Ausschreibungen auf Eis
Verschiedene Gewerke in Südtirol beklagen die unzufriedenstellende Vorgangsweise bei öffentlichen Aufträgen. Der Wirtschaftsverband für Handwerk und Dienstleister macht auf vier Kernprobleme aufmerksam.
Viele Handwerksunternehmen aus verschiedenen Südtiroler Gemeinden bestätigen: Ausschreibungen von öffentlichen Körperschaften werden vielfach zurückgehalten und viele Projekte sind auf Eis gelegt. Bauvorhaben, die schon längst geplant wären, seien immer noch nicht ausgeschrieben, so der Tenor zahlreicher lokaler Handwerksbetriebe. Der Grund hierfür: die ausschreibenden Körperschaften fürchten Preissteigerungen. Der Aufschub der Bauprojekte könnte eine ungenügende Auslastung für das zweite Halbjahr bedeuten, so die Befürchtung verschiedener Bausektoren. „Es ist dringend erforderlich, dass die Ausschreibungsverfahren so schnell wie möglich wieder aufgenommen und die Arbeiten ausgeschrieben werden“, unterstreicht der Obmann der Tiefbauunternehmer im lvh, Michael Hofer.
Hinzu kommt die Tatsache, dass viele Körperschaften den Unternehmen die Anzahlungsforderung von 20 Prozent auf die ausgestellten Baufortschritte verwehren. Diese Vorauszahlung ist dazu eingerichtet worden, um die Unternehmen zu unterstützen, die momentan ihre gesamte Liquidität verwenden, um die gestiegenen Materialpreise für die öffentliche Hand vorzufinanzieren. „Die Möglichkeit der öffentlichen Vergabestellen, Preisvorauszahlungen bis zu 20 Prozent des Baufortschrittes an die Wirtschaftsteilnehmer auszuzahlen, ist gesetzlich verankert und sollte folglich auch umsetzbar sein“, so der Appell von Hofer.
Optimierungspotential bestehe auch hinsichtlich der Vergabeart. Aktuell teilen viele Körperschaften die Aufträge nach dem sogenannten prozentuellen Abschlag zu. Sinnvoll wäre laut Hofer die Anwendung von Einheitspreisen: „Einheitspreise entsprechen dem realen Wert der einzelnen Teilleistung und somit kann der Unternehmer die Preisschwankungen der verschiedenen Materialien im Angebot besser ausgleichen. Das Land setzt dies bereits in dieser Form um. Alle anderen Körperschaften sollen diese Möglichkeit ebenso nutzen, um einen fairen Marktwettbewerb zu ermöglichen.“
Die größte Problematik für Sektoren, die auf öffentliche Aufträge angewiesen sind, besteht momentan im automatischen Ausschluss der übertrieben niedrigen Angebote. Durch die Anwendung der staatlichen Gesetzgebung, werden bei jedem Ausschreibungsverfahren, wo fünf oder mehr Angebote eingereicht werden, die billigsten Angebote vom Verfahren ausgeschlossen. Dies führt schlussendlich zu einem Lotteriespiel für öffentliche Aufträge und ermöglicht keinen fairen Wettbewerb. So können z.B. lokale Unternehmen, die einen Standortvorteil haben, oder die Arbeit dringend benötigen, ihre Vorteile nicht ausnützen und ein günstigeres Angebot unterbreiten, sonst werden sie ausgeschlossen. Die Folge ist, dass die Vergabestellen die Arbeiten teurer vergeben und die Unternehmen ihr Arbeitsfeld erweitern müssen, um genügend Auslastung zu haben. Wünschenswert sei eine lokale Lösung nach dem Modell in Trient zu finden, wo auf Landesebene Bestimmungen im Sinne der Unternehmen erlassen wurden.
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