten Affäre geht es um die Erweiterungszone „Cians 2“. Daraus lässt sich schließen, dass es auch eine Zone „Cians (1)“ geben sollte.

Diese gibt es auch wirklich: Die Erweiterungszone Cians war eine 500 Quadratmeter große Wiese, die laut Grundbuch ursprünglich Federico Vallazza, dem Vater von Manfred Vallazza, gehörte.

Die Zone wurde im September 2008 von der Gemeinde für den geförderten Wohnbau enteignet. Zugewiesen wurde die Fläche– natürlich streng nach Rangordnung –schließlich Mati Vallazza, dem Sohn des Grundeigentümers und Bruder von Manfred Vallazza.

In diesem Fall hat das Land der Gemeinde 50 Prozent der erhöhten Enteignungssumme bezahlt.

Manfred Vallazza hat am 8. August 2008 den geschlossen Erbhof Survisc von seinem Vater übernommen.

Fast gleichzeitig wies die Gemeinde Wengen im Weiler Cians die Erweiterungszone Plaiac 3 aus.

Die 1696 Quadratmeter großen Wiese, die Manfred Vallazza und seinem Vater Federico gehört, wurde ebenfalls von der Gemeinde für den geförderten Wohnbau enteignet. Am Ende entstanden dort drei Wohneinheiten. Eine davon wurde – immer zufällig und streng nach Rangordnung – Merch Vallazza, einem weiteren Bruder von Manfred Vallazza, zugewiesen.

Bauer Manfred Vallazza (Foto: Instagram)

Aber auch Carlo Vallazza, ein Cousin des SVP-Politikers, kam zum Zug.

Auch in diesem Fall ging der Plan auf. Die Mitglieder der Familie Vallazza zahlten nur 50 Prozent des Preises für die Grundzuweisung, die anderen 50 Prozent der Enteignungssumme wurden vom Land finanziert.

Erst beim dritten Versuch haben der zuständige Amtsdirektor und das Bozner Verwaltungsgericht den „schlauen Bauer“ und SVP-Politiker endlich gestoppt.

Manfred Vallazza selbst rechtfertigt sein Vorgehen als „Maßnahme gegen den Ausverkauf der Heimat“ und wittert ein politisches Komplott.

„Höchst verwerflich“ sei nicht sein Vorgehen, sondern die Berichterstattung über seine Tricksereien, so der SVP-Bauer.

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