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„Politischer Selbstmord“

Vor vier Jahren war die Freiheitlichen-Spitze noch strikt gegen eine Wahlallianz mit der Lega – und verzichtete freiwillig auf einen sicheren Sitz im Parlament.

Ulli Mair fährt am morgigen Freitag nach Mailand, um mit Matteo Salvini und Roberto Calderoli über ein Bündnis für die Parlamentswahlen zu verhandeln. Die Freiheitlichen wollen sich von der Lega autonomiepolitische Zugeständnisse einholen. Diese seien für ein gemeinsames Antreten unabdingbar, stellt die F-Landtagsgeordnete im Vorfeld des Treffens klar.

Brisant: Vor vier Jahren war die Parteiführung der Blauen, bestehend aus Obmann Andreas Leiter Reber und Generalsekretär Florian von Ach, noch strikt gegen eine Allianz mit dem „Carroccio“. Der Grund: die Präsenz von Fratelli d’Italia, die damals noch bei fünf Prozent lag. Für eine gemeinsame Kandidatur warb damals Leiter Rebers Vorgänger Walter Blaas. Die Tageszeitung zeigte auf, dass das Wahlgesetz den Freiheitlichen einen nahezu sicheren Sitz in der Abgeordnetenkammer ermöglichen würde. Der zweite Platz auf der Lega-Liste für die Verhältniswahl ging nach dem Verzicht der Blauen an die (unbekannte) Aurerin Tiziana Piccolo, die 2019 tatsächlich ins Parlament einzog. Für die Freiheitlichen war dies eine verpatzte Chance, der man noch lange nachtrauern sollte.

Doch von einem Schuldeingeständnis fehlt bis heute jede Spur. Im Gegenteil: Bei einer Parteiveranstaltung im Frühjahr 2018 erklärte General von Ach:

„Was hieß es nicht alles nach den Parlamentswahlen? Wir hätten einen sicheren Sitz erhalten, wenn wir nur mit der Lega kandidiert hätten. Liebe Gesinnungskameraden, das war nicht drin! Wir hätten niemals mit der Lega allein kandidiert, denn die Lega gab es nur im Dreierpack mit Forza Italia und der allseits geschätzten Michaela Biancofiore und mit Fratelli d’Italia, den Postfaschisten. Wenn wir mit diesen Parteien ein Bündnis eingegangen wären, wäre das politischer Selbstmord gewesen. Unsere Gegner hätten dann wohlfeil ge- sagt: ,Schau an, die Freiheitlichen! Wasser predi- gen und Wein trinken. Für einen Sitz in Rom gehen sie Bündnisse mit Südtirol-Feinden ein.‘ Das Schlimmste daran wäre gewesen: Die Gegner hätten recht gehabt. Es war nie Freiheitlicher Stil und es darf nie Freiheitlicher Stil werden, mit den Feinden unseres Volkes zu paktieren. Das überlassen wir gerne anderen. (Applaus) Es ist bezeichnend, dass die Sirenengesänge über den angeblich verlo- renen Sitz von jenen kommen, die uns eigentlich schaden wollen. Sie kommen von Kommentatoren, die ich – um es höflich auszudrücken – als politisch schlicht einschätze. Gegen die politische Schlichtheit helfen bekanntlich keine Pillen und selbst Götter kämpfen dagegen vergeblich.“

Vier Jahre später koaliert Fratelli d’Italia noch immer mit der Lega. Deren Chefin Giorgia Meloni hat sogar ausgezeichnete Chancen, neue Ministerpräsidentin zu werden. Eine Allianz mit der Lega ist für die Freiheitlichen dennoch kein Tabu mehr. Obmann Leiter Reber hat von Ach sogar als möglichen Parlamentskandidaten ins Spiel gebracht. Wie sich die Zeiten ändern können …(mat)

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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