„Das ist eine Katastrophe“
Nachdem nun auch noch zwei Rinder auf der Rossalm dem Wolf zum Opfer gefallen sind, blasen die Bürgermeister des oberen Pustertales gemeinsam zum Protest.
von Silke Hinterwaldner
Bereits seit Mai sorgen die Wölfe im Pustertal für Schlagzeilen. Sie haben in den vergangenen Monaten im Pustertal, vor allem in Lappach, Prags, Welsberg, Pfunders und Mühlwald – aber auch in Enneberg – Dutzende von Schafen gerissen.
Viele Züchter haben sich mittlerweile dazu entschieden, die Tiere wieder ins Tal zu bringen, damit sie in den Ställen geschützt vor den Wölfen sind. Aber der Hunger der Wölfe ist längst nicht gestillt. In den vergangenen Tagen wurden auf der Rossalm bei Prags zwei Rinder gerissen.
Dass die Wölfe auch vor Großvieh nicht mehr zurückschrecken, lässt nicht nur bei den Bauern im Pustertal die Alarmglocken schrillen. Jetzt wollen auch die Bürgermeister im oberen Pustertal gemeinsam bei der Politik in Bozen intervenieren, um eine Lösung zu finden. Günther Wisthaler, Bürgermeister von Niederdorf, erklärt die Hintergründe.
TAGESZEITUNG: Herr Bürgermeister, was haben Sie vor?
Günther Wisthaler: Nach den beiden Rissen von Rindern auf der Rossalm habe ich mich mit den Bürgermeistern des oberen Pustertales in Verbindung gesetzt. Wir möchten gemeinsam etwas unternehmen: So kann es nicht weitergehen! Die Bauern treiben die Tiere wieder ab. Es wäre katastrophal, wenn es so weit kommen würde. Natürlich ist uns klar, dass wir als Gemeindevertreter relativ wenig Spielräume in dieser Angelegenheit haben. Aber wir müssen einen Aufschrei versuchen. Es muss dann auf jeden Fall auf höherer Ebene etwas unternommen werden.
Die Politik befasst sich schon lange mit dem Thema. Welche Auswege sehen Sie?
Die Situation ist so: Wir müssen die Entnahme nach dem Vorbild von Osttirol vornehmen. Das heißt: Problemwölfe sind zu entfernen. Die derzeitige Vermehrung der Wölfe können wir nicht tatenlos hinnehmen. Freilich weiß ich, dass wir uns in dieser Angelegenheit einem Gesetz beugen müssten. Aber mittlerweile hat sich eine Situation ergeben, die nicht mehr zu tolerieren ist. Wir müssen Druck aufbauen, um einen wesentlichen Schritt weiterzukommen. Man muss sich vor Augen halten: Einige Schafe sind bereits abgetrieben worden. Sobald die Schafe weg sind, greifen die Wölfe die Kälber an. Der Wolf macht vor nichts und niemandem Halt. Wenn wir auch in Zukunft mit den schönen Almwiesen und den schönen Hütten Werbung machen wollen, muss jetzt etwas getan werden. Es dürfte wohl allen klar sein, dass dies eine negative Entwicklung für das gesamte Land bedeuten würde.
Wie viele Wölfe sind derzeit unterwegs?
Diesbezüglich habe ich leider keine Informationen. Man geht davon aus, dass es mehrere sind, die sich über das gesamte Territorium verteilen. Wie gesagt: Dieses Problem muss gemeinsam mit dem Bauernbund, der Forstbehörde, der Landesregierung und allen zuständigen Stellen diskutiert und gelöst werden. Wir brauchen eine klare Strategie, die nächsten Schritte müssen genau geplant werden, ansonsten werden wir der Lage nicht mehr Herr werden.
Was genau haben die Bürgermeister des oberen Pustertales vor?
Ich habe die Bürgermeister kontaktiert, alle haben sich einverstanden gezeigt, gemeinsam etwas unternehmen zu wollen. Es gibt aber noch keinen konkreten Plan. Das soll sich in den kommenden Tagen ergeben. Offen gesagt: Die Schafe gehen elend zugrunde, sie sterben langsam und qualvoll nach einem Angriff durch den Wolf. Wenn wir über Tierwohl sprechen, muss dies auch in dieser Hinsicht eine Berechtigung haben.
Kommentare (22)
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