Die Kunst der Montage
Die Regisseurin Evi Romen arbeitete 30 Jahre lang als erfolgreiche Editorin in Wien. Beim UFO-Filmfeschtl in Bruneck erzählte sie davon.
Von Renate Mumelter
Offiziell werden diejenigen, die dem Film Gestalt geben, im deutschen Sprachraum Editorînnen genannt, Herausgeberînnen also. „Ich bevorzuge den Begriff Montage, weil er die Tätigkeit am besten beschreibt“, sagt Evi Romen im Gespräch mit Christian Mair. Im Italienischen sei der Begriff montaggio vorherrschend, im Englischen Editor (Herausgeber). Nur im deutschen Sprachraum ist noch häufig von Cutterînnen oder bei schlechter Aussprache Cöttern die Rede. Das sei eigentlich die Bezeichnung für ein Tapetenmesser. Editorînnen machen nicht so viel von sich reden wie Regisseurînnen oder Schauspielerînnen, und doch gibt es ohne sie keine gelungenen Filme.
Der Weg in die Filmakademie
Zum Schnitt gekommen ist Evi Romen durch Zufall. Sie hatte Musik am Konservatorium studiert, was sich später als gute Voraussetzung erweisen sollte, und sie liebte das Fotografieren. Bei einem Fotografiekurs der Salzburger Sommerakademie arbeitete sie viel mit Kontaktabzügen, um Fotopapier zu sparen. Der Kurs war teuer, das Geld knapp, und es herrschten noch analoge Zeiten. „Was du machst, ist filmische Montage“, sagte ihr der Dozent. Also beschloss sie, sich am Centro Sperimentale in Rom zu bewerben. Dorthin war sie aber umsonst gefahren, man befand sich im Streik. So fuhr Evi Romen eben nach Wien und bewarb sich an der Filmakademie. Erfolgreich.
Erste Schritte beim Schnitt
Zu ihrem allerersten Schnittauftrag kam sie während des Studiums an der Filmakademie durch Zufall und Glück. „Die Sekretärin in der Akademie war grad draußen, da kam ein Anruf, ich hob ab, die suchten jemanden zur Montage, ich sagte einfach zu. Der Auftrag bestand darin, ein sehr großes Archiv aufzuräumen, ich sah beispielsweise Millionen von Fischen, und machte offensichtlich einen guten Job“, denn Evi Romen wurde weiterempfohlen. Eine erste Schnittassistenz gab es beim „Kaisermühlen Blues“ und bald schon waren die vier Brenner-Filme von Murnberger an der Reihe. Dort zeichnet sie für die Montage verantwortlich Von den vieren ist ihr der „Knochenmann“ der liebste. Murnberger hatte „von Anfang an extremes Vertrauen, vielleicht, weil er selber auch Schnitt studiert hat.“ Beim UFO-Filmfeschtl in Bruneck wurde der erste der Reihe „Komm, süßer Tod“ gezeigt. Es war auch der erste große Film, den Evi Romen hauptverantwortlich geschnitten hat. Eine rasante Herausforderung.
Die Montage nach Evi Romen
„Bei der Montage sind 100.000 Entscheidungen zu treffen, natürlich ist das beste Material aus dem vorhandenen auszusuchen“, sagt Evi Romen. Sie lese grundsätzlich keine Drehbücher vorher, weil es besser funktioniere mit dem Material direkt in Dialog zu treten. Am allerwichtigsten sei es für sie, beim Schnitt das Beste für die Schauspielerînnen herauszuholen. „Man kann einem Schauspieler sehr helfen“, sagt sie. Schneiden könne man alles, „außer die richtige Stimmung“, die müsse schon da sein. Natürlich sind auch andere Vorgaben einzuhalten wie die Filmlänge, die in der Verträgen festgelegt ist. Die Länge ist auch eine Kostenfrage. Während Kinofilme früher manchmal 90 Minuten dauerten, sind sie jetzt in der Regel 120 Minuten lang. Evi Romen arbeitete am liebsten alleine im Schneideraum.
Der Neustart
Nach 30 Jahren Montage wechselte Evi Romen in die Regie, obwohl sie heute noch meint, dass Editorentätigkeit „der schönste Beruf der Welt“ sei. Sie wollte aber eine neue Herausforderung suchen und hat mit ihrem Regiedebüt „Hochwald“ bewiesen, dass sie Regie sehr gut kann.
Als die Montage für „Hochwald“ anstand, überließ sie die Arbeit einer Editorin ihres Vertrauens, Karina Ressler. Dieses „Loslassen“ sei einfacher gewesen als gedacht. Jetzt arbeitet sie an ihrem nächsten Spielfilm, „Happyland“ und im Frühling kommt ein Österreich-Tatort, bei dem sie Regie geführt hat.
Evi Romen wurde nicht nur für „Hochwald“ ausgezeichnet (Goldenes Auge beim Zürich Film Festival, Preis beim Bolzano Filmfestival Bozen, Diagonale-Preis als bester Spielfilm), sondern auch für ihre Montage von „Casanova Variations“ (Österreichischer Filmpreis) von Michael Sturminger.
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